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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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Dreher hinab. Sie hatten ihn zusammengefaltet und ebenfalls mit Isolierband gefesselt, allerdings mit schwarzem. Auch über seinem Mund klebte wie eine giftige Schlange ein Stück schwarzes Isolierband. Mann bückte sich und murmelte:
»Immer mit der Ruhe, Herr Dr. Dreher.« Die Augen des Mannes verrieten tödliche Erschöpfung und rollten für Augenblicke unkontrolliert hin und her. Mann fasste das Isolierband an einer Ecke und riss es mit einem Ruck von Drehers Mund. Dreher schrie, dann sackte sein Kopf zur Seite, er war ohnmächtig. Mann versuchte ihn zu greifen, ihn aus der Truhe zu zerren, aber er war zu zittrig. Er ging wieder ins Freie, stapfte vor sich hin wie eine Maschine und hörte erst auf zu stapfen, als er vor Peter stand.
»Wir haben Dreher«, sagte er. Aber Peter antwortete nicht, auch er hatte inzwischen das Bewusstsein verloren. Mann erinnerte sich an Blum und wählte seine Handynummer.
»Ihr müsstet jetzt in den Häusern sein. Richtig?«
»Richtig.« 
    »Gut. Ich habe Dreher. Und ich brauche einen Krankenwagen. Nein, halt, ich brauche fünf. Ich bin der Einzige, der noch stehen kann.«
»Das ist nicht dein Ernst!«
»Doch. Kommt her, mit allem, was ihr habt!« Mann beobachtete lange, wie Peter ganz flach atmete. Endlich kniete er sich hin und löste Peters Gürtel. Die Kleidung an der linken Hüfte war voller Blut und Mann versuchte Peters Hose nach unten zu ziehen. Es gelang nur langsam, Zentimeter um Zentimeter. Dann fragte er sich, wie er die Blutung stillen sollte. Schließlich zog er sein Hemd aus und presste es auf die tiefe Rinne, die die Kugel gerissen hatte. Weil es ihm merkwürdig vorkam, dass Peter bewusstlos war, suchte er nach weiteren Wunden und entdeckte einen Einschuss im rechten Oberschenkel.
»Dreher!«, fiel Mann wieder ein und fluchte:
»Ich komme ja schon.« Dreher hatte das Bewusstsein wiedererlangt und in seinen Augen war panische Angst zu erkennen.
»Gut jetzt. Es ist alles gut«, sagte Mann beruhigend.
»Es geht nicht anders, ich muss die Kiste umschmeißen. Ich kann dich nicht heben.« Mann bückte sich, fasste unter die Kiste und hob sie an. Die Kiste stürzte nach vorn, es knallte laut. Mit aller Kraft zog er an Dreher, bis er auf den gelben Fliesen lag.
»Okay, okay. Langsam. Glaubst du, du kannst stehen?« Dreher sagte keinen Ton, schüttelte aber den Kopf. Seine grellrote Krawatte, die er immer noch ordentlich gebunden trug, reizte Mann zum Lachen. Er versuchte das Isolierband an den Händen zu lösen, aber es war zu fest gespannt. In einem Schrank in der Küche fand er ein kleines scharfes Küchenmesser. Mann schnitt erst die Fessel an den Händen, dann die an den Füßen durch.
»Bleib liegen. Noch nicht aufstehen. Glaub mir, es ist vorbei. Ich hol was, damit du bequemer liegst.« Mann durchquerte die Küche und öffnete eine Tür gegenüber. Ein großes Wohnzimmer. Kissen lagen auf einem alten Sofa und auf einem Stuhl entdeckte Mann eine braune Wolldecke. Er nahm die Kissen und die Decke und ging zurück in die Melkkammer. Dreher hatte sich halb aufgerichtet.
»Du darfst nicht aufstehen, hörst du? Dein Kreislauf wird das nicht mitmachen.«
»Wasser«, nuschelte Dreher.
»Ja, klar. Du kriegst Wasser.« Mann fand ein Glas und füllte es mit Wasser, trug es zu Dreher hinüber. Er kniete sich neben ihn und hielt das Glas an seinen Mund. 
    »So ist es richtig. Aber nicht so hastig, sonst musst du kotzen.« Drehers Kopf klappte nach hinten, Mann ließ ihn vor Schreck los.
»He, mach keinen Scheiß«, sagte er.
»Schon gut«, flüsterte Dreher.
»Geht schon wieder. Wie habt ihr mich gefunden?«
»Na ja«, murmelte Mann.
»Mit ein wenig Glück. Ich muss wieder raus. Es gibt noch mehr Verletzte.« Er wollte sich aufrichten, hielt jäh inne und blaffte:
»Wie bist du nur auf die Idee gekommen, derartige Figuren damit zu beauftragen, dich aus der Scheiße zu holen?« Dreher schloss unendlich langsam die Augen. Dann versuchte er sich die Kehle frei zu husten. Es gab ein widerliches Geräusch.
»Seit Benny …«, hauchte er krächzend.
»Seit Benny lief alles schief, nicht wahr?«, fragte Mann leise. Dreher nickte. Er sagte mit plötzlich fester Stimme:
»Ich hätte nie nach Berlin kommen dürfen.«
»Das werd ich den Berlinern erzählen, das ist ein Trost. Aber wieso ausgerechnet Hirtenmaier und seine Truppe? Das sind doch Analphabeten, Strauchdiebe!« Drehers Mund war ein einziger Strich.
»Ihr seid doch alle vollkommen verrückt!«, schrie Mann wütend. Dann machte er

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