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Die Reisen Des Paulus

Die Reisen Des Paulus

Titel: Die Reisen Des Paulus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernle Bradford
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Und so sandte er an Petronius, den Statthalter von Syrien, den Befehl, es solle eine Kolossalstatue des Kaisers geschaffen und im Allerheiligsten des Tempels aufgestellt werden. Davor hatte Caligula den Enkel Herodes’ des Großen, Herodes Agrippa, aus dem Gefängnis entlassen. Herodes Agrippa war in Rom erzogen worden und in Schulden geraten. Unter Tiberius hatte man ihn des Verrats bezichtigt. Das Glück war ihm hold, denn er wurde nicht gleich getötet, sondern nur ins Gefängnis geworfen. Offenbar hatte er eine große persönliche Aus-strahlung, gelang es ihm doch, Caligulas unberechenbare Ge-fühle für sich zu gewinnen. In einem Augenblick irrwitziger Generosität schenkte ihm Caligula eine aus purem Gold ge-fertigte Nachbildung der Ketten, die er im Gefängnis getragen hatte. Außerdem belehnte er ihn mit der Tetrarchie, der untergeordneten Regentschaft, über fast alle Gebiete, die sein Großvater regiert hatte. Später bekam er obendrein Galiläa und Peräa, und nach Caligulas Tod gab dessen Nachfolger Claudius dem Herodes noch Judäa und Samarien – womit er über mehr Länder gebot als sein berühmter Großvater. Er war also, was Macht angeht, kein unbedeutender Mann, aber blieb natürlich stets und ständig den Launen des Kaisers in Rom unterworfen. Selbstverständlich versuchte Petronius die Sache mit der Statue aufzuschieben. Er kannte die Juden und wußte, daß es zu mehr als einem der üblichen Aufstän-de kommen würde, wenn man eine Kaiserstatue im Tempel aufstellte. Selbst jetzt gingen die Juden – die von dem Vorhaben gehört hatten – in Sack und Asche und strömten zu Hunderten an den Ort, wo die Statue in Arbeit war. Petroni-156
    us behielt seine kluge Verzögerungstaktik bei. Doch Caligula war wild entschlossen. Wenn diese teuflischen Leute seine Göttlichkeit nicht aus freien Stücken anerkannten, mußte man sie eben zwingen, vor ihm niederzuknien und ihn anzubeten. Erbost, weil das Werk immer noch nicht vollendet war, schickte er dem Petronius eine kaiserliche Botschaft: –
    Entweder laß meine Statue im Tempel aufstellen oder ent-leibe dich selbst. Zum Glück für Petronius wurde das Schiff, das den Brief beförderte und im Winter des Jahres 40 n.
    Chr. in See stach, durch Stürme aufgehalten. Und vorher noch lief eine andere Nachricht ein. Wie ein Lauffeuer hatte es sich im ganzen Reich verbreitet – Caligula war tot. 41
    n. Chr., am 24. Januar, wurde er von zwei Offizieren seiner Leibwache ermordet. Den einen hatte Caligula ständig beleidigt, und beide kannten ihn gut genug, um zu wissen, daß ein solches Monstrum nicht geeignet war, eine Stadt, geschwei-ge denn die Welt zu regieren. Sie traten auf ihn zu, baten ihn um die Parole des Tages, und als Caligula »Jupiter« sagte, riefen Cassius Chaerea und Cornelius Sabinus: »So treffe dich sein Zorn!« ( Jupiter war der Gott, der den plötzlichen Tod brachte.) An Hals und Kopf verwundet, stürzte Caligula zu Boden und schrie: »Noch lebe ich!« Worauf seine Mörder wieder und wieder auf ihn einstachen – »Manche stie-
    ßen ihm sogar das Schwert durch die Schamteile.« Gott war tot. Zur gleichen Zeit tötete ein mitverschworener Zenturio seine Frau Caesonia, indem er ihr den Kopf an einer Mauer zerschmetterte. Caligula starb mit neunundzwanzig. Regiert hatte er nicht einmal vier Jahre.
    Auf ihn folgte Claudius. Er war der Enkel Livias. Sein Vater entstammte allerdings einer früheren Verbindung –
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    obwohl man munkelte, in Wirklichkeit habe ihn Augustus gezeugt. Claudius war äußerlich nicht eben anziehend und stotterte. Seine eigene Mutter sagte von ihm, »die Natur hätte ihn nur skizziert, nicht vollendet«. Doch Claudius war keineswegs dumm, sondern ein sensibler und hochgebilde-ter Mann. Während er regierte, zog im Imperium jene Ruhe ein, die man seit dem Tod des Augustus vermißt hatte. Eine seiner ersten Maßnahmen bestand darin, das Aufstellen der Statue im Tempel von Jerusalem zu unterbinden. Außerdem wies er Petronius an, er möge alle Handlungen unterlassen, die geeignet seien, die empfindlichen religiösen Gefühle der Juden zu verletzen. Allen Untertanen befahl er, Caligula nicht länger als Gott zu verehren. Hier müssen wir festhalten, daß Paulus an die Öffentlichkeit trat, als dieser Kaiser sein mildes und vergleichsweise friedliches Regiment führ-te. Fast alle seine Missionsreisen unternahm er, als Claudius auf dem Thron saß. Unter Tiberius oder Caligula wären sie kaum möglich gewesen – oder hätten

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