Die Reliquie von Buchhorn
passierten die wenigen Häuser, die sich in demütiger Entfernung im Schutz des Klosters angesiedelt hatten. Niemand schien das Nahen der kleinen Gruppe zu bemerken. Die Stille legte sich erdrückend um sie.
»Ich habe die Glocke nicht gehört«, raunte Rodericus Eckhard zu. »Und ich höre auch keine Gesänge.«
»Vielleicht verschluckt der Schnee die Geräusche«, antwortete Eckhard, während er versuchte, die wachsende Unruhe zu unterdrücken. Sie saßen ab und führten die Pferde das letzte Stück zu den Stallungen.
»Da kommt jemand!« Rodericus zeigte auf das Portal, das sich knarzend öffnete.
Zwei Mönche traten ins Freie. Sie hatten die Kapuzen in die Gesichter gezogen und die Hände in die Ärmel gesteckt. Mit gesenkten Köpfen gingen sie auf das Spital zu. Als sie die stumm wartenden Gäste erblickten, wechselten sie ein paar Worte, worauf einer der beiden ihnen entgegen kam. Im Gehen schlug er die Kapuze zurück. Eckhard entspannte sich, als er den alten Mann erkannte.
»Gott mit dir, Bruder Matthias.«
Der andere strahlte über das ganze Gesicht. »Bruder Eckhard, endlich! Und gleich mit einer ganzen Eskorte.« Er zwinkerte Wulfhard zu. »Ich hoffe, du bringst gute Nachrichten.«
»Wie man es nimmt. Ich muss dringend mit dem Abt und dem Grafen von Buchhorn sprechen. Er ist doch hier?«
Matthias’ Stirn überzogen bekümmerte Runzeln. »Das schon, aber … Bruder Eckhard, du hast keinen guten Zeitpunkt für deine Rückkehr gewählt.«
»Die Gräfin? Was ist geschehen?«
Matthias scharrte mit dem Fuß ein unruhiges Muster in den Schnee. »Noch nichts. Und ich verstehe auch nichts von diesen Frauendingen, aber die Wehen haben wohl zu früh eingesetzt.«
»Aber sie wird doch nicht sterben!«, platzte Wulfhard heraus.
Bruder Matthias betrachtete ihn milde. Er klaubte ein wenig Schnee von einem vorstehenden Ast und sah zu, wie er in seiner Hand zu Wasser wurde. »Alles liegt in Gottes Hand, mein Freund. Du solltest das wissen. Auch du scheinst eine bewegte Reise hinter dir zu haben.«
Wulfhard fuhr sich durch die Haare. »Wenn du damit sagen willst, dass die Gräfin überlebt, soll es mir recht sein«, knurrte er.
In diesem Moment setzte leiser Gesang ein. »Sie beten für die Herrin«, erklärte Matthias. »Kommt nun, ich bringe euch zum Vater Abt.«
Eckhard nickte Matthias dankend zu, ehe er sich an Wulfhard wandte. »Du …«
»… kümmerst dich um die Pferde. Ich weiß schon«, beendete der den Satz. Er sah, wie der alte Mönch ein Schmunzeln unterdrückte, und zuckte die Achseln. »Einer muss ja wissen, wo sein Platz ist«, sagte er trocken. Eckhard lächelte. »Hunfried, du hilfst ihm. Ich lasse euch rufen.«
Der Söldner grummelte etwas, und Wulfhard klopfte ihm auf die Schulter. »Du lernst das auch noch. Jedenfalls«, er deutete mit dem Daumen auf den davoneilenden Eckhard, »wenn du dich lange genug in seiner Gesellschaft befindest.«
»Bruder Warmund ist also tot«, fasste Abt Hartmann zusammen und faltete die Hände zu einem kurzen Gebet. »Das ist eine betrübliche Nachricht, aber wenigstens haben wir jetzt Gewissheit.« Sein Blick schweifte ziellos durch den Raum, ehe er wieder zu Eckhard zurückkehrte. »Gibt es sonst noch etwas?«
Eckhard unterdrückte Ärger und Ungeduld angesichts des gütigen, etwas leeren Lächelns des Abtes und senkte demütig den Kopf. »Vielleicht wollt Ihr noch den Grund für den Mord an Bruder Warmund erfahren?«
»Mord?« Hartmann runzelte die buschigen Brauen. »Es war Mord?«
»Ja.« Eckhard rang mit sich und verlor. »Bruder Warmund ist gefoltert und erschlagen worden. Seine Leiche wurde im Wald liegen gelassen, wo sie von Männern von Heinrich von Altdorf gefunden wurde.«
»Oh.«
Im Stillen legte Eckhard sich selbst Buße für seine harschen Worte auf. »Er hat jetzt seinen Frieden in geweihter Erde gefunden. Und den Grund, warum er sterben musste, habe ich hier.« Er zog die Urkunde aus dem Ärmel und reichte sie mit einer respektvollen Verneigung dem Abt.
Der nahm das Schriftstück mit spitzen Fingern entgegen. »Es ist klebrig.«
»Wir haben es in einem Bienenstock gefunden«, erklärte Eckhard. »Es scheint sich um ein Dokument des verstorbenen Abtes und Fürstbischofs Salomo zu handeln.« Er schluckte und betrachtete den Steinfußboden.
Hartmann rückte sein Lesepult ins Licht und legte die Urkunde darauf. Sekundenlang betrachtete er sie beinahe grimmig. »Salomo ist tot.«
»Ja, Vater Abt.«
»Was soll ich also mit dieser
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