Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Reise Nach Helsinki

Die Reise Nach Helsinki

Titel: Die Reise Nach Helsinki Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Gibiec
Vom Netzwerk:
entdeckte. Es dauerte eine Weile,
bis sie das Schiff verlassen konnten. In einer langen
Menschenschlange schoben sie sich durch eine düstere
Abfertigungshalle, mürrische russische Grenzbeamte kontrollierten
langwierig die Pässe und Visa. Schließlich betraten sie beklommen
finnischen Boden.
    *
    Je näher der Abreisetermin rückte,
desto nervöser wurde Sergeant Blank. Er dachte an Anna, wie es sein
würde, sie wiederzusehen, ihre Augen, ihren Mund, und versuchte
sich auszumalen, wie sie auf seine Ankunft reagieren würde. Er
hatte seinem Vorgesetzten vorsichtig von dem Verhältnis Lina
Pasches zu Pekka Salander berichtet, Hohenstein hatte mit der
erwarteten Entrüstung reagiert und angekündigt, diese Dame werde er
sich persönlich vorknöpfen. Er schien sich inzwischen regelrecht
auf die Reise zu freuen, sein mürrisches Verhalten war heiterer
Aufgeregtheit und wichtigtuerischer Geschäftigkeit
gewichen. 
    »Internationale Ermittlungen«, tönte
er stolzgeschwellt, »das soll uns erst mal jemand nachmachen, eine
solche Aufgabe stellt sich nicht jeden Tag.«
    Hugo korrespondierte lebhaft mit dem
finnischen Kollegen, Kommissar Eino Plosila, dem er bereits ihre
Ankunft telegrafiert hatte, und Plosila hatte in bestem Deutsch
zurückgemeldet, er habe ihnen zwei Zimmer im Hotel »Kämpi« im
Zentrum von Helsinki reserviert. Außerdem hatte er gebeten, das
Tatwerkzeug mitzubringen, damit man die Fingerabdrücke abgleichen
könne.
    »Jetzt fangen die auch schon mit dem
Blödsinn an«, hatte Hohenstein geknurrt, »was soll das ganze
Theater, überflüssiges Zeug.«
    Hugo ging zur Poststelle und gab ein
weiteres Telegramm nach Finnland auf. »Fräulein Anna Salander, bei
Soderberg, Lilla Fiskarviken, Helsinki«, schrieb er auf das
Formular. »Ankommen nächsten Montag mit der ›Primula‹ - stop -
Müssen dringend mit Fräulein Pasche sprechen - stop«. Er zögerte
einen Augenblick, dann setzte er darunter: »Freue mich auf das
Wiedersehen - stop - Herzlich Hugo Blank«.
    Dann machte er sich noch einmal auf
den Weg zu Elias Schlipköter in der Hoffnung, weitere Einzelheiten
über Pekka Salander zu erfahren, die ihnen in Helsinki nützlich
sein könnten.
    Der Kürschnermeister war zu Hause
und empfing den Sergeanten, wenn das überhaupt möglich war, noch
zugeknöpfter als bei seinem ersten Besuch.
    »Ich möchte noch einmal mit Ihnen
über Herrn Salander sprechen«, begann Hugo, nachdem er sich am
Küchentisch niedergelassen und Schlipköter ihm einen fast kalten
Kaffee vorgesetzt hatte. 
    Elias setzte sich schwerfällig und
sah vor sich hin.
    »Mein Kollege und ich fahren
ebenfalls nach Helsinki, um weitere Ermittlungen durchzuführen und
um Fräulein Pasche zu vernehmen. Vielleicht sind Ihnen ja noch ein
paar Einzelheiten eingefallen, die uns nützlich sein
könnten.«
    »Nehmen Sie Lina nicht so hart ran«,
krächzte Schlipköter, »sie ist ein gutes Mädchen.«
    »Das ist doch selbstverständlich«,
erwiderte Hugo, »sie ist ja wirklich in einer sehr unglücklichen
Lage, und jedes moralische Urteil über sie liegt mir fern. Von uns
wird auch niemand von ihrem Verhältnis zu Herrn Salander erfahren.
Ich versuche immer noch, mir ein möglichst genaues Bild von ihm zu
machen, und Sie waren ja sehr eng mit ihm zusammen. Sie sagten mir,
Sie seien gut mit ihm ausgekommen.«   
    Schlipköter nickte und knetete seine
Hände.
    »Ich dachte mir nur, wenn man
zwanzig Jahre zusammenarbeitet, hat man doch vielleicht auch mal
Probleme miteinander, ich meine, abgesehen von dem großen Problem,
das Sie am Schluss mit ihm hatten.«
    Schlipköter blieb stumm.
    »Gab es denn niemals etwas, über das
Sie sich geärgert hätten?«
    Unter Schlipköters dichtem Bart
zuckte es, und er wich Hugos Blick aus, schließlich begann er unter
Mühen zu reden.
    »Wenn Sie Pekka gekannt hätten,
würden Sie eine solche Frage nicht stellen. Natürlich musste man
sich manchmal über ihn ärgern, wenn er in seinen schwierigen Launen
steckte, dann war er unfreundlich und manchmal auch ungerecht. Aber
es gab sich immer wieder, Pekka war ein Mensch, der sich auch
entschuldigen konnte.«
    Schlipköter schwieg wieder, und Hugo
wollte schon aufgeben, als er weitersprach.
    »Aber er war natürlich immer auch
der große, siegreiche Pekka, wo er auftauchte, flog ihm der Erfolg
zu. Ihm fiel alles leicht, er brauchte nur mit dem Finger zu
schnipsen, dann liefen die Dinge so, wie er sie haben wollte. Und
erst seine Wirkung auf Frauen. Die meisten Kundinnen

Weitere Kostenlose Bücher