Die Rebellen von Irland
wollte er wahrscheinlich durch sie hindurchbrechen.
William eilte ihm hinterher. MacGowan musste rasch handeln.
»Emmet«, rief er. »Soll ich die Männer aus Wexford holen?«
»Ja bitte«, rief Emmet über die Schulter.
»Kann ich William mitnehmen?«
»Ja. William, geh mit ihm.«
Schon stand MacGowan neben William. »Los, William, schnell«, rief er. Sie begannen die Marshalsea Lane in Richtung der Quais hinunterzulaufen.
Finn O’Byrne ließ sich Zeit. Er hatte beschlossen, bis zu seinem Treffen mit Lord Mountwalsh nicht mehr in das Lagerhaus zurückzukehren. Wenn er dort unmittelbar vor der verabredeten Zeit verschwand, erregte er womöglich Verdacht.
Dass viele Männer aus Kildare und Dublin vorzeitig abgesprungen waren, bekümmerte ihn nicht. Umso leichter waren Emmet und William beim Herauskommen zu erkennen. Natürlich konnte Emmet auch den ganzen Aufstand abblasen, dachte Finn, doch passte das eigentlich nicht zu seinem Charakter.
Er war bis zur Christ-Church-Kathedrale gegangen und dann in die Winetavern Street eingebogen. Dort begab er sich zu einem Wirtshaus. Um sich die Wartezeit zu vertreiben, konnte er genauso gut ein Guinness trinken. Die zusammenklappbare Pike, die William ihm gegeben hatte, war sehr schwer, aber er konnte sie schlecht in aller Öffentlichkeit herausziehen, also hielt er sie weiter unter seinem Mantel versteckt. Der Klappmechanismus war zugegeben eine geniale Erfindung. Und wer weiß, vielleicht konnte er sie an diesem Abend ja noch gebrauchen. Um keine Aufmerksamkeit zu erregen, setzte er sich draußen vor der Tür auf eine Bank an der Straße.
Die Kirchenglocke hatte soeben neun geschlagen, da sah er den grellen Lichtblitz über der Thomas Street. Ein Feuerwerkskörper explodierte und sprühte Sterne über den Himmel.
Erschrocken riss er die Augen auf. Hatte er sich in der Zeit geirrt? Nein, es war neun. Die Rebellen hatten das Signal eindeutig eine Stunde zu früh gegeben. Der Aufstand ging schon jetzt los. Und Lord Mountwalsh wollte erst in einer halben Stunde von zu Hause aufbrechen.
Finn O’Byrne rannte die Straße entlang. Was sollte er tun? Auf Mountwalsh warten? Oder hatte der Earl die Rakete auch gesehen? Wenn er sich im Haus aufhielt, wahrscheinlich nicht. Was sollte er also tun?
Vor der Kathedrale sah er eine Droschke. Er hielt sie an.
»Bringen Sie mich zum St. Stephen’s Green«, rief er. »So schnell wie möglich.«
***
In der Mitte des Merrion Square lag ein von einem eisernen Geländer umgebener großer, rechteckiger Park. Georgiana ging dort bereits seit über einer Stunde unruhig auf und ab. Dann sah sie im Westen hinter der Burg die Rakete aufsteigen und in einem Sternenregen verglühen.
Was hatte das zu bedeuten? Sie verließ den Park. Von den Passanten auf der Straße schien kaum jemand die Rakete bemerkt zu haben. Georgiana ging zum Zaun des Herzogspalasts, bog um die Ecke und eilte weiter zum St. Stephen’s Green. Dort hatten einige Leute die Köpfe gehoben, doch niemand schien beunruhigt. Georgiana überlegte, ob sie zur Burg weiterlaufen sollte, ein Fußmarsch von nur zehn Minuten. Oder sollte sie zurückkehren und wieder anspannen lassen? Sie zögerte. Das Gefühl, das sie schon den ganzen Tag begleitete, war noch stärker geworden. Die Rakete war ein böses Omen, davon war sie überzeugt.
Sie hatte noch keine fünf Minuten dagestanden, da rollte von Osten eine Droschke auf den Platz und fuhr um ihn herum bis vor Hercules’ Haus. Eine Gestalt eilte die Treppe hinauf und riss an der Glocke. Die Haustür wurde geöffnet, und die Gestalt sagte etwas und kehrte zu der wartenden Droschke zurück. Kurz darauf eilte eine Gestalt in einem langen, schon etwas verschlissenen Übermantel und einem tief ins Gesicht gezogenen Hut die Treppe hinunter und sprang in die Droschke, die sich rasselnd entfernte.
Georgiana erkannte ihren Sohn trotz der seltsamen Verkleidung sofort. Sie eilte zum Merrion Square zurück und ließ ihre Kutsche vorfahren. In ihrer Ungeduld wartete sie gleich draußen. Während sie dort stand, meinte sie in der Ferne einen Pistolenschuss zu hören.
* **
Lord Mountwalsh starrte Finn O’Byrne grimmig an.
»Was ist passiert?«
»Ich weiß es nicht, Mylord.«
»Wir fahren zur Burg. Ich habe denen zehn Uhr gesagt. Ich muss sicher sein, dass sie wissen, es geht los.«
Wenige Minuten später trafen sie vor dem Burgtor ein. Die Garnison war ganz offensichtlich durch die Rakete bereits alarmiert worden. Das Haupttor war
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