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Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition)

Titel: Die Romantherapie: 253 Bücher für ein besseres Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Berthoud
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Zuspruch spenden kann.
    Falls Sie sich im Verdacht haben, Ihren Verlust zu verdrängen – was oft als Weg des Körpers gesehen wird, um massive Trauerattacken mittels Taubheit und Schock abzuwehren –, dann lesen Sie Tiffany Murrays Lieber Gott und Otis Redding . Der Roman spielt auf einer Farm in Wales, die zugleich als Tonstudio fungiert, und erzählt die Geschichte von Ivan und Dolly, einem sehr verliebten Paar, das dort zusammen arbeitet, unterstützt von seinen Kindern. Als Dollys früher Krebstod der Idylle ein jähes Ende setzt, beschließt Ivan, sich mit einem ›Tropfen‹ von Dolly in einer Phiole um seinen Hals auf die Reise zu machen und Dolly so all diejenigen Orte zu zeigen, die sie der vielen Arbeit wegen nie besuchen konnte. Die Postkarten, die er seiner Tochter Halo und der weiteren Familie – Großmutter, Pferd, und den Geistern unter dem Tisch – schreibt, sind alle im Präsens verfasst und von beiden, Ivan und Dolly, unterschrieben. 356 Spricht daraus Ivans Leugnung von Dollys Tod? Oder hat er einfach eine andere Form gefunden, die glückliche Beziehung mit Dolly fortzuführen? Wie auch immer Sie es sehen: Dieser Roman erlaubt Ihnen, sich ganz ähnlich in Ihren Kokon zurückzuziehen. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie es erst mal nicht schaffen, wieder aus ihm herauszukriechen; Ihr Körper wird ihn abstreifen, wenn er so weit ist.
    Sollte in Ihnen der Zorn über den Verlust überwiegen, dann ist es wichtig, diesem Zorn Luft zu machen, und dafür gibt es kein besseres Vorbild als Lieber Osama , Chris Cleaves herzergreifenden Angst- und Wutschrei einer Frau, die bei einem fiktiven Terroranschlag auf das Wembley-Stadion ihren Mann und ihren kleinen Sohn verloren hat. In einem Brief an Osama bin Laden – der mutmaßlich hinter dem Angriff steckt – hofft die Erzählerin, Osama ihren kleinen Sohn verstehen und lieben zu lehren, so dass er nie wieder einen Menschen töten wird. »… schreiben tue ich dir von der großen Leere, mit der ich plötzlich zurechtkommen musste, als du mir meinen Jungen genommen hast … damit du in mein leeres Leben schauen und erfahren kannst, was so ein Junge wirklich ist, allein von dem tiefen Loch her, das er hinterlässt«, so schreibt sie. Ihre Stimme ist so unvergesslich wie ihre Botschaft, denn ihre ungeschliffene Sprache – voll grammatischer Fehler, plumper, umgangssprachlicher Ausdrücke und plakativer Phrasen – zeigt eine Frau, die sich nicht länger um Nebensächlichkeiten schert. Sie habe es nicht so mit Worten, erklärt sie Osama – aber die, die sie hat, hauen gehörig rein.
    Völlig angstfrei und zunehmend wütender bei der Vorstellung, wie ihr kleiner Junge im Wembley-Stadion nach seiner Mama ruft, lässt sie Dampf ab, bis sie zusammenbricht. Doch am Ende wird deutlich, wie wichtig dieses Dampfablassen war. Ihr eigener Zorn mag Ihnen endlos erscheinen – und das sollte er auch, denn er ist Ihre umgewandelte Liebe. Aber er kann sich nur auflösen, wenn Sie ihm Luft machen. Es wird seine Zeit brauchen, bis Ihnen das gelingt.
    Es ist nicht ungewöhnlich, wenn jemand, der unter akuter Trauer leidet, anfängt, mit sich selbst oder dem Schicksal 357 zu verhandeln. Wenn wir nur die richtige Antwort auf dieses oder jenes finden könnten, so glauben wir, dann würde der Schmerz weggehen. Besonders Kinder neigen zu dieser Methode, wie die Suche des neunjährigen Oskar Schell in Extrem laut und unglaublich nah von Jonathan Safran Foer zeigt. In einer Vase im Schrank seines Vaters, der bei den Terroranschlägen des 11. September ums Leben gekommen ist, findet Oskar einen Umschlag mit einem kleinen Schlüssel. Auf dem Umschlag steht »Black«, sonst nichts. Oskar ist davon überzeugt, dass er, wenn er das Schloss zu dem Schlüssel fände, etwas darüber erfahren würde, was mit seinem Vater geschehen ist, und so macht er sich auf, alle Blacks aufzusuchen, die im New Yorker Telefonbuch stehen.
    Die Suche entpuppt sich bald als fruchtloses Unterfangen – doch Oskar findet dabei etwas sehr viel Wertvolleres, ein Kapitel aus dem Leben seiner Großeltern nämlich, lange bevor er geboren wurde, das sein Verständnis von Leid und Verlust nachhaltig prägen wird; und er entdeckt – in einer Wendung, die Ihnen das Herz wieder erwärmen wird – sein Bedürfnis nach seiner vom Kummer gebeugten, ihn liebenden Mutter, die ihm helfen wird, diesen schrecklichen Verlust zu verwinden.
    Das Stadium aber, vor dem wir alle uns wohl am meisten fürchten, ist die Depression.

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