Die Revolution der Ameisen
die Finger immer saubere Augen, ohne sie reiben oder ablecken zu müssen.
Diese komplizierten Augen können sich die anderen Ameisen beim besten Willen nicht vorstellen.
120. EINFACH VERSCHIMMELN LASSEN!
Mit weit geöffneten Augen starrten Scynthia und Marguerite Linart auf den Bildschirm. An diesem Abend hatte Scynthia die Fernbedienung in der Hand und wechselte seltener von einem Kanal in den anderen, weil sie sich für mehr Themen interessierte als ihre Tochter.
Kanal 45. Informationen. Zwillinge haben ihre eigene Sprache erfunden und weigern sich, die in der Schule gelehrte offizielle Sprache zu verwenden. Deshalb wurde beschlossen, sie zu trennen, damit sie endlich Französisch lernen. Die Gesellschaft der Kinderärzte bedauert zutiefst, daß das Kultusministerium ihr keine Zeit gelassen hat, diese spontane Sprache zu studieren, die den Zwillingen vielleicht ermöglichte, Dinge ganz anders auszudrücken.
Kanal 673. Werbung. »Essen Sie Joghurt! Essen Sie Joghurt!
ESSEN SIE JOGHURT!«
Kanal 345. Der Witz des Tages. »Ein Elefant steigt im Badeanzug aus einer Pfütze und …«
Kanal 678. Nachrichten. Innenpolitik: Die französische Regierung hat der Arbeitslosigkeit den Kampf angesagt.
Außenpolitik: Demonstration in Tibet gegen die chinesische Besatzung. Soldaten aus Peking haben friedliche Demonstranten verprügelt und Lamas gezwungen, Tiere zu töten, wodurch ihr Karma befleckt wird. Amnesty International erinnert daran, daß in Tibet wegen der zahlreichen Massaker mittlerweile mehr Chinesen als Tibetaner leben.
Kanal 622. Quiz. ›Denkfalle‹: »Wie bildet man aus sechs Streichhölzern sechs gleichgroße gleichseitige Dreiecke? Ich erinnere Sie daran, Madame Ramirez, daß Ihr Schlüsselsatz zuletzt lautete: ›Man muß nur nachdenken.‹«
Nachdem man hundert Informationsfetzen gehört hatte, begab man sich zu Tisch. Es gab Pizza aus der Tiefkühltruhe, Kabeljaufilet mit Lauch, und Joghurt als Nachtisch.
Maximilien ließ Frau und Tochter vor ihren Joghurtbechern sitzen und schloß sich unter dem Vorwand, arbeiten zu müssen, in seinem Arbeitszimmer ein.
MacYavel schlug ihm eine neue Partie Evolution vor. Mit einem kühlen Bier in Reichweite baute der Kommissar eine slawische Zivilisation auf, die ihm bis zum Jahre 1800 keine großen Probleme bereitete. Doch 1870 wurde er von der griechischen Armee geschlagen, weil die Befestigungsanlagen seiner Städte mangelhaft waren. Außerdem war die Moral seines Volkes wegen der korrupten Administration auf einem Tiefpunkt angelangt.
MacYavel warnte ihn vor Aufständen. Er sollte die Rebellion mit Polizeigewalt niederschlagen oder aber sein Volk durch komische Aufführungen ablenken. Maximilien notierte sich, daß Komiker einen Beitrag zur Rettung einer bedrohten Zivilisation leisten konnten und fügte hinzu: »Humor und Witze haben also nicht nur eine kurzfristige therapeutische Wirkung!« Jetzt bedauerte er, sich den Witz des Tages über den Elefanten im Badeanzug nicht angehört zu haben.
Der Computer machte ihm jedoch klar, daß Komiker ein deprimiertes Volk zwar aufheitern könnten, daß sie aber auch den Respekt vor den Herrschenden untergrüben. Das Volk amüsiere sich nämlich am meisten über Witze auf Kosten der Machthaber.
Auch das schrieb Maximilien auf.
Ferner wies MacYavel ihn darauf hin, daß er unbedingt lernen müsse, feindliche Festungen zu belagern, weil er ohne Katapulte und Panzer bei der Erstürmung der Mauern zu viele Soldaten verliere.
»Du machst einen zerstreuten Eindruck«, fügte der Computer hinzu. »Bereitet dir diese Pyramide im Wald immer noch Kopfzerbrechen?«
Maximilien staunte wie immer über die Fähigkeit dieser Maschine, sich als Gesprächspartner zu präsentieren.
»Nein, diesmal ist es eine Revolte im Gymnasium, die mir Sorgen macht«, erwiderte er spontan.
»Möchtest du mit mir darüber reden?« fragte MacYavels Auge, das den ganzen Bildschirm ausfüllte, um seine Aufmerksamkeit zu demonstrieren.
Maximilien kratzte sich nachdenklich am Kinn. »Es ist komisch – mein Problem im wirklichen Leben ist ähnlicher Natur wie das in Evolution. Es geht auch hierbei sozusagen um die Belagerung einer Festung.«
Maximilien schilderte die Situation, und der Computer schlug ihm vor, sich über die Belagerungstaktiken im Mittelalter zu informieren. Mit Hilfe seines Modems konnte das Gerät historische Enzyklopädien in der Datenbank abfragen und dem Kommissar Bilder und Texte liefern.
Zu seiner großen
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