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Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die Reise nach Orb - ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anton Bärtschi
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rappelte sich hoch und stürzte sich auf die Waffe, doch der Mikromechanische war schneller. Wie eine Maus war er über den Boden gewuselt und stand nun neben der Pistole. Eliane griff nach der Schaufel, die auf dem Boden lag. Sie schlug damit auf den kleinen Roboter, doch verfehlte ihn. Stattdessen traf sie die Ætherpistole. Eine grüne Flüssigkeit tropfte aus dem Lauf. Der Kleine hatte sich in die Armaturen gerettet und kletterte zwischen den Rädern und Hebeln in die Höhe. Eliane schlug wieder zu. Doch der Roboter wich geschickt aus und der Schlag ging daneben. Die Schaufel zertrümmerte dabei das Manometer und verhakte sich zwischen zwei Handrädern. Dampf zischte aus einer abgebrochenen Leitung. Die Glühlampe an der Decke flackerte.
    »Aufhören!«, schrie Martin. »Sofort aufhören! Du darfst ihn nicht umbringen, er ist auf unserer Seite, und du machst bloß die Lok kaputt.«
    »Auf welcher Seite sind wir denn?« Eliane sah ihn giftig an. Sie schäumte vor Wut. Aus ihrer Schulterwunde tropfte wieder Blut.
    »Auf deiner, hast du das denn noch nicht begriffen? Weder er noch ich wollen dir was Böses. Wir sind genauso auf der Flucht wie du.« Das war zwar etwas geflunkert, doch der Zweck heiligte die Mittel, fand er.
    Inzwischen war ihre Fahrt noch langsamer geworden. Martin konnte jetzt die Mauersteine der Tunnelwand erkennen, und die metallenen Stützbogen, die in regelmäßigen Abständen angebracht waren.
    »Zuerst verbinde ich deine Schulter und dann reparieren wir die Lokomotive«, erklärte er und staunte über sich selbst. Er war es nicht gewohnt, anderen zu sagen, was sie zu tun hatten. Er zog sein Jackett aus und schlüpfte aus dem Hemd. Es war inzwischen mehr schwarz als weiß. Dann zerriss er es in lange Bahnen.
    »Leider habe ich nichts zum Desinfizieren«, sagte er. »Oder haben wir irgendwo Alkohol an Bord?«
    »Hinten im Schrank, bei den Ersatzbirnen«, sagte der Mikromechanische, der immer noch zwischen den Rädern und Hebeln hing.
    »Den habe ich bereits aufgebraucht«, bemerkte Eliane. »Aber du brauchst nicht zu desinfizieren, das erledigt sich von selbst.«
    »Weil du eine Hybride bist?«, fragte er.
    »Das weißt du also auch schon?« Sie musterte ihn mit ihren giftgrünen Augen. »Du bist offensichtlich nicht der dumme Außenweltler-Tölpel, für den ich dich gehalten habe.«
    Martin verband ihre Schulter, und als er ihr dabei nahe kam, bemerkte er den seltsamen Geruch, den sie verströmte, eine Mischung aus Maschinenöl und Eau de Cologne. Er mochte diesen Geruch, stellte er fest, obschon er ungewöhnlich war. Als er mit dem Verband fertig war, trat er zu den beschädigten Armaturen und befreite den Mikromechanischen aus seiner misslichen Lage. Er stellte ihn auf die nach oben gekehrte Handfläche seiner Linken und fragte:
    »Wo sollen wir beginnen, kleiner Freund?«
    »Danke«, sagte der Kleine, »ich hatte noch nie einen Menschen zum Freund. Es ist eine große Ehre für mich. Zuerst sollten wir die Glühbirnen im Steuerstand ersetzen, dann sehen wir besser, was los ist. Danach sollte einer von uns mal unter die Kessel schauen.«
    »Unter die Kessel? Das ist unmöglich.«
    »Nicht für mich. Ich übernehme diesen Teil.«
    Martin setzte den Kleinen auf dem Boden ab und der Roboter wuselte davon und zum Steuerstand hinaus. Eliane hatte schon Glühbirnen aus dem Reserveschrank geholt und war dabei sie einzuschrauben. Martin machte sich daran, die Armaturen zu untersuchen. Das zerbrochene Manometer bereitete ihm Sorgen.
     

 
    DIE SCHREMP
     
    Die Geschwindigkeit der mächtigen Lokomotive hatte sich nicht weiter verringert. Gemächlich dampfte sie durch den schnurgeraden Tunnel. Dieser hatte sein Aussehen verändert. Die Wand zwischen den metallenen Bogenstützen war durchsichtig geworden. Dahinter war eine grünliche Substanz zu erkennen. Ob es sich dabei um eine Flüssigkeit handelte? Manchmal stiegen darin Luftblasen empor, und als Martin einen Fisch entdeckte, der die vorüberfahrende Maschine neugierig beäugte, wurde sein Verdacht zur Gewissheit.
    »Wir fahren durchs Wasser«, rief er. War das der See, von dem seine Stiefmutter gesprochen hatte? Führte die alte, aufgegebene Bahnlinie über den Seegrund?
    »Wir durchqueren den Giftsee vor Stonehenge«, bestätigte Eliane. »Wenn die Maschine hier versagt, dann haben wir ein Problem.«
    »Wieso? Der gläserne Tunnel schützt uns doch vor dem Wasser und den giftigen Gasen.«
    »Aber nicht vor den Kreaturen, die hier leben, und damit

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