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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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und des Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen.« Das war eine unerträgliche Blas-phemie. »Sie schrien aber laut und hielten ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein …«
    Ihr Zorn war so groß, daß sie ihn beinahe noch im Tempel ermordet hätten. Doch die Klügeren setzten sich durch.
    Man stieß Stephanus zur Stadt hinaus, damit sein Blut nicht über Jerusalem komme. Er wurde gesteinigt. Die Stei-102
    nigung war seit alters die grausame Strafe für alle schweren Sünden gegen das Gesetz. Wenn man dabei mitwirkte, war man als einzelner nicht am Tod des Verurteilten schuld. Jeder, der den Vorwürfen beipflichtete, die gegen den oder die Angeklagte (auch Ehebrecherinnen steinigte man) vorgebracht wurden, hatte ebenfalls daran teil, daß der Delinquent zu Tode kam. Diejenigen, die als Zeugen gegen den Verurteilten ausgesagt hatten, warfen die ersten Steine.
    Sie nahmen die Mäntel ab, um mehr Bewegungsfrei-
    heit zu haben. Zur Aufbewahrung legten sie sie »zu den Fü-
    ßen eines Jünglings, der hieß Saulus«. Er gehörte nicht zu den Zeugen, aber er hatte die Gotteslästerung vernommen.
    Er hatte sich mit dem Mob zusammengetan, um Stepha-
    nus aus dem Tempel zu jagen und ihn an diesem öden Platz seinem Schicksal zu überantworten. Hier lagen Schmutz, Kehricht und Staub von Jahrhunderten und gemahnten an das Alter der Stadt, die, theoretisch wenigstens, ein schwacher Abglanz des ewigen Jerusalem droben im Himmel war.
    Der Gotteslästerer blieb eine Zeitlang aufrecht im Steinha-gel stehen und lästerte immer noch, indem er diesen Jesus anrief, er möge seinen Geist aufnehmen. Die Steine zerfetz-ten ihm die Haut, zerschmetterten ihm die Knochen. Und schließlich ging er in die Knie. Vor den blutunterlaufenen Augen der Zuschauer hauchte er sein Leben aus. Die letzten Worte, die er noch sprach, bevor ihm die Steine für immer den Mund verschlossen, lauteten: »Herr, behalte ihnen diese Sünde nicht!« Er lästerte Gott noch im letzten Moment! Und der Mann, zu dessen Füßen die Kleider lagen, blickte ungerührt auf den zusammengekrümmten Haufen
    Fleisch. Er »hatte Wohlgefallen an seinem Tode«.
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    »E L …«
    Wie bei vielen Menschen stellt sich auch bei Pau-
    lus die Frage, ob er den Tod anderer absolut gebilligt oder nur momentan gutgeheißen und sich dann später krank und unglücklich gefühlt hat. Es gräbt sich ins Ge-dächtnis ein und wirkt nach, wenn man Zeuge eines ge-waltsamen Todes wird. Und man kann Paulus durchaus
    nicht empfindungslos nennen. Aber er war ein gewalttätiger Mann. Das zeigen uns die Ereignisse vor seiner Bekehrung.
    Erst danach änderte sich sein Charakter, suchte seine Dynamik sich neue Bahnen – es war, als hätte jemand in seinem Inneren urplötzlich eine Weiche umgestellt. Erst danach wurde er der Mensch, von dem F. W. Myers schreiben konnte:
    »Die Wogen der Verzweiflung, die Seelenqual der ganzen Welt Ergoß sich in ein einzig Herz.«
    Doch vorerst kehrte sich seine ganze Energie, seine ganze Leidenschaft gegen die Anhänger dieses falschen Messias.
    Paulus und der Mob, der ihm hinterherlief, begannen mit einer systematischen Christenverfolgung. Und dieses extreme Verhalten ist für den Beobachter ein Zeichen der Unruhe, die in Paulus gärte. Seine Reaktion auf die Vorstellung, Christus sei der Messias, war in der Tat pathologisch. Sie überstieg bei weitem die Abneigung und Verachtung, welche die meisten Juden für den betrüblichen, wenn auch ge-fährlichen und zersetzenden Glauben empfanden, daß der 104
    Messias bereits gekommen, den Tod eines Verbrechers gestorben und wiederauferstanden sei. »Denn jeder tötet, was er liebt«, schrieb Wilde einmal. Dies Element läßt sich, so möchte es scheinen, ohne weiteres in den Handlungen des Paulus nach Stephanus’ Steinigung nachweisen. Eins kann man ihm allerdings nicht vorhalten – daß er ein Feigling gewesen wäre. »Der Feigling tut’s mit einem Kuß / Der Tapf-re mit dem Schwert« – und mit gezücktem Schwert, an der Spitze einer Rotte von Mördern und sicarii (den Messer-stechern, die der Tempel manchmal heimlich einsetzte, um nicht genehme Leute aus dem Weg zu räumen) fiel Paulus über die Anhänger des Gekreuzigten her. Möglicherweise gehörten zu seinen Helfershelfern auch Mitglieder jener extremistischen Gruppe, die wir unter dem Namen Zeloten kennen.
    Sie waren fanatische Juden, die auf Aramäisch Quanna (die Eiferer) und auf Griechisch Zelotai hießen, und zwar wegen des verbissenen

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