Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
Prophezeiung. Sie spukte ihm durch den Kopf, lenkte seine Schritte und sein Leben, schmetterte ihn jeden Tag aufs Neue in ihrer ganzen Grausamkeit nieder und erschütterte ihn heute aufs Heftigste. Es lag nicht an Aces oder an dem Elend dort, noch nicht einmal an dem Eindruck, den er gehabt hatte, als er nach Leiland gekommen war– nämlich die Macht des Bösen wahrzunehmen. Vielmehr lag es an dem Traum von einer unmöglichen Liebe, der in ihm schlummerte und seine Seele bis ins Innerste zerstörte.
Abreisen, fliehen, vergessen.
Im Wassergraben bildete sich ein Strudel. Die kleine, weiße Amalyse, die noch immer um Andins Handgelenk lag, glitt in seinen aufgekrempelten Ärmel. Der junge Mann dachte plötzlich, dass der Tod ihm willkommen gewesen wäre. Aber er wünschte ihn sich wohl nicht fest genug, denn er passierte den letzten Brückenkopf und gelangte auf festen Boden, ohne dass etwas geschehen wäre.
Der Stallbursche atmete lächelnd aus und warf eine Kusshand zum Himmel. War seine Theorie über den Ring unzutreffend? Er wandte sich wieder dem Herzog zu. Nein, der Ring war geschlossen geblieben, und Korta entblößte seine schönen weißen Zähne zu einem gehässigen Grinsen.
Der junge Knecht verstand nichts mehr. Er konnte die Gedanken des Herzogs nicht erraten, konnte sich nicht die übermenschliche Anstrengung ausmalen, die es Korta kostete, sich selbst von Andins Ermordung abzuhalten. Ein Plan war im Kopf des Adligen aufgekeimt.
Korta hatte von Mistra erfahren, wer der Graf von Allenberg in Wirklichkeit war. Er hatte schon vermutet, dass eines Tages ein Feenkind versuchen würde, nach Leiland zu gelangen. Was hat es mir genützt, sechs Jahre lang die Landstraßen zu sperren, wenn der erstbeste hergelaufene Prinz einfach so durchkommen kann? Zumindest hatte er den Trost, dass Andin das schwarze Schaf der Königsfamilie war. Sein Leben musste schon ein wahrer Hochgenuss aus Leid und Täuschungen sein. Der junge Prinz würde Korta dazu dienen, seinen Rachedurst zu stillen.
Auf seine plötzliche Handbewegung hin traten zwölf Männer in die Ställe. Sie grölten, prahlten mit ihrer Kraft und stanken nur so vor Selbstzufriedenheit. Der junge Stallbursche wich rasch in seinem Versteck zurück, um wieder hinabzusteigen. Man brüllte schon seinen Vornamen.
In den folgenden Minuten wurde Loic herumgestoßen, verprügelt und von den Grobianen misshandelt. Korta sah ihn an. Sein schwarzer Blick verriet so einiges. Der junge Diener begriff, dass der Herzog sich nicht hatte narren lassen. Er wusste ganz genau, dass er ausspioniert worden war.
» Sattele mein Pferd und zwölf weitere für meine Männer!«
Verängstigt rannte Loic los, um das schwarze Pferd zu holen. Als er auf sein stolzes Reittier stieg, starrte Korta Loic noch einmal an: Sein Leben hing nur noch vom Willen des Adligen ab. Der Knecht verstand die Botschaft und bekräftigte seine Unterwerfung, indem er den Kopf neigte. Der Schnurrbart des Herzogs erzitterte vor Befriedigung.
» Hier, für dein Schweigen!«, spottete er, als er aufbrach, um mit seiner Eskorte Andin nachzureiten.
Vor dem jungen Diener landete ein elendes Stück löchrigen Bleis zwischen den Strohhalmen und lag nach einem letzten Trudeln still. Welch ein Hohn!
Loic sah den Reitern nach und wandte sich dann hasserfüllt ab. Zornig packte er einen Holzmeißel und schleuderte ihn gegen einen Pfeiler der Stallungen. Das Werkzeug blieb in der Rückwand stecken. Loic konnte eben nur mit einer Peitsche umgehen.
» Du bist bloß Loic-der-Erbärmliche«, wiederholte er sich, während er im Stroh auf die Knie sank. » Du kannst noch nicht einmal richtig zielen. Du wirst nie etwas aus deinem Leben machen. Du bist zu feige, um irgendetwas Heldenhaftes zustande zu bringen.«
Er hob den Blick zu den Deckenbalken und schloss dann die Augen.
» Feen des Lebens, Gottheiten des Guten. Ihr habt mich arm und klein gemacht. Lasst mich nicht sterben, bevor ich diesen Hund von einem Herzog habe ins Gras beißen lassen!«
Schweifschlagend passierte Nis die Stadtbefestigung von Etel. Ihr schönes, fuchsrotes Fell hatte unter dem Staub seinen Glanz verloren. Der Schlamm hatte sich in trockene Erde verwandelt, was die Stadt in ihren Augen kein bisschen besser machte.
Andin hielt die Zügel nicht mehr in der Hand, seit sie die Burg verlassen hatten: Er ließ seine Stute selbst einen Weg suchen und nutzte die Zeit zu dem Versuch, die Amalyse von seinem Handgelenk zu lösen.
Die Sturheit, mit der
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