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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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Eifers, mit dem sie die Befreiung Israels vom römischen Joch forderten. Die Zeloten erwarteten einen kämpferischen König, der das jüdische Volk in einen Befreiungskrieg führte – die römischen Unterdrücker würden vertrieben werden, und Israel würde mit seinem Messias die Welt erobern. Verständlicherweise betrachteten die jüdischen Parteien, die bereit waren, die weltliche Oberhoheit Roms anzuerkennen, solange der Tempel und ihr Glaube unangetastet blieben, sie mit Mißtrauen und Furcht.
    Die Zeloten waren als politisch-militärische Gruppe mit einem Schlag ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, als sie gegen eine Volkszählung protestierten, die der erste Proku-ratur von Judäa 6 bis 7 n. Chr. veranstaltete. Ihr Aufstand 105
    wurde niedergeschlagen, die Anführer wurden getötet, alle Zeloten zersprengt. Trotzdem blieben sie dabei, daß die einzige Lösung für Israels Probleme der bewaffnete Kampf sei.
    Die letzte, fatale Rebellion, die zur Eroberung Jerusalems und zur Zerstörung Jerusalems führte, war zum großen Teil ihrer Initiative zuzuschreiben. Man versteht ohne weiteres, warum sich so mancher von diesen Extremisten an der Verfolgung jener abtrünnigen Juden beteiligte, die da behaupteten, der Messias sei schon gekommen. Wie, ein Mann vom Land, gekreuzigt mit zwei Dieben? Nichts hätte die Zeloten mehr erzürnen können als der Gedanke, daß der gro-
    ße Kriegsherr, der Abkömmling Davids, von dem sie erwarteten, er werde Israel befreien und die Römer mit Feuer und Schwert vernichten, lediglich ein schwächlicher Verbrecher gewesen sei, jawohl, schwächlich, starb er doch als erster von den drei Verurteilten.
    Der Sanhedrin hielt die Zeloten zwar für Unruhestifter, aber für noch schlimmer hielt er die Christen. Womöglich würden die Römer ihretwegen intervenieren, und so sah der Hohe Rat es aus begreiflichen politischen Gründen nur gerne, daß die neue Sekte verfolgt und aus Jerusalem vertrieben wurde. Sollten sie doch zurück nach Galiläa gehen, in die unbedeutenden Nester, wo sie herkamen! Dort würde sich die Bewegung wie üblich früher oder später in winzige Fraktionen aufsplittern und schließlich versanden. Paulus war der Mann des Sanhedrin, Paulus, der leidenschaftliche Pharisäer mit den glühenden Augen und der unerbittli-chen Entschlossenheit zur Vernichtung – nicht der Ketzerei, denn der Glaube an einen Messias, mochte er auch noch so irrig sein, galt nicht als Häresie –, sondern zur Vernich-106
    tung dieser Unruhestifter, die die Sicherheit der Juden und ihrer Religion gefährdeten.
    Einige wenige Christen waren bereit zu widerrufen.
    Doch die meisten klammerten sich hartnäckig an ihren Glauben. Dafür wurden sie ins Gefängnis geworfen oder gegeißelt. Die Geißelung fand öffentlich statt und war äu-
    ßerst schmerzhaft. Dem Delinquenten wurden neunund-
    dreißig Hiebe verabreicht, die zu schweren Verletzungen führen konnten. Es gehörte zu den gerichtlichen Befugnis-sen des Sanhedrin, diese Strafe zu verhängen. Wenn wir dem Verfasser der Apostelgeschichte (mag es sich um Lukas oder um einen anderen, uns unbekannten Autor handeln) Glauben schenken dürfen, dann sagte Paulus später: »Zwar meinte auch ich bei mir selbst, ich müßte viel zuwider tun dem Namen Jesu von Nazareth, wie ich denn auch zu Jerusalem getan habe, wo ich viele Heilige ins Gefängnis brachte, wozu ich Vollmacht von den Hohenpriestern empfangen hatte; und wenn sie getötet wurden, half ich das Urteil sprechen. Und in allen Synagogen peinigte ich sie oft und zwang sie zu lästern; und war überaus unsinnig auf sie, verfolgte sie auch bis in die fremden Städte.«
    Ein Satz springt sofort ins Auge: »Und wenn sie getö-
    tet wurden, half ich das Urteil sprechen.« Der Sanhedrin durfte keine Todesstrafen verhängen, das stand allein dem römischen Prokurator von Judäa zu. Also müssen entweder Paulus oder der Verfasser der Apostelgeschichte übertrieben haben – oder Pilatus gab seine Zustimmung zu den Todesurteilen. Wenn wir nun annehmen, daß weder Paulus noch der Verfasser der Apostelgeschichte in diesem Punkt Dinge behaupteten, die nicht stimmten, dann ist die einzi-107
    ge Lösung die, daß Pontius Pilatus mit der Ausrottung der Christen einverstanden war. Das ist recht wahrscheinlich.
    Schließlich hatte er, wenn auch widerwillig, seine Zustimmung zur Kreuzigung des »Judenkönigs« gegeben. Er hat-te gehofft, das würde der ganzen Sache ein Ende machen.
    Und nun sah er, wie es in

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