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Die Reliquie von Buchhorn

Die Reliquie von Buchhorn

Titel: Die Reliquie von Buchhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Erwin / Ulrich Buchhorn
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konnte. Wulfhard zog das Messer unter dem Wams hervor.
    »Das ist zu weit!«, zischte Hunfried.
    »Nein!« Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete der Stallmeister, wie Fridrun unbeholfen auf den Rasen fiel. Ihr Kopf war schmerzhaft verrenkt, während sie versuchte, die Urkunde mit der Fußspitze näher zu ziehen.
    Wulfhard schleuderte das Messer.
    Silvanus reagierte blitzschnell, doch er verschwendete wertvolle Sekunden in dem Versuch, Fridruns lange Haare von seinem Arm zu lösen. Fridrun schrie vor Schmerz und Überraschung auf. Gleichzeitig stieg das Pferd auf die Hinterhand. Die kräftigen Vorderbeine durchschnitten die Luft und drohten, der jungen Frau den Schädel zu spalten, während Silvanus, der sich verzweifelt an den Hals des Tieres zu klammern versuchte, aus dem Sattel geschleudert wurde. Wulfhard machte einen Satz vorwärts und zerrte Fridrun in Sicherheit. Dann wollte er Hunfried und Gerald zu Hilfe kommen, doch die junge Frau klammerte sich mit aller Kraft an ihn. Er fühlte ihren rasenden Herzschlag und legte schützend die Arme um sie. Über ihren Kopf hinweg sah er, wie Gerald und Hunfried den benommenen Silvanus an den Armen packten und auf die Füße stellten.
    Eckhard hob behutsam das Dokument auf und ließ es in seinem Ärmel verschwinden, ehe er sich Silvanus zuwandte. »War es das wert?«
    Silvanus erwiderte den Blick, ohne zu blinzeln, schwieg aber. Erst als Hunfried ihn schüttelte, kam ein Stöhnen über seine Lippen. Sein rechter Arm hing schlaff herab.
    »Lass ihn los. Wir wollen ihn nicht quälen«, ordnete Eckhard an. »Ist der Arm gebrochen, Bruder?« Mit verzerrtem Gesicht nickte Silvanus. Eckhard winkte seine Bewacher beiseite. Sein Gesicht war beinahe traurig, als er fragte: »Sag mir nur eines, Bruder, warum die Morde? Wer bist du?« Schweigen antwortete ihm. »Bist du wirklich vom Abt von Worms geschickt?«
    Silvanus hob die schweren Lider, seine Augen waren klar und spöttisch. »Mit einem hast du vielleicht recht. Ich habe Dispens für meine Taten. Doch wer weiß, wie groß Gottes Langmut wirklich ist.« Er taumelte wie unter einem plötzlichen Schwindelanfall. Ehe jemand begriff, was er vorhatte, ließ Silvanus seinen rechten Arm vorschnellen und griff nach Wulfhards Messer, das im nassen Gras lag. Gerald und Hunfried begriffen gleichzeitig, dass Silvanus die Verletzung nur vorgetäuscht hatte, und wollten ihm in den Arm fallen, nur Eckhard regte sich nicht. Mit dem gleichen gefassten Gesichtsausdruck sah er zu, wie Silvanus das Messer hob und sich in den Leib stieß. Blut sprudelte unter seinen Händen hervor, während er zurücksackte.
    Eckhard kniete neben ihm nieder und umschloss die unruhigen Hände des Sterbenden mit seinen. »Nimm wenigstens jetzt die Last von deiner Seele. Trägst du die Schuld an Bruder Warmunds Tod?«
    Silvanus holte mühsam Atem. »Der fette Narr«, keuchte er. »Ja, ich war dabei, als …« Seine Lider sanken herab.
    Eckhards lange Finger verkrampften sich. »Und Dietger?«, rief er. »Silvanus, bei deinem Seelenheil, was ist mit Dietger?«
    Silvanus öffnete ein letztes Mal die Augen, und Eckhard schauderte bei dem hämischen Ausdruck, den er darin sah. »Dietger«, flüsterte der Sterbende. »Der Imker? Der ist tot.«
    »Das wissen wir, aber …«
    »Lass gut sein, Bruder«, sagte Hunfried grimmig. »Das Schwein ist tot.«
    Ein gotteslästerlicher Fluch in ihrem Rücken verriet ihnen, dass Wulfhard jedes Wort mit angehört hatte. Er sah aus, als hätte er sich am liebsten auf den Toten gestürzt, aber Fridrun hielt ihn zurück. Mit sanftem Druck nahm die junge Frau seine Hand in ihre beiden Hände und hielt sie fest. Wulfhard hätte sie mit Gewalt abschütteln müssen. Stattdessen richtete er sich auf ein Knie auf, um Eckhard besser ansehen zu können. »Wenn Ihr Isentrud für seine Sünde sterben lasst, um sie für den Ehebruch büßen zu lassen, fahrt zur Hölle!«, sagte er hart. Er fasste Fridrun unter den Achseln und half ihr auf die Füße. Sie lächelte zittrig, und ihre Tränen begannen wieder zu fließen, als er sie in Geralds Arme schob. Während der Schmied schweigend das Gesicht in Fridruns zerrauften Haaren verbarg, klaubte Wulfhard ihren verdreckten Schleier aus dem Gras und reichte ihn ihr.
    Die junge Frau kicherte in einem Anflug von Hysterie und wischte sich die Wangen ab, auf denen grüne Schmutzstreifen zurückblieben. »Danke. Für den Schleier. Und für mein Leben.«
    Wulfhards Lippen verzogen sich, aber seine Augen

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