Die Ritter der vierzig Inseln - Rycari Soroka Ostrovov
euch das an! Hat er doch glatt in zwei Minuten den halben Gürtel durchgebissen!«
»Du Schuft!«, krähte Maljok mit tränenerstickter Stimme. »Dabei habe ich dich verschont, ich habe denen nie erzählt, dass du …«
Klatschend schlug ihm Chris mit der flachen Hand ins Gesicht. »Und du wirst ihnen auch nichts erzählen! Damit ist es jetzt endgültig vorbei. Ich bin der Meinung, dass er sich verraten hat. Was meint ihr dazu?«
»Schlag ihn nicht, Chris!«, bat Timur.
»Ich fürchte, wir haben keine andere Wahl, Tim. Er muss uns erzählen, was er weiß, und ich habe nicht den Eindruck, dass er freiwillig den Mund aufmacht.«
»Ich sage überhaupt nichts, kein Wort!«,giftete Maljok.
»Wir bringen dich schon zum Sprechen«, drohte Chris. »Rita, Inga, ihr verlasst den Raum. Und nehmt Ilja mit.«
»Warum?«, empörte sich Ilja.
»Du bist noch zu jung, um so was mit anzusehen. Und für Mädchen ist das auch nichts.«
Chris wandte sich Tom zu, der die Geschehnisse mit verständnislosem Gesichtsausdruck verfolgt hatte, und sagte ihm etwas auf Englisch. Tom nickte und trottete hinter Ilja her aus dem Saal.
»Nimm Tom mit auf deine Kammer!«, rief Chris Ilja hinterher. »Ihr anderen könnt hierbleiben.«
»Sorry, Chris, aber ich werde mich auch besser verziehen«, sagte plötzlich Meloman, schaltete seinen Disc-Man aus und wickelte sorgfältig die Kabel seines Kopfhörers auf. »Er hat sich verraten, das stimmt. Aber ich fürchte, ich bin schon zu alt, um mit anzusehen, was hier gleich geschehen wird.«
Chris nickte etwas erstaunt und wandte sich dann wieder Maljok zu. »Also, was ist, redest du?«
Maljok schüttelte den Kopf und sah Chris angsterfüllt an.
»Wie du willst.«
»Das wirst du nicht wagen!«
»Werde ich doch«, erwiderte Chris und zog sein Schwert.
Maljok starrte die Klinge an und drehte sich entsetzt weg. Für ihn sah das Schwert wohl echt aus.
»Siehst du, ich mache ernst. Kann sein, dass ich mich hinterher selbst dafür hassen werde, aber jetzt denke ich mal ganz fest an meine toten Gefährten, an Kostja … an Igor …«
Die Klinge näherte sich Maljoks Gesicht. Unwillkürlich schloss ich die Augen, dann hörte ich Maljok vor Schmerz aufquieken.
»Hör auf, ich sag alles … alles«, winselte er.
Als ich die Augen wieder aufmachte, klaffte auf Maljoks Wange ein langer, aber harmloser Riss.
»Na also, ich verlass mich drauf«, sagte Chris und legte sein Schwert zur Seite. »Dann leg mal los.«
Entweder hatte Maljok nicht allzu viel mitbekommen, oder er erzählte einfach nicht alles, was er wusste.
Angeworben wurde er bereits einen Monat nach seiner Ankunft auf der Insel als Siebenjähriger, als er sich eines Nachts aus purer Langeweile und jugendlicher Abenteuerlust zu einem Ausflug in die nähere Umgebung der Burg aufmachte. Unterwegs verlor er plötzlich das Bewusstsein und kam in einem Raum mit »runden grauen Wänden« wieder zu sich.
Eine körperlose, nicht menschlich klingende Stimme fragte ihn, ob er bereit sei, über alle Vorgänge auf der Insel Bericht zu erstatten, und versprach ihm im Gegenzug, dass er wieder nach Hause zurückdürfe, wenn er seine Aufgabe »zur Zufriedenheit erledigen würde«. Natürlich konnte es nur eine Antwort darauf geben, und Maljok strengte sich an, alles richtig zu machen.
Der Junge hatte seine Auftraggeber nie zu Gesicht bekommen. Er kannte nur ihre immer gleich klingenden Stimmen, die zunächst aus den grauen Wänden des Raums ertönten, in dem er für mehrere Stunden festgehalten wurde, und später aus der »Steintafel«, die als Sprechanlage diente.
Mittels einer Spezialbehandlung, von der er selbst
gar nichts mitbekam, verliehen ihm die Außerirdischen außergewöhnliche Geschicklichkeit und perfekte Technik im Schwertkampf und verhinderten so, dass ihr wertvoller Spion selbst in Gefahr geriet. Für Feinde, die ihm auf seiner eigenen Insel erwachsen sollten, war eine im wahrsten Sinn des Wortes todsichere Maßnahme vorgesehen: Er musste nur Meldung machen, wer ihm auf welche Weise im Weg war und für welche Brücke man ihn eingeteilt hatte. Den Rest erledigten die »Feinde« von der anderen Insel. Die Angriffe wurden höchstwahrscheinlich von ebensolchen »Beobachtern« eingefädelt, wie Maljok einer war. Denn auch Maljok beteiligte sich daran, Jungen von den Nachbarinseln zu beseitigen, wenn durch die Außerirdischen entsprechende Befehle ergingen. Zum Beispiel hatte er das Gefecht inszeniert, in dessen Verlauf Raul von der Insel
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