Die Reisen Des Paulus
Eid. Ich habe den, der Übles gegen andre sinnt, überantwortet jenen, wider die er Übles sann. Ich habe Strafen verfügt für jene, die Unrecht tun.
Ich ließ für die Flehenden Gnade walten. Ich schütze gerechte Beschützer. Mit mir herrscht das Recht.
Ich bin die Königin der Flüsse und Winde und Meere. Niemand wird in Ehren gehalten ohne mein Wissen. Ich bin die Königin des Kriegs. Ich bin die Königin des Blitzstrahls.
Ich wühle die See auf und mache sie glatt. Ich bin die Strahlen der Sonne.
Was mir gefällt, daß es zu Ende ginge, geht zu Ende. Wo ich walte, ist alles Vernunft. Ich lasse frei, die in Banden 144
liegen. Ich bin die Königin der Seemannskunst. Ich mache unschiffbar das Schiffbare, wenn’s mir gefällt.
Ich schuf der Städte Umwallungen. Ich werde Gesetzge-berin genannt. Ich hob die Inseln aus den Tiefen ins Licht.
Ich bin die Herrin der Regenstürme. Ich überwinde das Schicksal. Das Schicksal horcht auf mich. Heil dir, Ägypten, das du mich nährtest.
Gewiß ist Paulus einfachen Anhängern der Isis begegnet und ebenso gewiß auch solchen, die in ihre Mysterien eingeweiht waren. Vermutlich hat er die Prozessionen gesehen, bei denen ihr Standbild durch die Straßen getragen wurde
– Mutter Isis, den Knaben Horus im Arm, den Kopf liebe-vollen Blicks dem heiligen Knaben zugeneigt, den sie ihrem Gatten Osiris gebar. Sie war die Madonna des Ostens und des Westens, lange bevor die christliche Madonna in den Kirchen Einzug hielt. R. E. Witt hat in seinem Werk Isis in the Graeco-Roman World darauf hingewiesen, daß Paulus auf seinen Reisen bezeichnenderweise viele Städte besuchte, die Zentren des Isiskults waren. Anklänge hieran findet man vielleicht sogar in den berühmten Wendungen »tönend Erz« und »klingende Schelle«.
Zur Huldigung der Isis gehörte auch: »Du schlägst dei-ne Zimbel und erneust die Wintersonnenwende mit deinem Sistrum (altägyptische Handrassel).« Ein anderer möglicher Verweis lautet: »Die klagenden Wasser des Nils mit seinem tönenden Erz.« Im 1. Jahrhundert war aus Isis, die man viele Jahrhunderte lang in bescheidenerer Form verehrt hatte, eine Muttergottheit mit universalen Attributen geworden, zu deren wichtigsten Mitgefühl und liebevolle Fürsorge ge-hörten.
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Isis sprach die Frauen an, denn war sie nicht die All-Mutter? Männer, zumal aggressive und betont maskuline, erlagen ihrem Reiz nicht so leicht. Unter den zahlreichen Alternativen – es gab tatsächlich so viel Kulte, daß jedermann sich den ihm am meisten gemäßen aussuchen konn-
te – war die verbreitetste die Mithrasreligion. Mithrastem-pel hat man in der ganzen Mittelmeerwelt und sogar in London gefunden. Er war der eigentliche Gott der Soldaten, und sein Kult marschierte sozusagen mit den Legionen, wo immer sie Land in Besitz nahmen. Wie viele Religionen stammte auch die des Mithras aus dem Osten. Ihre Heimat ist vermutlich Persien. Im Mithraismus finden sich gewisse Züge der persischen Nationalreligion, die Zoroaster gestif-tet hat. Dazu gehört der Glaube an einen ewigen Krieg zwischen »den Söhnen des Lichts und den Söhnen der Finsternis« (ein Konzept, das auch bei den Essenern erscheint).
Wie das Judentum besaß auch die Mithrasreligion hei-
lige Bücher. Ihre Lehren waren in der Avesta, dem Gesetz, zusammengefaßt, Mithras wurde von der guten Macht im Universum erschaffen, von Ormazd, dem Herrn des Lebens.
Er war sein treuer Diener und kämpfte unablässig gegen die Macht des Bösen, gegen Ahriman, den Gott des Todes. Mithras schuf Leben auf der Erde, indem er einen heiligen Stier tötete, aus dessen Blut die ersten Menschen geboren wurden. Seine Anhänger feierten eine mystische Kommunion, bei der sie Brot und Wein zu sich nahmen. Möglicherweise bediente man sich auch bei gewissen Initiationszeremonien der stark wirkenden Droge, die aus der schwarzen Nies-wurz gewonnen wird, um bei den Gläubigen illusorische Effekte hervorzurufen.
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Mithras’ Anhänger, die sogenannten sacrati (die Gehei-ligten oder Geweihten), durchliefen sieben Stufen der Initiation, die der Zahl der sieben Planeten entsprachen. Jede Stufe trug einen Namen, dessen Genus das Maskulinum
war, denn der Mithraismus blieb den Männern vorbehalten.
Der dritte Grad, Miles (Soldat), markierte einen Punkt zwischen den höheren Stufen und jenen Anhängern, die nicht vollwertig in die Glaubensgemeinschaft aufgenommen waren. Den Titel des höchsten Grades, nämlich Pater (Vater), übernahmen die
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