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Die Reise

Die Reise

Titel: Die Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gregory
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mehr für mich. Er half mir auch nicht mehr im Haus. Früher hatte er öfter mal aufgeräumt und jedes zweite Wochenende das Bad geputzt. Wir waren drei Jahre zusammen, bevor wir geheiratet haben; zwei haben wir fest zusammengelebt. Man sollte meinen, dass man nach dieser Zeit einen Menschen kennt.«
    Ich nahm den nächsten Schluck und schaute verstohlen zu dem Fensterpassagier hin. Wir saßen so nahe an den Triebwerken, dass die Leute vor und hinter uns jetzt nicht mitbekamen, was ich sagte, aber ich hatte keine Lust, dass der Mann noch mehr von meinem Privatleben erfuhr. Ein Glück, er schlief immer noch.
    Ich fuhr fort. »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich ist jede Ehe so ein Glücksspiel. Man weiß einfach nicht, wie der Partner sich entwickeln wird. Ich schätze mal, der Mann, den man heiratet, ist nicht der Mann, den man dann kriegt. Wir machen uns ein bestimmtes Bild von dem Menschen, den wir uns ausgesucht haben, und erwarten, dass er nach der Hochzeit ewig und drei Tage so bleibt. Aber das tut er nicht. Nick hat es jedenfalls nicht getan.«
    »Und was hat dann die große Krise ausgelöst? Irgendwas ist es ja meistens.«
    Ich holte Luft. Würde der Mann mich gleich für verrückt erklären? »Also, vor ein paar Wochen kam Nick eines Abends nach Hause und behauptete steif und fest, dass er ein Dinner mit Jesus Christus gehabt hätte. Jesus Christus, kein Witz. Sie müssen sich das mal vorstellen: Eben war er noch ganz normal, und auf einmal, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, bringt er ganz verrückte Geschichten und geht voll auf den frommen Trip.«
    »Und jetzt erzählt er Ihnen …«
    »…jeden Tag dieselbe Leier, genau. Der Mann redet nur noch über Jesus. Dabei ist er früher nie religiös gewesen, überhaupt nicht. Ich hab’ gehofft, das geht wieder vorüber, aber der Kerl treibt mich in den Wahnsinn.«
    »Aber von dem Religiösen mal abgesehen – wie ist er sonst so zu Ihnen?«
    »Gerade scheint er nicht mehr so viel Überstunden zu machen. Hat mehr Zeit für Sara und mich. Er muss wohl ein größeres Projekt beendet haben. Aber fast wäre es mir lieber, er wäre wieder den ganzen Tag in der Firma. Dies ist nicht der Mann, den ich geheiratet hab’. Dass er es auf einmal mit der Religion kriegt – so hab’ ich nicht gewettet. Es versaut unser ganzes Leben.«
    »Religion versaut immer das Leben«, antwortete er. »Ich hasse Religion.«

Kapitel 4
    An diesem Punkt des Fluges erlebte ich den (nach dem Sitzen neben einem Hobby-Missionar) zweitschlimmsten Flugreisen-Alptraum meines Lebens: Der Passagier vor mir kippte die Rückenlehne seines Sessels ganz nach hinten.
Du Ekel! Weißt du nicht, dass ich 1,75 groß bin? Woher nehmen sich die Leute das Recht, ihren Sitz nach hinten zu stellen, ohne vorher zu fragen? »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie einklemme, meine Dame, aber mir ist es so bequemer!« Jetzt muss ich entweder meinem Hintermann dasselbe zumuten oder bis Dallas wie ein zusammengeklapptes Taschenmesser sitzen
. Ich widerstand dem Impuls, das Übliche zu tun und meine Knie lässig meinem Vordermann so lange in den Rücken zu bohren, bis er sich wieder gerade setzte.
    Ich beschloss schließlich, die Sache auf sich beruhen zu lassen – meinen Vordermann kümmerte es nicht im Geringsten, wie ich kochte – und mich wieder meinem Nebenmann auf dem Gangplatz zuzuwenden. Was hatte der da gerade über Religion gesagt? Ich war mir nicht sicher, ob es richtig war, wenn ich mich weiter auf das Thema einließ. Ich hatte schon genug zu tun mit den Gefühlen, die Nicks neuester Tick in mir hervorrief; war es wirklich klug, sie noch weiter anzuheizen? Aber ich musste wissen, wie der Mann das meinte mit seinem »Ich hasse Religion«.
    »Warum hassen Sie Religion?«
    »Sie etwa nicht?«
    »Also …« Ich merkte auf einmal, dass die Antwort gar nicht so einfach war. Ich sagte sonst immer, dass bei mir jeder nach seiner Fasson selig werden konnte. Aber im Augenblick wollte ich einen so weiten Bogen um die Religion machen wie ich konnte. »Vielleicht schon. Ich meine, ich sage nicht, dass die Leute nicht das Recht haben, zu glauben, was sie wollen. Aber für mich ist das halt nichts.«
    Ich goss den Rest meines Saftes in den Becher. »Aber wie ist das also mit Ihnen?
Sie
haben doch gerade gesagt, dass Sie Religion hassen.«
    »Religion hält viele Menschen davon ab, ein wirkliches Leben zu haben«, antwortete mein Nebenmann. »Den einen macht sie ein schlechtes Gewissen, wo sie keines zu haben bräuchten, die

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