Die Reise zum Ich
Unterschicht von ungelösten Fragen verbleibt, denen
sich der Betreffende nicht stellen kann.
Wir werden uns daher fragen, was wünschenswerter sein wird:
während der MMDA-Sitzung die Direktive zu übernehmen in
dem Bemühen, den Patienten mit dem zu konfrontieren, dem
er ausweichen will, und dabei den Abbruch einer partiellen
Integration zu riskieren, oder ihn, so weit es ihm möglich ist, der
Erfahrung seines neu entdeckten Zentriertseins zu überlassen,
so daß ihm noch ein Hauch von Erinnerung daran verbleibt und
er das Leben nimmt, wie es kommt.
In Wahrheit gibt es nicht so viele Wahlmöglichkeiten, wie es
den Anschein haben mag. Aufgrund meiner Erfahrungen reagieren nur etwa 25 Prozent der Personen mit spontanem visionären Erleben auf MMDA, während weitere 30 Prozent erst nach Aufarbeitung ihrer Probleme diesen Zustand erreichen.
Bei letzteren besteht kaum ein Zweifel, daß er trotz und infolge
der Entschärfung zumindest eines Teils der Konflikte eintritt,
die generell den größten Teil des Gesprächs in Anspruch
nimmt. Was die zuerst erwähnten 25 Prozent betrifft, gehe ich
meist so vor, daß ich den Patienten etwa zwei Stunden ungestört
der Erfahrung überlasse und die verbleibenden drei Stunden
der
Untersuchung
seiner
Lebenssituation
und
Probleme
widme. Dabei gehe ich davon aus, daß ich dem Patienten mehr
helfen kann, wenn ich bei dieser Konfrontation zugegen bin, als
wenn ich es ihm überlasse, die folgenden Tage durchzustehen.
Darüber hinaus ist es leichter, sich während des visionären
Erlebens seines Lebens zu erinnern als umgekehrt im täglichen
Leben seiner Erfahrung. In der Praxis läuft dies den Neigungen
des Patienten keineswegs zuwider, denn entweder geht er dank
seiner Stimmungslage auf jeden Vorschlag ein, oder er fühlt
sich natürlicherweise zur Selbstbefragung hingezogen. Dies war
unter anderem bei unserem jungen Mann der Fall. Nachdem er
seinen himmlischen Zustand etwa zwei Stunden lang genossen
hatte, wollte er erfahren, wo seine Hölle lag und sicher gehen,
daß sein derzeitiger Zustand wirklich geltend oder gerechtfertigt war.
Bisweilen tritt die entscheidende Konfrontation spontan in
Form lebhafter Bildgesichte auf. Einer meiner Patienten - er
war in leitender Stellung tätig- litt an innerer Unsicherheit, was
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er durch herrisches Auftreten zu kompensieren pflegte. Gegen
Ende einer Sitzung unter MMDA-Wirkung, in einem Zustand
vollkommener Entspannung, sah er sich in dem gleichen Zustand in seinem Büro sitzen. Er lernte mit Hilfe der schöpferischen Fantasie, ihn auch in die Praxis zu übernehmen; ebenso lernte er, daß seine Abwehrhaltung nicht notwendig war und
der unverfälschte Ausdruck seines Wesens befriedigender und
keineswegs weniger zweckdienlich sein würde. Mit diesem Patienten hatte ich nur sehr wenig gesprochen; dennoch trat eine Veränderung in seinem beruflichen Verhalten ein.
Daß der Fähigkeit der Person, zu einer gegebenen Zeit ihren
Schwierigkeiten ins Auge zu sehen, Grenzen gesetzt sind, ist
nur zu wahr und ebenso unterliegen meiner Ansicht nach auch
die Möglichkeiten des Therapeuten in dieser Hinsicht größeren
Einschränkungen, als man annehmen mag. Der Patient will
nicht hören, oder zumindest tut er so, als ob er nicht hört, oder
seine Gefühle stehen im Widerspruch zu seinem Denken und so
weiter, und damit muß sich der Therapeut abfinden. Außerdem
mag in dem unterbewußten Steucrungsprozeß, der die Länge
seiner Schritte zur Integration kontrolliert, natürliche Weisheit
liegen. Alles was der Therapeut in diesen Fällen tun kann, ist
zur Verfügung zu stehen und Hilfestellung zu leisten.
Einen anderen Augenblick der spontanen bildhaften Konfrontation hat ein Patient mit folgenden Worten beschrieben:
»Dann geschah etwas Bedeutsames. Zunächst fühlte ich lediglich. daß etwas geschehen war, daß sich etwas verändert hatte. Als hätte ich mir selbst etwas verziehen. Bald war ich
überzeugt, daß die Vergebung etwas mit meinem vor einiger
Zeit erfolgten Verzicht zu tun hatte. Dann sah ich mich im
College in meinem Büro hin- und hergehen und bemerkte,
daß die selbstquälerischen Depressionen verflogen waren,
unter denen ich die vergangene Woche gelitten habe. Ich
fühlte mich befreit und gelockert.
Dann erlebte ich Augenblicke der Realisation eines vollkommenen Seelenfriedens, den ich sonst (bei all meinen Ängsten, bei meinem Rechnen, Probieren, Manipulieren,
Sorgen und anderen
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