Die Reise der Jona
Schönheit gegen ein paar helle blaue Augen mit langen geschwungenen Wimpern tauschen.«
Wer an Bord dieses Schiffes hat blaue Augen? dachte Korie. Und dann wurde ihm alles klar. Die neuen Leute kommen an Bord, und ein paar Wochen lang spielen wir alle Reise nach Jerusalem. Wenn alle Tanzkarten ausgefüllt sind, kehrt wieder Ruhe ein. Manchmal auch nicht. Nachdem das Gerede über Armstrong und die Quilla Delta verstummt war und nachdem sich die harmlosen Spekulationen über Brik und Bach in Nichts aufgelöst hatten, war das schlüpfrigste verbliebene Thema die Affäre zwischen Tor und Jonesy geblieben. Tor war eine der besten Freundinnen von Molly Williger geworden – wie konnte Molly da nicht eifersüchtig sein? Tor hatte sich einen kleinen schnuckligen Jungen geschnappt, und was hatte Williger abbekommen? Nichts. Und wie oft war das in der Vergangenheit bereits geschehen? Wie hatte sie es so lange ausgehalten? Manchmal bin ich so blind! Was habe ich sonst noch alles übersehen?
»Ich habe es nicht gewußt«, sagte er. »Es tut mir leid.«
Willigers Augen waren feucht. Achselzuckend erwiderte sie: »Nicht Ihr Fehler.«
Korie nahm gegenüber der Ärztin Platz. »Hören Sie. Vielleicht tröstet es Sie ein wenig, wenn ich Ihnen sage, daß Sie nicht alleine sind in Ihrem Schmerz. Schmerz ist etwas Universelles. Wir alle spüren ihn. Alles, was wir tun können, ist zu versuchen, den Menschen in unserer Umgebung den Schmerz ein wenig erträglicher zu machen.«
Sie antwortete nicht sofort. Korie studierte ihr Gesicht. Es war, als versuchte sie, die Worte zu formulieren, die ihren Schmerz ausdrückten. Schließlich sagte sie heiser: »Sie sind von allen an Bord der Falscheste, um mich zu trösten.«
Korie hielt ihrem Blick stand. »Es ist alles, was ich anderen noch geben kann. Können Sie das verstehen?«
»Ich dachte, der Kapitän hätte Ihnen befohlen damit aufzuhören, ein netter Kerl zu sein.«
Korie zuckte die Schultern. »Nehmen Sie einfach an, ich wäre nicht nett. Nehmen Sie an, ich wäre rücksichtslos. Nehmen Sie an, ich versuchte nur, wertvolle Ausrüstung vernünftig am laufen zu halten…«
»Mir machen Sie nichts vor.« Und dann ließ sie den Kopf sinken und gestand: »Ich bin es leid, Mister Korie. Ich bin mein leeres Bett leid. Ich bin die leeren Versprechungen leid. Ich bin die verdammten Witze leid, ganz besonders die, die hinter meinem Rücken erzählt werden. Ich mache doch nur meine Arbeit. Ich bin eine der besten Ärztinnen in der gesamten Flotte. Ich habe das Recht auf… eine bessere Behandlung. Das ist nicht die Sorte von Händchenhalten, die ich mir wünsche. Und ich will nicht immer nur zweiter Sieger bleiben. Nichts, was irgend jemand sagt oder tut, kann daran etwas ändern.«
»Doktor Williger…«
»Nein. Halten Sie die Klappe. Ich bin noch nicht fertig. Es ist nicht der Druck, unter dem ich stehe. Es ist auch nicht die Angst. Nein, es ist die Einsamkeit. Ich – ich will einfach nicht alleine sterben.«
»Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Wenn es in meiner Macht stünde, etwas an Ihrer Situation zu ändern…«
»Stop!« unterbrach sie ihn und hielt seine Hand. »Sie müssen nicht weitersprechen. Sie haben zugehört. Das war genug. Und ich werde niemandem verraten, daß Sie immer noch ein netter Bursche sind.«
Korie lächelte freundlich. Er hatte verstanden. »Ich sage Ihnen was. Wenn wir zurück sind im Stardock, dann lasse ich Hodel einen Liebeszauber für Sie beschwören.«
Molly Williger blickte ihn entsetzt an. »Wagen Sie es nicht! Ich habe gesehen, was sein Exorzismus bewirkt hat!« Dann fügte sie hinzu: »Machen Sie sich keine Gedanken, ich bin wieder in Ordnung.« Sie lächelte verkniffen. »Wie immer.«
»Sicher?«
»Sicher.«
»Okay.« Korie erhob sich und stapfte aus dem Zimmer.
Zurück im Kiel blieb er stehen und sprach in sein Kopfmikro. »Brik? Statusbericht?«
»Grün… Grün… Gelb… Gelb… Grün.«
»Zeit?«
»Fünfzehn bis dreißig.«
»Machen Sie schneller…«
Harlie schrillte in die Unterhaltung. »Mister Korie! Die Langstreckenabtaster haben eine Hyperraumstörung aufgefangen!«
»Zur Brücke. Sofort!« rief Korie und unterbrach das Gespräch. Er setzte sich in Trab und wußte, daß Brik ebenfalls unterwegs war.
Signale
»Sie hält geradewegs auf uns zu«, sagte Tor. »Geschätzte Ankunftszeit: fünfzehn Minuten. Jesses! Ich habe noch nie etwas Derartiges gesehen!«
Das Hologramm auf dem Tisch in der Zentrale
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