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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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Apfelmus? Ich liebe John.« Tante Ichen kicherte wie ein junges Mädchen.
»Stell dir vor, wir haben über deine Karriere fantasiert. Also ich behaupte, du bist in der Leitungsebene, noch ehe du fünfzig wirst. Und wenn du energisch genug bist, dann kannst du …«
»Ich kann gar nichts, Tante Ichen«, unterbrach Mann verärgert.
»Der Generalstaatsanwalt hat mich zu sich zitiert. Morgen früh um acht. Und das wird ungefähr die Uhrzeit sein, zu der ich zum letzten Mal in meinem Leben als Staatsanwalt agiere.«
»Dann sind wir schon zwei Arbeitslose«, stellte Marion lapidar fest.
»Wieso denn das?«, fragte Tante Ichen aufgebracht.
»Du hast denen doch die Kohlen aus dem Feuer geholt, du hast Dreher freibekommen. Die müssen dir doch die Füße küssen, Junge.«
»Nein! Ich habe in einem Nebelland agiert. Ich habe zusammen mit einem Leibwächter von Koniew drei Gangster krankenhausreif geschossen. Von der Aktion im Spreewald einmal ganz zu schweigen. Ich hatte keinen offiziellen Auftrag, Bennys Freundin zu finden. Erst recht nicht ihren Zuhälter. Aber nachdem ich sie gefunden hatte, waren beide plötzlich tot. Können wir jetzt zu einem erfreulicheren Thema übergehen?« Tante Ichen schwieg betroffen, bis John mit einem neuen Teller heißer Reibekuchen kam und ihn vor Mann hinstellte.
»Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen«, sagte er trocken.
»Was willst du tun?«, fragte Marion.
»Ich weiß noch nicht«, murmelte Mann.
»Na, dann macht doch erst mal Ferien«, trompetete Tante Ichen.
»Und vielleicht wird dieser Generalstaatsanwalt ja auch demnächst wieder rausgeworfen. Kann man ja nie wissen, oder?«
»Nein, aber ich glaube nicht, dass sich in Berlin zurzeit ein Politiker findet, der sich traut, den Mann ein zweites Mal zu entlassen. Und jetzt erzähl du doch mal: Der nette Rudi hat also auch deinen Garten sauber gemacht?«, wechselte Mann das Thema.
»Ja, und er war gut und preiswert. Das ist ja wirklich komisch mit diesen Gangstern, dass die so nett sein können.« Tante Ichen wedelte vornehm mit den Händen, wie um die Merkwürdigkeiten des Lebens zu verscheuchen. John kam erneut aus der Küche, doch nun trug er ein Telefon und reichte es Mann.
»Junger Staatsanwalt«, schnaufte Koniew vertraulich.
»Sie sollten vorbeikommen. Ich habe einen interessanten Gast hier.«
»Sofort?«
»Sofort«, bestätigte Koniew fröhlich.
»Es ist, wie Väterchen Gorbatschow immer sagte: Wer seine Chance nicht ergreift, den bestraft das Leben.«
»Ich komme«, sagte Mann. Er erinnerte sich, dass sein Auto sowieso noch vor dem Smirnow stand, und bat John, ihn zu fahren. John setzte Mann ab und verschwand wieder. Der kleine Dicke mit dem Watschelgang war auch dieses Mal der Empfangschef. Herzlich sagte er:
»Heute haben wir viel Zeit für Sie!«, und lief vor Mann her. Es ging durch das Lokal und den anschließenden zweiten Raum. Nirgendwo Menschen. Sie durchquerten eine gewaltige Restaurantküche, in der sich ebenfalls niemand aufhielt. Sie gelangten an eine Stahltür, an die der Dicke klopfte. Die Tür ging auf, jemand sagte blechern, Mann möge die Treppe hinuntergehen und dann geradeaus. Es roch nach feuchtem Beton, die Beleuchtung bestand aus ein paar Glühbirnen, die nackt an Drähten an der Decke baumelten. Mann erreichte eine zweite grau lackierte Stahltür und klopfte, die Tür wurde augenblicklich geöffnet. Der Raum dahinter war grell ausgeleuchtet, Mann musste blinzeln.
»Willkommen, junger Staatsanwalt«, sagte Koniew.
»Ich wollte Ihnen diesen Mann hier vorstellen. Er ist ein sehr bemerkenswertes Exemplar einer Gattung, die die Gesellschaft unserer Zivilisation sucht, um an unserem bescheidenen Reichtum teilzuhaben. Nehmen Sie Platz, bitte.« Der Raum war sehr sauber und kahl, die Wände weiß getüncht. Das Licht stammte von Neonröhren, die ein Geviert an der Decke bildeten. In der Mitte des Raumes saß auf einem Stuhl ein dürrer Mann, dessen Kopf nach vorne baumelte. Er trug einen billigen blauen Anzug, ein weißes Hemd und wirkte vollkommen erschöpft. Sein Kopf war voller Blut. Ihm gegenüber saß Koniew, hinter ihm, mit dem Rücken zur Wand, hockten zwei Männer, die brav die Hände im Schoß verschränkt hielten.
»Das ist Boris Vinokourov«, stellte Koniew beinahe zärtlich vor.
»Und er kann eine wunderbare Geschichte erzählen. Nicht wahr, Boris?«
»Ja«, nuschelte Vinokourov. Er versuchte den Kopf zu heben, was ihm nicht ganz gelang. Mann registrierte, dass er aus dem rechten Ohr blutete und

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