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Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov

Titel: Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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abzuwehren. Aber er versuchte das auch gar nicht, sondern wich einfach aus. Bereits zwei oder drei Mal war das gegnerische Schwert genau an der Stelle in den aufspritzenden Marmor gekracht, wo Maljok kurz zuvor noch gestanden hatte. Mit wieselflinken Bewegungen entwischte er den auf ihn niederzischenden Klingen im letzten Moment.

    Janusch, das Schwert noch immer in der Linken, orientierte sich wieder nach vorn. Indessen ging ich zu Tolik hinüber, der mir gelassen zunickte. Er wunderte sich weder darüber, dass ich hier war, noch darüber, dass ich mich nicht gleich in den Kampf stürzte. Noch immer hielt er die Hand gegen den Bauch gepresst, und dunkelrotes Blut tropfte von seinen Fingern auf den Boden. Auf seiner ramponierten kurzen Jeans fraßen sich rote Flecken durch den Stoff, und an seinen Beinen erstarrten dünne Rinnsale trocknenden Bluts.
    »Hat’s dich schlimm erwischt?«, fragte ich mit stockender Stimme, obwohl mir klar war, dass er kaum so seelenruhig dagestanden hätte, wenn die Wunde wirklich ernst gewesen wäre.
    Tolik mochte etwa in meinem Alter sein. Gestern war er mir gleich aufgefallen, da er als einziger Junge auf der Insel weißblonde Haare hatte. Auch seine Augenbrauen waren fast völlig weiß. Sein Gesicht war von Schrammen übersät und trotz der Sonnenbräune kreidebleich.
    »Sind nur ein paar Kratzer«, sagte er heiser und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Nur Durst habe ich. Habt ihr kein Wasser mitgebracht?«
    »Nein.«
    »Schade. Sieh nur, wie Maljok die Feinde aufmischt!«
    Maljoks Kampfkunst war in der Tat eine Augenweide. Nicht nur er selbst war klein, auch sein Schwert wirkte im Vergleich zu den übrigen geradezu mickrig. Dennoch wich gerade ein riesiger Kerl vor ihm zurück, fuchtelte hilflos mit seinem furchterregenden Krummsäbel, während Maljok vor ihm hin und her flitzte und mit ansatzlosen Hieben auf seine Beine zielte.
    »Jetzt schlagen wir sie zurück. Er ist wirklich Gold wert,
unser Maljok«, sagte Tolik zärtlich wie über einen kleinen Bruder. »Willst du’s nicht auch mal versuchen?«, fragte er dann, sich zu mir umwendend.
    Ich schüttelte heftig den Kopf, denn erneut durchfuhr mich der lähmende Gedanke: Wir sind doch keine Soldaten!
    Tolik nickte mir verständnisvoll zu. »Am Anfang ist es immer schwierig. Aber das wird schon, du gewöhnst dich dran.«
    Mich an so etwas zu gewöhnen, lag mir allerdings völlig fern. Während ich den Jungen zusah, die da wenige Schritte von mir entfernt verbissen gegeneinander kämpften, ergriff eine bleischwere Hoffnungslosigkeit von mir Besitz.
    »Tolik, was soll denn das Ganze?«, rief ich. »Wir haben doch nur Holzschwerter, und …«
    »Das ist nur eine optische Täuschung, dass sie aus Holz sind«, unterbrach er mich. »Für die anderen von der Nr. 24 sieht es genau andersherum aus.«
    »Was?« Ich würgte an einem gewaltigen Klumpen im Hals. »Dann tötet ihr also tatsächlich?«
    Tolik schaute mich nur betreten an und sagte nichts. Es war auch so völlig klar.
    Der Angriff der gegnerischen Insel hatte inzwischen deutlich an Schwung verloren. Die Verteidigung der Brücken schien mir gar nicht so schwierig zu sein. Man brauchte nur genug Leute, um erschöpfte oder verwundete Kämpfer schnell ablösen zu können, dann würde es nie im Leben jemand schaffen, unsere Insel zu erobern.
    Andererseits würden auch wir es nicht schaffen, eine andere Insel zu erobern!
    Chris kam zu uns herüber und klopfte mir mit vor Erschöpfung
zitternder Hand auf die Schulter. Er war völlig geschafft, hatte aber im Gefecht keinen einzigen Kratzer abbekommen.
    »Klasse, dass du gekommen bist«, sagte er, noch heftig keuchend. »Willst du’s auch mal versuchen?«
    »Keine Lust«, brummte ich mit finsterer Miene.
    Knallgelb wie eine überreife Zitrone brannte die Sonne am Himmel. Irgendwo ganz weit unten glitzerten die Gischtkämme ein paar kleiner, harmloser Wellen. In der Ferne lagen andere Inseln wie bunte Flecken im Meer verstreut. Und wie schwerelose Spinnweben spannten sich die Brücken zwischen den Inseln und formten ein hübsches Muster.
    »Chris, es bräuchte ein Wunder, um auch nur eine einzige Insel zu erobern. Niemand wird jemals alle vierzig Inseln erobern können«, sagte ich deprimiert.
    Chris schaute mir in die Augen. »Zieh keine vorschnellen Schlüsse. Wir reden darüber, wenn wir zurück in der Burg sind«, sagte er mit sanfter Stimme, wobei sich sein englischer Akzent stärker als sonst bemerkbar machte.
    Maljok und

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