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Die Revolution der Ameisen

Die Revolution der Ameisen

Titel: Die Revolution der Ameisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Werber
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einige Sätze aus der Enzyklopädie ein. »Vorsicht vor Menschenmassen! Der Intelligenzquotient einer Menge ist niedriger als die Summe der Intelligenzquotienten der Individuen, aus denen diese Menge besteht. Für die Masse gilt nicht mehr 1 + 1 = 3, sondern l + l = 0,5.«
    Eine fliegende Ameise schwirrte dicht an Julie vorbei, und sie sah darin ein Zeichen, daß die Natur ihr beipflichtete.
    »Hier findet die Revolution der Ameisen und nur die Revolution der Ameisen statt!«
    Einen Moment herrschte Unschlüssigkeit. Julie wußte, daß die Sache auf der Kippe stand, und sie war fast schon bereit aufzugeben. Trotzdem machte sie das Siegeszeichen V, und die fliegende Ameise ließ sich unvermutet auf ihrem Zeigefinger nieder. Dieses Bild rührte alle an, die in der Nähe standen.
    Wenn sogar die Insekten zustimmten …
    »Julie hat recht. Es lebe die Revolution der Ameisen!« rief Elisabeth, die Anführerin der Amazonen vom Aikido-Club.
    »Es lebe die Revolution der Ameisen!« wiederholten die Sieben Zwerge.
    Jetzt nur nicht wieder die Zügel verlieren! Julie hob die Stimme:
    »Wo sind die Visionäre?«
    Diesmal reagierte die Menge sofort. »Wir sind die Visionäre.«
    »Wo sind die Erfinder?«
    »Wir sind die Erfinder.«
    Sie stimmte die Hymne an: Wir sind die neuen Visionäre,
    wir sind die neuen Erfinder!
    Wir sind die kleinen Ameisen, die die verrottete alte Welt zum Einsturz bringen!
    Auf diesem Gebiet konnten die Scharfmacher nicht mit ihr konkurrieren. Dazu hätten sie erst jahrelang Gesangsunterricht nehmen müssen.
    Mit einem Schlag herrschte wieder allgemeine Begeisterung, und alle schmetterten die Hymne.
    Julie hatte das Gefühl, einen Zwölftonner zu lenken. Für das kleinste Manöver brauchte man ungeheure Kraft, und man durfte die Fahrbahn keine Sekunde aus den Augen verlieren.
    Doch während es Führerscheine für das Lenken von LKW gab, hatte sie noch nichts von einem Führerschein für Revolutionen gehört.
    Vielleicht wäre es besser gewesen, im Geschichtsunterricht gut aufzupassen. Dann wüßte sie jetzt, wie ihre großen Vorgänger Trotzki, Lenin, Che Guevara und Mao sich in solchen Situationen verhalten hätten.
    Die Radikalen aus allen Lagern schnitten Grimassen, spuckten auf den Boden und fluchten leise vor sich hin, wagten aber keine lautstarken Proteste mehr, weil sie sich in der Minderheit wußten.
    »Wer sind die neuen Visionäre? Wer sind die neuen Erfinder?« wiederholte Julie, die sich an diese Sätze wie an einen Rettungsring klammerte.
    Die Menge in die richtigen Bahnen lenken, um gemeinsam etwas aufbauen zu können … Das Problem bestand nur darin, daß sie noch immer nicht wußte, was sie eigentlich aufbauen wollte.
    Plötzlich kam jemand angerannt und flüsterte ihr ins Ohr:
    »Die Bullen haben alles weiträumig abgeriegelt! Bald kommt hier keiner mehr raus.«
    Julie griff wieder zum Mikrofon. »Mir wurde soeben berichtet, daß die Polizei die ganze Umgebung abriegelt. Das heißt daß wir uns hier – im Zentrum einer modernen Stadt –
    wie auf einer einsamen Insel fühlen werden. Wer aufbrechen will, sollte es sofort tun, solange es noch möglich ist.«
    Dreihundert Personen strömten in Richtung Tor,
    hauptsächlich ältere Menschen, die befürchteten, daß ihre Familien sich Sorgen machen würden. Dieses Fest hatte ihnen viel Spaß gemacht, aber jetzt mußten sie in den Alltag zurück.
    Doch auch viele Jugendliche brachen auf, die einen, weil sie Angst vor väterlichen Strafmaßnahmen hatten, die anderen, weil sie zwar Rockmusik liebten, sich aber keinen Deut für diese Ameisenrevolution interessierten.
    Zuletzt verzogen sich auch die politischen Aktivisten, denen es nicht gelungen war, ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen.
    Das Tor wurde geöffnet. Die Polizei beobachtete tatenlos den Abzug eines Teils der Demonstranten, ohne den Versuch zu machen, das Schulgelände zu stürmen.
    »Und nun, da sich hier nur noch Menschen guten Willens befinden, beginnt das eigentliche Fest!« rief Julie.
     

118. ENZYKLOPÄDIE
     
    Utopie der amerikanischen Indianer: Die nordamerikanischen Indianer – egal ob Sioux, Cheyenne, Apachen, Navajo oder Komantschen – hatten übereinstimmende Grundsätze.
    Sie betrachteten sich als Teil der Natur, nicht als Herren der Natur. Sobald ein Stamm den Wildbestand einer Region stark dezimiert hatte, zog er weiter, damit die Tiere sich wieder vermehren konnten. Auf gar keinen Fall wollte man irgendeine Tierart ausrotten.
    Individualismus war im

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