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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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Mann.
»Nun hätte ich gern einen Tee und anschließend würde ich gern etwas schlafen.«
»Wie geht es Dreher?«, fragte Marion.
»Na ja, ich vermute, er hat wohl einen Schock erlitten. Sie haben ihn zusammengefaltet, mit Isolierband gefesselt und in einer Kiste gehalten wie einen Hamster.«
»Na schön«, nickte Tante Ichen.
»Ich mache dir deinen Tee. Aber irgendwann musst du ausführlich erzählen.« Sie verschwand und John folgte.
»Ist das Wasser eigentlich warm?«, fragte Marion.
»Ja, angenehm. Achtundzwanzig Grad etwa. Wie es reiche, verfressene, Luxus gewöhnte Menschen lieben.« Da sprang sie hinein. Weil sie ein leichtes bunt geblümtes Sommerkleid trug, ergab sich für Sekunden ein hübsches Bild.
»Ich bin so froh, dass du wieder hier bist. Ich habe keine Minute geschlafen.«
»Willst du das Kleid nicht ausziehen? Ich meine, was hast du drunter an?«
»Wenig.«
»Geht das eigentlich, Beischlaf im Wasser?«
»Weiß ich nicht. Aber das wird sowieso nichts, weil dieses Kleid …«
»Wir laufen rauf, da ist ein Bett.«
»Du denkst sehr praktisch.« Triefend nass schlichen sie durch die Halle und die Treppe hoch, in der Hoffnung, niemand bekäme etwas mit.
»Das ist aber ein hübsches Zimmer«, sagte Marion bewundernd.
»Und das Bett ist so breit.«
»Und es quietscht nicht und bricht nicht zusammen.« Sie tobten herum und alberten, sie ertranken in dem anderen, sie schrien und sie starben immer wieder ein wenig. Endlich lagen sie nebeneinander und kamen zur Ruhe, träumten in die Stille.
»War es sehr schlimm?«
»Ja, das war schlimm.«
»Willst du es jetzt erzählen?«
»Ich glaube, ich muss sogar. Meine Seele hat sich verschluckt.«
»Vorhin, in dem Wasserbecken, hattest du ganz große Augen. Wie ein Kind, das Furchtbares erlebt hat.« Mann begann zu reden, mied Sachliches und bemühte sich trotzdem, ein fertiges Bild zu liefern. Er gab zu, dass die Angst ihn beinahe zur Bewegungslosigkeit verdammt hatte. Er berichtete auch von dem alten Marko, der mit seinen knapp hundert Lebensjahren immer noch einen funkelnden Geist hatte. Mann ließ nichts aus, erzählte mit hohler Stimme, dass er für Sekunden eine solch wilde Wut gespürt hatte, dass er glaubte, töten zu müssen, und wie sehr ihn das erschreckt hatte. Langsam fühlte er Ruhe in sich einkehren. Als er einschlief, war es zwölf Uhr mittags und Marions Blumenkleid längst wieder trocken. Er wachte auf, weil er Sven, den Holländer, durch den dunklen Flur des Gehöftes verfolgt hatte und dessen blanker Schädel, als Mann ihn erreichte, sich mit einem hässlichen Laut nach oben öffnete und einen Schwall von Blut und Hirnmasse über ihn ergoss. Inzwischen war es acht Uhr abends und in den Bäumen draußen tanzte eine freundliche Abendsonne. Mit einem Knall ging die Tür auf, Marion kam herein und sagte angstvoll:
»Du hast geschrien.« Er nickte nur, erklärte nichts.
»Maria fragt, ob du mit uns essen magst.«
»Das wäre gut«, nickte er.
»Ich komme gleich.« Sie musterte ihn prüfend und verschwand wieder. Er rief Blum an und fragte ihn nach Neuigkeiten.
»Ja, es gibt welche. Der Oberstaatsanwalt, der Ziemann zuletzt besucht hat, hegt auf der Intensivstation. Herzinfarkt. Wenn er stirbt, wird es beim Selbstmord bleiben.« Blum stockte, sprach mit jemandem im Hintergrund und sagte dann zu Mann:
»Übrigens haben wir in dem Gehöft Rauschgift und Waffen gefunden. Viel interessanter ist aber, dass wir auch einen Blechbehälter entdeckt haben, in dem C4 war. Die Reste sind einwandfrei identifiziert und stimmen überein mit dem Stoff, der im Francucci’s nachgewiesen wurde. Der Holländer Sven verfügt darüber hinaus über ein bemerkenswertes Telefonbuch, in dem auch die Nummer des Vietnamesen in Frankfurt notiert ist. Wir konnten die drei noch nicht verhören, aber das wird ein schöner Eiertanz.«
»Wann könnt ihr denn mit den Vernehmungen beginnen?«
»Na ja, wir haben sicherheitshalber Polizisten vor den Krankenzimmern postiert. Aber die Ärzte sagen, nicht in den nächsten drei Tagen.«
»Wie heißt dieser Oberstaatsanwalt denn nun, der bei Erich war?«
»Dr. Rolf Bakunin, wie der Schriftsteller. Er ist seit vielen Jahren bekannt dafür, dass er staatsanwaltliche Untersuchungen zum Wohle der jeweils ehrenwerten Verdächtigen im Sande verlaufen lässt. So hat er unter anderem das Ermittlungsverfahren gegen den hoch angesehenen Professor der Wirtschaftswissenschaften, Dr. Werinher Blankenburg, geleitet, dem nachgewiesen werden konnte, dass er von

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