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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Gesicht neben mir. Das Messer, das ihn soeben getroffen haben musste, lag zu seinen Füßen am Boden.
    Von einem Spiel konnte nun keine Rede mehr sein. Das hier war alles echt: die Freunde und das Meer, die Feinde und die Burgen. Und die Wahl war ganz einfach: wir oder die anderen! Ich sprang nach vorn und wehrte, ungelenk, aber verbissen kämpfend, zahlreiche Angreifer ab, deren Hiebe klirrend in meine gezückte Klinge rasselten. Als sich gleich drei auf einmal im Wechsel auf mich stürzten, alle älter und stärker als ich, sprang mir Tolik zur Seite. Mit vereinten Kräften wehrten wir den Ansturm ab und gingen unsererseits zum Angriff über.
    Da zogen die Feinde sich zurück. Ich glaube nicht, dass das unbedingt mein Verdienst war. Es kam einfach alles zusammen: Das lange, vergebliche Anrennen, das plötzliche Auftauchen von Maljok und mir, der schreckliche Tod ihres Gefährten und am Ende vielleicht auch meine ungeschickten, jedoch von Angst und Verzweiflung befeuerten Schläge. Manchmal ergibt es sich eben so, dass derjenige, der zu spät zur Schlacht erscheint, die Lorbeeren einheimst.
    Als wir den geflüchteten Feinden mehr der Form halber nachsetzten, überholte ich Tolik, Janusch und Chris und lief, von unserem Erfolg beflügelt, ein Stück vorneweg. Plötzlich erblickte ich von Weitem einen feindlichen Kämpfer, der zurückgeblieben war.
    Als Erstes stach mir in die Augen, dass er sehr hellhäutig
war, lange nicht so braun gebrannt wie die Übrigen. Zudem hatte er viel ordentlicher geschnittenes, wenn auch langes Haar. Als ich noch näher herangekommen war, stellte ich schockiert fest, dass mein Gegenüber ein Mädchen war! Ich ließ das Schwert sinken. Ob ich in dieser Situation tatsächlich auf einen Jungen eingeschlagen hätte, vermag ich nicht zu sagen, selbst nach alle dem, was auf der Brücke geschehen war. Gegen dieses Mädchen jedoch konnte ich unmöglich die Hand erheben.
    Mit am Gürtel baumelndem Schwert, den Blick fest auf mich gerichtet, stand sie einfach nur da und machte keinerlei Anstalten, vor mir wegzulaufen. Ihre Kleidung fügte sich in das auf den Inseln übliche Bild: Die Jeans war kurz unterhalb der Knie abgeschnitten, die Bluse hatte sie über dem Bauch verknotet, und die Haare wurden mit einem breiten schwarzen Stirnband zurückgehalten. Dennoch kam sie mir irgendwie bekannt vor - bekannt aus meinem alten, irdischen Leben, dem ich ja erst gestern mit dem Klacken eines Fotoapparats so jäh entrissen worden war.
    Das Mädchen verharrte reglos und blickte mir in die Augen. Jetzt erkannte ich sie.
    »Inga«, hauchte ich mit versagender Stimme.
    Das war noch unglaublicher als alles, was bis jetzt passiert war, noch viel verrückter als die Außerirdischen und das Große Spiel. Das konnte einfach nicht wahr sein! Erst vor zwei Tagen war ich Inga begegnet. Sicher, man kann sich in wenigen Tagen sehr verändern, kann ein wenig Farbe annehmen, wenn nötig auch seine Kleidung durchscheuern und irgendetwas an der Frisur verändern, sodass die Haare länger scheinen. Aber die Augen und der Gesichtsausdruck - die verändern sich nicht so schnell!
Doch Inga sah in diesem Moment viel älter aus als noch vor Kurzem. Wahrscheinlich hatte ich sie deswegen auch nicht sofort erkannt.
    »Pst«, flüsterte Inga verschwörerisch. »Komm heute Nacht hierher auf die Brücke. Und erzähle niemandem etwas von mir.« Dann wandte sie sich um und rannte ihren Gefährten hinterher.
     
    Maljoks Verwundung war nicht allzu tragisch. Er behauptete, keine Schmerzen zu haben, obwohl niemandem entgehen konnte, dass ihm die Tränen in den Augen standen. Chris und Janusch blieben auf der Brücke, während Tolik und ich Maljok zur Burg zurückbrachten.
    Unterwegs erzählte mir Tolik von Janusch. Der polnische Junge war erst seit etwa einem Monat auf der Insel. Alle bemühten sich, ihm Russisch beizubringen, bislang jedoch mit eher bescheidenem Erfolg. Prustend vor Lachen, gab Tolik einige urkomische Wörter zum Besten, die Janusch beim Versuch, Russisch zu sprechen, völlig verunstaltet hatte. Ich fand Toliks Benehmen, vorsichtig ausgedrückt, unsensibel. Eben noch hatten wir mit angesehen, wie ein Junge von der Nachbarinsel umgekommen war, hatten einen Kampf auf Leben und Tod geführt, und er lachte schon wieder. Doch selbst Maljok kicherte, obwohl er dabei vor Schmerz zusammenzuckte. Mir gingen die Bilder von dem ins Meer stürzenden Jungen nicht aus dem Kopf, ebenso wenig wie das von Inga, wie sie so reglos vor mir

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