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Die Räuberbraut

Die Räuberbraut

Titel: Die Räuberbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Kids«, sagt Roz. »Ihr müßtet längst im Bett sein. Wo ist Larry?«
    »Erla hat unsere Hausaufgaben gemacht«, sagt Erin. »Das hier ist unsere Belohnung.«
    »Mom, was ist los?« sagt Paula. »Du siehst beschissen aus.«
    »Das ist das Alter«, sagt Roz. »Ist er zu Hause?«
    »Er ist in der Küche«, sagt Erin. »Glauben wir.«
    »Und ißt Brot und Honig«, sagt Paula.
    »Das ist die Queen, Dummkopf«, sagt Erin. Sie kichern.
    Larry sitzt auf einem der hohen Hocker der Frühstücksbar, in Jeans und schwarzem T-Shirt, barfuß, und trinkt eine Flasche Bier. Ihm gegenüber, auf einem zweiten Hocker, sitzt Boyce, im Anzug, wie aus dem Ei gepellt; auch er hat ein Bier vor sich. Als Roz hereinkommt, heben beide den Kopf. Beide scheinen gleichermaßen nervös zu sein.
    »Hi, Boyce«, sagt Roz. »Was für eine Überraschung! Ist im Büro was schiefgelaufen?«
    »Guten Abend, Mrs. Andrews«, sagt Boyce. »Nicht im Büro, nein.«
    »Ich muß mit Larry reden«, sagt Roz. »Wenn es Ihnen nichts ausmachen würde, Boyce.«
    »Ich find, Boyce sollte bleiben«, sagt Larry. Er sieht niedergeschlagen aus, als wäre er durch eine Prüfung gefallen: es muß also etwas an Zenias Geschichte dran sein. Aber was hat Boyce damit zu tun?
    »Larry, im Ernst«, sagt Roz. »Was hast du mit Zenia?«
    »Wer?« sagt Larry zu unschuldig.
    »Ich muß es wissen«, sagt Roz.
    »Ich träum von Zenia in dunkler Nacht...«, murmelt Boyce halblaut vor sich hin.
    »Sie hat’s dir gesagt?« sagt Larry.
    »Das mit den Drogen?« sagt Roz. »O Gott, es stimmt also! Falls in diesem Haus irgendwelche Drogen sind, will ich, daß sie verschwinden, auf der Stelle! Du hattest also ein Ding mit ihr laufen?«
    »Ding?« sagt Larry.
    »Ding, Affäre, was immer«, sagt Roz. »Heilige Minna, weißt du denn nicht, wie alt sie ist? Weißt du nicht, wie mies sie war? Weißt du nicht, was sie deinem Vater angetan hat?«
    »Ding?« sagt Boyce. »Ich denke nicht.«
    »Was für Drogen?« sagt Larry.
    »Es waren nur ein paar Male«, sagt Boyce. »Er experimentierte. Meine Nase tut weh, und dumpfe Starrheit preßt den Sinn. Keats. Er hat es aufgegeben, im Augenblick – richtig, Larry?«
    »Dann warst du also nicht ihr Dealer?« sagt Roz.
    »Mom, es war genau umgekehrt«, sagt Larry.
    »Aber Charis hat gesehen, daß du sie geküßt hast, mitten auf der Straße!« sagt Roz. Sie kommt sich merkwürdig vor, so mit ihren Sohn zu sprechen. Wie eine neugierige alte Schachtel.
    »Geküßt?« sagt Larry. »Ich hab sie nie geküßt. Sie hat mir was ins Ohr geflüstert. Sie hat gesagt, wir würden von einer verrückten Alten verfolgt. Vielleicht sah es so aus, als würden wir uns küssen, für Tante Charis, sie war das nämlich.«
    »Nicht geküßt, sondern geflüstert«, sagt Boyce. »Wie in ›nicht gewunken, sondern ertrunkene Stevie Smith.«
    »Boyce, kannst du nicht mal einen Moment die Klappe halten«, sagt Larry gereizt. Die beiden scheinen sich bedeutend besser zu kennen, als Roz angenommen hat. Sie hat gedacht, sie hätten sich nur das eine Mal getroffen, beim Vater-Tochter-Ball, und sich dann im Büro ein paarmal kurz zugenickt, wenn Larry kam oder ging. Anscheinend nicht.
    »Aber du warst oft bei ihr im Hotel«, sagt Roz. »Das weiß ich ganz sicher!«
    »Es ist nicht, was du denkst«, sagt Larry.
    »Ist dir eigentlich klar, daß sie tot ist?« sagt Roz, ihr As ausspielend. »Ich komm gerade von dort, sie haben sie aus dem Springbrunnen gefischt!»
    »Tot?« sagt Boyce. »Woran denn? An einem selbst zugefügten Schlangenbiß?«
    »Wer weiß«, sagt Roz. »Vielleicht hat jemand sie vom Balkon geworfen.«
    »Vielleicht ist sie gesprungen«, sagt Boyce. »Wenn schöne Frauen sich dem Wahn ergeben... springen sie vom Balkon.«
    »Ich bete nur zu Gott, daß du nichts damit zu tun hast«, sagt Roz zu Larry.
    Boyce sagt schnell: »Das kann er nicht. Er war heute abend nicht einmal in ihrer Nähe. Er war bei mir.«
    »Ich hab versucht, es ihr auszureden«, sagt Larry. »Sie wollte Geld. Ich hatte nicht genug, und dich konnte ich schließlich nicht gut darum bitten.«
    »Ihr was auszureden? Geld wofür?« sagt Roz. Sie schreit fast.
    »Damit sie es dir nicht sagt«, sagt Larry kläglich. »Ich dachte, ich könnte es geheimhalten. Ich wollte alles nicht noch schlimmer machen – ich dachte, du hättest wegen Dad und allem schon genug mitgemacht.«
    »Verdammt noch mal, damit sie mir was nicht sagt?« schreit Roz. »Du bringst mich noch ins Grab!« Sie klingt genau wie ihre eigene

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