Die Rebellen von Irland
der protestantischen Staatskirche bleiben.
Cromwells Siedler hatten schon antikatholische Gesetze eingeführt. Unter Wilhelm und Maria, dann unter deren Schwester Anna und nun unter ihrem deutschen Cousin Georg L, dem ersten König aus dem Haus Hannover, wurde die Liste dieser Gesetze immer länger.
Ein Katholik durfte weder ein öffentliches Amt bekleiden noch einen Sitz im Dubliner Parlament innehaben. Die Vollmitgliedschaft in einer Stadtgilde blieb ihm versagt. Von den meisten Berufen war er ausgeschlossen. Weder durfte er selbst eine Universität besuchen, noch konnte er – jedenfalls nicht legal – seine Kinder zur Ausbildung ins Ausland schicken. Grund und Boden durfte er nicht kaufen oder länger als vierunddreißig Jahre pachten. Land, das er bereits besaß, fiel nach seinem Tod in gleichen Teilen an seine Söhne, es sei denn, der älteste Sohn trat zum protestantischen Glauben über. In diesem Fall erbte der protestantische Sohn alles, und seine Brüder gingen leer aus. Die Liste ließ sich beliebig fortsetzen.
Es war eine schreiende Ungerechtigkeit. Es war eine Beleidigung. Und vor allem zielte es darauf ab, den Katholizismus in Irland zu vernichten.
Donatus Walsh war am Ende von Königin Annas Regierungszeit gestorben, aber er hatte genug gesehen, um zu wissen, wie klug seine Entscheidung war, dass der Protestant Fortunatus seinen katholischen Bruder schützen sollte. Andere Familien hatten seitdem ähnliche Arrangements getroffen, aber die frühe Konversion war Fortunatus Walsh zustatten gekommen. Er war gut verheiratet. Freunde in hoher Stellung hatten ihm, angetan von seiner Loyalität, angenehme Regierungsposten als Inspektor für dies oder jenes oder ein anderes begehrtes Amt in der Finanzverwaltung verschafft, die es einem Gentleman ermöglichten, mit sehr wenig Arbeit sein Einkommen erheblich aufzubessern. Dies alles hatte Fortunatus in die Lage versetzt, den Familienbesitz um mehrere hundert Morgen zu mehren. Und als unlängst ein Mitglied des Dubliner Parlaments verstorben war, hatte er sogar einen Sitz im irischen Unterhaus erhalten. Daher fiel es ihm nicht schwer, seinem Bruder Terence zu helfen.
Und Terence hatte Hilfe gebraucht.
»Ich wäre gerne Anwalt geworden«, hatte Terence immer wieder gesagt. Doch als Katholik hätte er nur ein bescheidener Advokat werden können, denn der Beruf des Barristers, des Gentleman-Anwalts, der vor höheren Gerichten plädierte und gutes Geld verdiente, blieb Protestanten vorbehalten. Eine Zeit lang hatte er sich als Kaufmann in der Stadt versucht und war der Gilde beigetreten. Als Katholik musste Terence jedes Vierteljahr Mitgliedsgebühren bezahlen, die höher waren als die eines Protestanten, und bei den Gildewahlen hatte er kein Stimmrecht. Und er konnte kein Ehrenbürger der Stadt werden. Aber Handel konnte er treiben.
»Schlucke deinen Stolz hinunter und verdiene Geld«, hatte Fortunatus ihm geraten. »Selbst ein Katholik kann reich werden.« Und er hatte Terence etwas Startkapital vorgeschossen. Terence verdiente auch genug zum Leben, doch nach fünf Jahren zahlte er ihm das Geld zurück und sagte: »Ich bin dafür nicht geschaffen.«
»Was willst du dann tun?«
»Ich habe mir überlegt«, antwortete Terence, »dass ich als Wundarzt praktizieren könnte.«
Fortunatus war davon wenig erbaut. Gewiss, Anatomie und Medizin wurden an den großen Universitäten gelehrt. Aber Wundärzte, die Zähne zogen oder Beine amputierten, teilten sich eine Gilde mit den Barbieren, und in der Tat schnitt einem der Wundarzt nicht selten auch die Haare. Außerdem gab es nichts, was einen Mann daran hinderte, sich in Dublin als Vertreter dieses Berufsstandes niederzulassen, dessen Heilkünste sich in der Regel darauf beschränkten, Patienten zur Ader zu lassen, zu schröpfen oder selbst gebraute Kräutermedizin zu verabreichen. Die meisten Wundärzte waren, so schien es Fortunatus, Quacksalber.
Aber ein Katholik konnte Wundarzt werden. Hier gab es keinerlei Beschränkungen.
So eröffnete Terence nach einer intensiven Lehrzeit bei einem der besseren Mediziner eine Praxis in der Nähe des Trinity Colleges, und Fortunatus empfahl ihn in seinem Bekanntenkreis, nicht ohne seinen Bruder scherzhaft zu ermahnen: »Sieh zu, dass du nicht alle meine Freunde umbringst.«
Aber Terence arbeitete außerordentlich erfolgreich. Er hatte angenehme Umgangsformen, und der Umstand, dass er frühzeitig ergraut war und einen kleinen Spitzbart trug, verlieh seiner Erscheinung eine
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