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Die Reise

Die Reise

Titel: Die Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gregory
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gerade gesprochen haben?«, fragte ich.
    »Kroatisch.«
    »Kroatisch? Das ist ja richtig exotisch.«
    »Ich bin einige Zeit in dem Land gewesen.« Er trank seinen Orangensaft fertig. »Mit am meisten ärgert es mich, wenn Menschen, die es eigentlich gut meinen, durch Religion innerlich verbogen werden.«
    Das war meine größte Angst bei Nick. Auch wenn er zu viel arbeitete, eigentlich war er kein böser Mensch. Bis jetzt.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte ich.
    »Nun, die Leute meinen, dass sie bestimmte Dinge tun oder sich eine bestimmte Art aneignen müssen, damit Gott sie annimmt. Und so hören sie auf, sie selber zu sein, und versuchen krampfhaft, Regeln einzuhalten, die sie gar nicht einhalten können, und fühlen sich folglich immer elender.«
    »
Ich
fühl’ mich elend, wenn ich das nur höre.«
    »Als Nächstes fangen sie an, zu ihren Freunden und Lieben auf Distanz zu gehen, vor lauter Angst, dass die Menschen, die nicht das Gleiche glauben wie sie, sie verführen könnten. Die Religion macht sie nicht liebevoller, sondern trennt sie von den Menschen, die sie lieben.«
    Ich öffnete meine Mineralwasserflasche, nahm einen langen Schluck und schraubte die Verschlusskappe nachdenklich wieder zu. »Ich hatte mal so eine Freundin. Meine beste Freundin in der Oberschule, Melinda. Wir kannten uns schon von der Grundschule her, aber dann waren wir in derselben Volleyballmannschaft, und es wurde wirklich eine dicke Freundschaft. Bis sie sich in den Sommerferien vor dem letzten Schuljahr auf einmal bekehrte, in so einem christlichen Ferienlager.«
    »Und dann?«
    »Unsere Freundschaft war nicht mehr dieselbe. Sie war fast nur noch mit ihren neuen christlichen Freunden zusammen und ging in so eine kirchliche Jugendgruppe, und ich kam unter ›ferner liefen‹. Gut, wir waren immer noch in der Mannschaft und unternahmen das eine oder andere zusammen, aber das wurde im Laufe des Schuljahres immer weniger. Ich kam mir mit meinen siebzehn Jahren wie das berühmte fünfte Rad vor.«
    »Das ist echt traurig«, sagte er. »Genau das, was ich gerade gemeint hab.«
    »Ja. Ich hatte gedacht, wir würden für immer Freundinnen bleiben, aber ich glaube, nach dem Schulabschluss haben wir uns nie mehr getroffen. Erst auf unserem Zehn-Jahres-Ehemaligentreffen hab’ ich sie wiedergesehen.«
    »Und was machte sie da?«
    »Sie hatte ihre Studentenliebe geheiratet, und nach ein paar Jahren ließen sie sich wieder scheiden. Scheint so, als ob die Religion ihr doch nicht so viel gebracht hat. Keine Kinder. Sie ging gerade mit einem neuen Mann und war nach wie vor in ihrer Kirche aktiv.«
    Ich öffnete meine Flasche wieder und nahm den nächsten Schluck. Mein Nebenmann drehte sich eine Idee näher zu mir hin.
    »Und jetzt haben Sie Angst, dass das mit Ihrem Mann genauso wird und Sie ihn verlieren? Vielleicht nicht so, dass er sich scheiden lässt, aber zumindest innerlich?«
    Alle Wetter, der Mann ging zur Sache! »Sind Sie ein Psychologe oder Eheberater oder so was?«
    »Sozusagen.«
    »Oh. Ich …«
    »Ich wollte mich nicht in Ihr Privatleben einmischen; ich habe einfach den Eindruck, das ist eine ähnliche Situation.«
    »Ja«, murmelte ich. Ich sah auf meine Füße hinunter. »Das mit Melinda hab ich nach einer Weile unter die Füße gekriegt. Schulfreundschaften sind Schulfreundschaften. Aber das mit Nick …« Ich biss mir in die Oberlippe, um die Tränen, die hochkommen wollten, zu stoppen. »Es ist eine Sache, eine Freundin zu verlieren …«
    Ich starrte einen Augenblick ins Leere. »Erst war er arbeitssüchtig, und jetzt ist er jesussüchtig. Mich lässt er links liegen. Ich frage mich allmählich, wozu man überhaupt heiratet.«
    »Sie klingen nicht so, als ob Sie auf Biegen oder Brechen eine Scheidung wollen.«
    »Nein.« Ich staunte selbst, wie fest dieses »Nein« klang. »Eigentlich nicht. Ich möchte, dass unsere Familie zusammenbleibt. Aber Nick ist dabei, sie auseinanderzureißen. Warum macht er das? Warum hat er mich vor unserer Ehe auf Händen getragen, und seit wir auf dem Standesamt waren, bin ich ihm fast egal? Ich hab geheiratet, um einen Freund fürs Leben zu haben, und nicht bloß, um einen Ring zu tragen und das Essen aufzuwärmen, wenn Nick wieder mal später von der Arbeit heimkommt. Aber vielleicht ist das bei anderen Männern auch so?«
    Er seufzte. »Das ist eine schwierige Frage. Es kommt auf den Einzelfall an. Aber die meisten Männer haben Angst davor, sich wirklich zu öffnen. Sie haben das in ihrer

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