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Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman

Titel: Die rebellischen Roboter: Science-fiction-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Wahrheit.« Er ging zu dem Stanton, streckte die Hand aus und fummelte hinter seinem Ohr herum.
    »Glup«, sagte der Stanton und wurde starr, so leblos wie eine Schaufensterpuppe; das Licht in seinen Augen erlosch, die Arme erstarrten und wurden steif. Sogar Chester und meine Mutter schauten kurz vom Fernseher auf. Wir wurden alle sehr ernst. Mein Vater stand sogar auf und ging hin, um sich das Ding aus der Nähe anzusehen.
»O Gott.« Er schüttelte den Kopf.
»Ich könnte es wieder einschalten«, erbot sich Maury.
»Nein, das gefällt mir nicht.« Mein Vater kehrte zu seinem Sessel zurück, machte es sich bequem und fragte dann mit resignierter, nüchterner Stimme: »Also, wie war es mit dem Umsatz in Vallejo, Jungs?« Als wir uns zur Antwort bereitmachten, zog er eine Anthony & Cleopatra-Zigarre heraus, wickelte sie aus und zündete sie an. »Habt ihr viele Orgeln und ›Amadeus Gluck‹-Spinette verkauft?« Er lachte in sich hinein.
»Jerome«, sagte Maury, »die Spinette haben sich verkauft wie Lemminge, aber nicht eine einzige Orgel ging.«
Mein Vater runzelte die Stirn.
»Wir haben eine Besprechung auf hoher Ebene geführt«, sagte Maury. »Dabei hat sich ergeben, daß die RosenElektronikorgel…«
»Augenblick«, unterbrach mein Vater, »nicht so schnell, Maury. Auf dieser Seite des Eisernen Vorhangs gibt es nichts Gleichwertiges zur Rosen-Orgel. Ich…«
»Jerome, ich möchte erst erklären…«
»Gut. Aber wenn Sie glauben, daß wir die Hauptstütze unseres Lebensunterhalts aufgeben, nur weil das Verkaufsgeschick nachgelassen hat und kein Kaufwille besteht…«
»Jerome, hören Sie«, unterbrach ihn Maury. »Ich schlage eine Erweiterung vor.«
    Mein Vater zog eine Braue hoch.
    »Ihr Rosens könnt weiterhin so viele elektronische Orgeln bauen, wie ihr wollt«, sagte Maury, »aber ich weiß, daß der Umsatz ständig zurückgehen wird, so einmalig und großartig sie auch sein mögen. Was wir brauchen, ist etwas, das wirklich neu ist; schließlich stellt Hammerstein diese Stimmungsorgeln her, und er beherrscht damit den Markt, also hat es keinen Sinn, daß wir es hier versuchen. Und deshalb meine Idee.«
Mein Vater hob die Hand und schaltete sein Hörgerät ein.
»Danke, Jerome«, sagte Maury. »Dieses Edwin-M.-StantonElektronik-Simulacrum. Es ist so gut, als wäre Stanton heute abend lebendig und hier bei uns, um sich mit uns zu unterhalten. Was für eine Verkaufsidee das ist, für Lehrzwecke, etwa in den Schulen. Aber das ist gar nichts. Passen Sie auf. Wir schlagen Präsident Mendoza im Kapitol vor, daß wir den Krieg abschaffen und dafür eine auf zehn Jahre verteilte Jahrhundertfeier des amerikanischen Bürgerkriegs machen, und was wir tun, ist folgendes: Die Rosen-Fabrik liefert alle Teilnehmer-Simulacra – das ist der Plural, ein lateinisches Wort – von sämtlichen Leuten. Lincoln, Stanton, Jefferson Davis, Robert E. Lee, Longstreet und um die drei Millionen ganz einfache Soldaten, die wir ständig auf Lager haben. Und wir lassen die Schlachten ablaufen, wobei die Teilnehmer wirklich getötet und die auf Bestellung gebauten Simulacra in die Luft gesprengt werden. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill? Sehen Sie das weite Feld?«
Wir schwiegen alle. Ja, dachte ich, das ist ein weites Feld.
»In fünf Jahren könnten wir so groß sein wie General Dynamics«, fügte Maury hinzu.
Mein Vater rauchte seine Zigarre und sah ihn an.
»Ich weiß nicht, Maury. Ich weiß nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Warum nicht? Sagen Sie mir, was daran nicht stimmt, Jerome.«
»Ihre Begeisterung hat Sie vielleicht mitgerissen«, sagte mein Vater seufzend. »Oder werde ich alt?«
    »Ja, Sie werden alt!« sagte Maury erregt.
    »Vielleicht, Maury.« Mein Vater schwieg einige Zeit, dann richtete er sich auf. »Nein, Ihre Idee ist zu – ehrgeizig, Maury. So bedeutend sind wir nicht. Wir müssen Sorge dafür tragen, daß wir nicht zu hoch greifen, denn sonst stürzen wir vielleicht ab, nicht wahr?«
»Kommen Sie mir nicht damit«, murrte Maury. »Wenn Sie das nicht billigen wollen… ich bin schon zu tief eingestiegen, es tut mir leid, aber ich mache weiter. Ich hatte früher viele gute Ideen, die wir verwendet haben, und das ist bis jetzt die beste. Es liegt an der Zeit, Jerome. Wir müssen in Bewegung sein.« Mein Vater zog traurig an seiner Zigarre.
    III
    Maury, der immer noch hoffte, daß mein Vater sich überreden lassen würde, ließ den Stanton dort – sozusagen zur Ansicht –, und wir fuhren zurück nach Ontario.

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