Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
Nr. 24 getötet worden war, und Arnold von der Nr. 12 hatte er eigenhändig erstochen. Nicht aus Grausamkeit und auch nicht, weil sie ihm in irgendeiner Weise im Weg gewesen wären, sondern allein aus dem Grund, weil es ihm befohlen worden war. Gäbe es das fatale Zusammenwirken von Befehl und Gehorsam nicht, hätten die Schurken auf der ganzen Welt nicht viel zu lachen.
Warum die Außerirdischen sich so brennend für mein nächtliches Treffen mit einem der Feinde interessierten, wusste Maljok nicht. Jedenfalls hatte er seinen Auftraggebern pflichtschuldig berichtet, für welche Brücke ich vorgesehen war.
Nachdem der darauffolgende Angriff nicht das gewünschte Ergebnis gebracht hatte, wurde Maljok mit einem Stromstoß bestraft, wie immer, wenn seine Auftraggeber mit seiner Arbeit nicht zufrieden waren. Dafür
versprachen sie ihm hoch und heilig, dass, wenn es ihm gelänge, den geheimnisvollen Gesprächspartner von Dima ausfindig zu machen, dies sein letzter Auftrag gewesen sein würde.
Maljok begann erneut zu weinen. »Ich könnte längst zu Hause bei Mama und Papa sein«, schluchzte er.
»Oooh«, machte Chris und schüttelte mitleidig den Kopf. »Was sind wir nur für gemeine Scheusale? Haben wir verhindert, dass der kleine Maljok zu seiner Mama zurückkommt? Und was glaubst du, wäre mit Dima und Inga passiert, wenn wir dich nicht aufgehalten hätten?«
»Weiß ich doch nicht.«
»Du weißt es sehr wohl! Wie stellst du die Verbindung zu deinen Herren her?«
»Man presst einfach die Hände gegen die Marmortafel im Keller.«
»Wie können sie uns noch überwachen?«
»In der Burg überhaupt nicht. Sie wissen nur das, was ich ihnen berichte. Auf der Insel und auf den Brücken dagegen können sie selbst alles sehen, zumindest solange es hell ist.«
Es entstand eine kleine Pause. Tolik massierte sich das Kinn und sah Maljok misstrauisch an.
»Ich glaube, er lügt«, brummte Chris, in dessen Stirn sich zwei tiefe Furchen gegraben hatten.
»Nein, ich denke, es stimmt, was er sagt«, mischte ich mich ein. »Aus seinem Gespräch mit den Außerirdischen habe ich herausgehört, dass sie uns in der Burg nicht überwachen können.«
»Was machen wir mit ihm? Dima, Timur, Tolik«, sagte Chris und sah uns einen nach dem anderen eindringlich an.
Niemand sagte ein Wort.
Chris presste die Lippen zusammen. »Gut, dann werde ich entscheiden.«
Maljok sackte zusammen.
»Du wirst zum Tod verurteilt«, verkündete Chris. »Die Vollstreckung wird auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Timur!«
Timur stand auf und griff sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Wunde.
»Sperr ihn in dem Kerker unter dem Wachturm ein, in den mit der Eisentür und dem dicken Gitter im Fenster, du weißt schon. Danach kommst du sofort zurück.«
»Meinst du nicht, dass er türmt?«, fragte Sershan nachdenklich.
»Ausgeschlossen«, erwiderte Chris. »Ich hab dort selbst mal gesessen, vor fünf Jahren. Weißt du noch, Tim?«
»Klar«, entgegnete Timur mit breitem Grinsen und wandte sich Maljok zu. »Steh auf!«
Widerwillig erhob sich Maljok. Timur bugsierte ihn unsanft durch die Tür und ging mit ihm hinaus.
»Und jetzt«, sagte Chris mit einem Seufzer der Erleichterung, »überlegen wir uns, was zu tun ist.«
Erst gegen halb vier Uhr morgens gingen wir auseinander. Timur und Janusch löschten noch die Fackeln, während der Rest sich schnurstracks in die Kammern verzog. Angesichts der bevorstehenden Wache auf den Brücken schien es ratsam, wenigstens noch etwas zu schlafen.
Todmüde tastete ich mich im finsteren Gang an der Wand entlang, bis ich endlich die Tür zu meiner Kammer fand. Von nun an würde ich allein wohnen, was immer noch besser war, als die Nächte direkt neben einem
wachsamen Feind zu verbringen. Der rechte Burgflügel, in dem sich meine Kammer befand, war nun völlig verwaist. In den anderen beiden Räumen auf dieser Seite hatten die Jungen gewohnt, die beim Kampf auf der Ostbrücke gestorben waren - an meiner statt.
»Dima!«, rief jemand aus der Dunkelheit, als ich die Türklinke drückte.
Erschrocken fuhr ich herum, doch es war so finster im Gang, dass ich niemanden sehen konnte.
»Ihr habt euch so lange beratschlagt, dass ich hier fast im Stehen eingeschlafen wäre.«
»Warum bist du nicht in meine Kammer gegangen?«, fragte ich verwirrt.
Inga schwieg. Für einen Augenblick, der kein Ende zu nehmen schien, war nur das gleichmäßige Rauschen des Meeres vor den Burgmauern zu hören. Es war eine pechschwarze Nacht,
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