Die Riesin Arachna
in einer Art künstlichen Glocke. Allerdings müssen wir das Rad rund um die Uhr in schneller Bewegung halten, damit wir einen starken Wasserdruck erzeugen. Nur so können wir den Nebel abhalten.«
Der Älteste legte eine Pause ein. Als er sah, daß ihm die Leute aufmerksam zuhörten, fuhr er fort:
»Die Sache ist nicht leicht, hat aber einen zweiten Vorteil. Wir werden nicht jeder für sich, sondern alle beisammen sein. Gemeinsam werden wir uns an die Arbeit machen, statt angstvoll abzuwarten. Denn glaubt mir, meine Freunde, aus langjähriger Lebenserfahrung weiß ich, daß es nichts Qualvolleres gibt, als in Augenblicken der Gefahr müßig herumzusitzen und die Hände in den Schoß zu legen.«
Mit seiner entschlossenen Rede hatte Antreno die Zwerge überzeugt. Mehr noch, sie hielten es für richtig, auch die Bewohner der Steinsiedlung zu benachrichtigen und ihnen anzubieten, mit in die Wassermühle zu kommen. Ihre Häuser würden dem Gelben Nebel bestimmt ebensowenig standhalten.
Aus diesem Grund war Antreno zu Kastao und den Tau geeilt, legte ihnen in der gebotenen Kürze die Dinge dar. Nein, wenn sie die Wassermühle wieder in Betrieb nahmen, taten sie es bestimmt nicht aus Feigheit oder Verrat an ihrer gemeinsamen Sache. Es war vielmehr die einzige Möglichkeit, den Kampf fortzuführen und vielleicht sogar zu siegen.
Die Tau begriffen sofort, und bereits eine Stunde später setzte sich aus der Steinsiedlung ein langer Treck in Richtung Wassermühle in Marsch. Er bestand aus Fuhrwerken, voll beladen mit dem Hab und Gut der Zwerge und natürlich aus den Bewohnern der Dörfer selbst.
Den Schluß bildete der alte Kastao. Zum erstenmal, seit er sich erinnern konnte, ja zum erstenmal in der Geschichte seines Volkes, lag die Siedlung völlig ausgestorben da. Nur die gelbe Fahne wehte noch über seinem Haus, doch als er sich dann ein letztes Mal umschaute, war sie schon nicht mehr zu sehen. Die Siedlung war bereits vom Gelben Nebel erfaßt und die Fahne in diesem Gewaber verschwunden.
Viel Zeit blieb den Zwergen nicht für ihren Umzug, und während die einen noch beim Einräumen waren, verlegten die anderen schon Rohre, setzten dritte das Mühlrad in Gang. Wie geplant, wurde das Wasser nun nicht mehr in die Schlucht geleitet, sondern aufs Mühlendach, von wo es nach allen Seiten herabströmte und einen undurchdringlichen Vorhang gegen den erstickenden Nebel bildete.
Antreno selbst ging mehrmals prüfend um die Mühle herum, überzeugte sich, daß es keine Lücken in den Wasserwänden gab. Die Geschichte funktionierte! Die giftigen Schwaden konnten ihnen nichts mehr anhaben. Sie saßen geschützt, wie hinter kräftig herabstürzenden Wasserfällen.
Im Innern der Mühle wurde unterdessen emsig gezimmert und gebaut. Man hörte das Kreischen der Sägen und das Klopfen der Hämmer, die Räume wurden wohnlich hergerichtet. Die Frauen kümmerten sich ums Essen und um die Kinder, die ihnen ständig zwischen den Beinen herumquirlten, helfen oder nur spielen wollten.
Kastao und Antreno aber hatten sich in ein kleines Zimmer zurückgezogen. Sie sprachen über Arkado. Beide bedauerten schon, daß sie den tapferen Jäger hatten allein in die Steppe ziehen lassen. Selbst wenn es ihm gelungen war, eine Stelle zu finden, wo ihm der Gelbe Nebel nichts anhaben konnte – wie sollte er jemals zurückkommen?
Gewiß, Arkado kannte die Gegend wie seine Westentasche, er würde nicht gleich zugrundegehen. Doch was, wenn er sein Leben aufs Spiel setzte, um die Zwerge zu retten? Sie kannten ihn, er würde keine Gefahr scheuen und ihnen auf schnellstem Wege zu Hilfe eilen. Wie leicht konnte er sich dann trotz seiner Wegekenntnis verirren und ersticken.
Falls Arkado aber überlebte, käme er gewiß zur Steinsiedlung zurück, von der er aufgebrochen war. Das Dorf jedoch war von seinen Bewohnern überstürzt verlassen worden, erinnerte an einen zerstörten Ameisenhaufen. Bestimmt würde der Jäger daraus schließen, daß Karena über die Tau hergefallen war und sie alle verschleppt hatte! Deshalb würde er entweder zum Schloß der Riesin aufbrechen oder aber zur Wassersiedlung laufen. Im ersten Fall würde er wahrscheinlich in die Fänge der Riesin geraten, im zweiten das Quietschen des Mühlrades vernehmen. Diese zweite Möglichkeit war freilich immer noch die bessere, selbst wenn Arkado dann zu dem Schluß kam, die stolzen Reker hätten sich ergeben.
ARACHNA ERWACHT
Der Jäger Arkado war zunächst in Richtung Schloß geeilt. Der
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