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Die Rebellen von Irland

Die Rebellen von Irland

Titel: Die Rebellen von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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leben lang. Vielleicht hilft uns auch die Verwurzelung an einem bestimmten Ort. Wenigstens glaube ich das.«
    »Mein Vater findet, Rathconan gehöre von Rechts wegen ihm«, sagte Willy ebenfalls lächelnd. »Er wird in seinem Grab keine Ruhe geben, bis die verrückte Alte ihm zumindest sein Land übereignet hat. Aber du musst wissen, dass Rathconan nie uns gehört hat, Vater.« Er klang geradezu schadenfroh. »Die rechtmäßige Erbin ist die junge Dame, die vor dir sitzt.« Er wandte sich mit einem Grinsen an Caitlin. »Ich habe wirklich den Tag herbeigesehnt, an dem die beiden Anwärter einander gegenübersitzen, Caitlin. Jetzt müsst ihr zwei den Streit austragen.«
    Doch sein Vater lächelte Caitlin nur liebevoll an.
    »Ich sehe schon, dass Sie eine O’Byrne sind«, sagte er. »Daran kann kein Zweifel bestehen. Die Frage, ob dieses Land nun Ihrem Zweig oder meinem gehört, ist so alt, dass sie nicht mehr entschieden werden kann.« Er wandte sich an Willy. »Aber ich habe auch eine Neuigkeit für dich und diese junge Dame. Es hat sich ein Erbe für Rathconan gefunden, ein Budge.« In seiner Stimme schwang leise Verachtung. »Ein Cousin, den niemand kennt, an den die alte Dame sich aber offenbar erinnert hat. Er soll Rathconan nach ihr bekommen, wenn er will. Und ich wage zu sagen, er will.«
    »Das wusste ich nicht«, sagte Willy. »Wie heißt er?«
    »Victor Budge. Er lebt in England, steht aber seit einiger Zeit mit Mrs Budge in Briefkontakt. Er hat in der Armee gedient und arbeitet meines Wissens jetzt in einer Brauerei. Ich weiß nicht, in welcher Funktion.« Mit leichter Ironie fügte er hinzu: »Ich habe den Eindruck, dass er nicht immer Arbeit hat.«
    Er zeigte ihnen Rathconan und stieg mit ihnen den Hang hinauf zu einer Stelle mit einer herrlichen Aussicht. Von dort zeigte er Caitlin die Stelle, an der man immer noch die Umrisse der Felder erkennen konnte, auf denen man vor der großen Hungersnot Kartoffeln angepflanzt hatte. Je länger Caitlin mit ihm zusammen war, desto mehr mochte sie ihn. Als sie sich schließlich verabschiedeten, tat sie dies mit aufrichtigem Bedauern.
    Sie hätte gern gewusst, ob Willy sie seinem Vater noch aus einem anderen Grund vorgestellt hatte.
    Denn auf der Rückfahrt schien ihm ein ganz anderes Thema am Herzen zu liegen.
    »Du weißt, dass es wieder Kämpfe geben wird«, sagte er. Tatsächlich kam es schon seit einigen Monaten zu kleineren Scharmützeln zwischen den Truppen der britischen Regierung und der Irish Republican Army, wie die Irish Volunteers sich inzwischen nannten. »Solange die Briten und die Protestanten aus Ulster nicht Zugeständnisse machen, die für de Valera und die Abgeordneten der Sinn Fein annehmbar sind, ist das unausweichlich. Und dann …« Er warf ihr einen Blick zu. »Du weißt, dass die Frauen damals beim Aufstand eine wichtige Rolle gespielt haben. Sie werden in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen. Auch du könntest eine wichtige Rolle spielen.«
    »Ich war nur eine Botin.«
    »Aber eine ausgezeichnete. Du hast großes Talent.« Er lächelte. »Dazu kommt natürlich, dass du aus hundert Meter Entfernung jeden Mann umlegen kannst.«
    »Ich weiß nicht, ob ich das will«, sagte Caitlin. »Natürlich stehe ich auf eurer Seite, nur …« Sie wusste selbst nicht genau, warum sie nicht mehr am bewaffneten Kampf teilnehmen wollte – nicht aus Feigheit, dessen war sie sich ziemlich sicher. »Ich werde darüber nachdenken«, versprach sie Willy. »Wenn ich mitmache, gebe ich dir Bescheid.«
    »Wie du willst.« Er nickte ihr zu und schien ihre Entscheidung zu respektieren. »Du weißt jedenfalls genau, was du willst, so viel steht fest.«
    Er brachte sie zum Fitzwilliam Square zurück und ließ sie vor ihrem Haus aussteigen. Sie bedankte sich für den schönen Tag, und er schien sich darüber zu freuen. Sie war fast ein wenig enttäuscht, als sie im Anschluss daran über ein Jahr lang nichts mehr von ihm hörte.
* 1920 *
    Er hatte natürlich Recht. Der Krieg war unvermeidbar, weil keine Seite nachgeben wollte. Er begann mit kleineren Auseinandersetzungen, die meist zwischen den Mitgliedern der IRA und ihren irischen Landsleuten von der Schutzpolizei ausgetragen wurden. Zusätzlich wurde die Atmosphäre durch das junge IRB-Mitglied Michael Collins angeheizt, der mit seinen waghalsigen, blitzschnellen Überfällen einige Berühmtheit erlangte. Doch noch waren das vereinzelte Erscheinungen. Die britische Regierung traf eine Abmachung mit den

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