Die Rebellion der Maddie Freeman - Kacvinsky, K: Rebellion der Maddie Freeman - Awaken
ich ohne dich nicht wieder auftauchen will. Deshalb heißt es wohl ›falling in love‹. In meiner Fantasie habe ich oft davon geträumt, mich zu verlieben. Ich habe mir Luftschlösser gebaut. Doch plötzlich ist der siebte Himmel greifbar nah. Du bist mit mir auf Besichtigungstour gegangen und ich will dort für immer wohnen bleiben. Mein Leben ist unsicher geworden, seit ich mich nicht länger in einer digitalen Welt verstecke, wo nur ich selbstbestimme, wie alles ausgeht. Dort habe ich nie Fehler gemacht, aber auch nichts gelernt, was von Wert war. Um mich entwickeln zu können, musste ich diese Sicherheit hinter mir lassen. Was wird mich wohl in Los Angeles erwarten?
Muss man sein altes Leben aufgeben, um ein neues zu beginnen? Werde ich genau wie du feststellen, dass man in die Welt hinausziehen muss, um die verstreuten Stücke seiner Seele hier und dort zu finden? Ist das der Weg, um mich am Ende wieder ganz zu fühlen?
Kapitel 27
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Ich trommelte mit dem Stift auf der Bettdecke herum und schaute auf die Uhr. Schon halb drei und an Schlaf war nicht zu denken. Ich legte das Tagebuch weg und lehnte mich gegen die Wand. Auf der anderen Seite fühlte ich Justins Nähe. Genau dort wollte ich sein. Auf seiner Seite. Stattdessen hockte ich hier herum und verschwendete kostbare Zeit.
Ich schob die Decke fort und huschte auf Zehenspitzen mit meinen nackten Füßen über den kalten Holzfußboden. Als ich Justins Tür öffnete, strich seine Energie wie ein Windstoß über meine Haut.
Ich hörte, wie Justin sich im Bett regte, und kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen und war näher getreten, ergriff schon eine warme Hand meinen Arm. Mit der zweiten zog er mich auf die Matratze herunter. Sein Körper schien mich ganz und gar einzuhüllen. »Du hast mich einfach ignoriert«, flüsterte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte nur, dass du genügend Schlaf bekommst.«
Mit den Fingern rieb ich über die Narben, die sich versteckt unter seinem T-Shirt befanden.
»Bist du sauer auf mich?«, fragte er in der Dunkelheit. Ich konnte seinen Blick spüren.
»Da fallen mir bessere Worte ein, wenn ich meine Gefühle für dich beschreiben soll«, gab ich ehrlich zurück. Seine Handzeichnete die Linien meines Gesichts nach. »Es tut mir leid«, sagte er.
»Was jetzt genau?«, fragte ich. »Dass du dich an unserem letzten gemeinsamen Abend nicht hast blicken lassen, oder dass du in den drei Wochen, als du weg warst, kein einziges Mal angerufen hast?«
Er presste seine Lippen gegen meine Haare und seufzte. »Siehst du, deshalb wollte ich mich nicht in dich verlieben.«
»Dafür ist es jetzt ein bisschen spät.«
Seine schwarzen Augen konnten mich selbst in der Dunkelheit anfunkeln. »Du bedeutest mir mehr, als dir anscheinend klar ist. Seit ich dich kenne, fällt es mir bei jeder Begegnung schwerer, nicht den Kopf zu verlieren. Am liebsten würde ich immer in deiner Nähe bleiben, aber ich habe nun einmal eine Aufgabe, die ich zu Ende bringen muss. Also kann ich nicht für dich da sein, obwohl du es verdient hättest. Du verdienst jemanden, der jeden Tag nur an deiner Seite verbringen will. Doch bei mir wirst du nie an erster Stelle stehen. Und außerdem ist es zu gefährlich, sich mit mir einzulassen. Einen ersten Vorgeschmack hast du ja in Portland bekommen.«
Ich presste störrisch die Lippen zusammen. »Dir ist schon klar, dass man ab und zu auch einmal tun darf, was man selbst möchte?«
Er schüttelte den Kopf. »So denke ich eben nicht«, sagte er. »Sorry, das ist schwer zu erklären, weil die meisten Menschen die Welt anders sehen als ich.«
Ich drehte mich auf die Seite und starrte ihn an. »Versuch es doch mal mit mir.«
Er strich mit seiner Hand langsam meine Seite entlang und brachte meine Haut zum Prickeln.
»Stell dir unsere Körper vor, ein komplexes Gewebe aus Adern und Organen, die miteinander verknüpft sind. Wenn es an einer Stelle Probleme gibt, kann dadurch das ganze System aus demGleichgewicht geraten. So sehe ich unsere Welt. Wir sind alle miteinander verbunden. Ich betrachte mich nicht als einzelnes Individuum, sondern nehme eher die Globalperspektive ein: Was immer ich tue, hat eine Auswirkung auf andere Menschen, die in einer Kettenreaktion wiederum andere beeinflussen. Wer von mir Hilfe bekommt, kann diese Hilfe weitergeben; wir sind alle miteinander verknüpft. Wenn man etwas verändern will, ist deshalb jede einzelne Person von Bedeutung. Und ich habe mir das Ziel
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