Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Händen Khardan das schwarze Gewand vom Körper zog. Ohne seine Arbeit zu unterbrechen und ohne die Soldaten aus den Augen zu lassen, deutete Mathew mit dem Kopf zu der bewußtlosen Meryem hin.
Zu seiner Überraschung hörte er Zohra in sich hineinlachen – ein tief aus dem Hals dringendes Geräusch, das eher an das Schnurren einer riesigen Katze als an ein Lachen erinnerte. Offensichtlich fand sein Plan ihre Zustimmung.
Mathew und Zohra verhüllten Khardans blutgetränkten Waffenrock und seine Hose mit der faltenreichen, rosafarbenen Seide, wobei sie von den niedrig durch das Lager ziehenden Rauchwolken verborgen wurden. Zohra vermied es, den hellglühenden Silberschild an Khardans Hals zu berühren, wickelte Meryems Schleier um seinen Kopf und zog ihn über Mund und Nase, um den Bart zu verbergen. Während Zohra damit beschäftigt war, durchsuchte Mathew eilig Meryems bewußtlosen, halbnackten Körper, nahm alles an sich, was magische Bedeutung haben konnte, und verstaute es eilig in den Falten seines Gewands. Zuletzt hob er den ihrer Hand entglittenen Zauberstab auf, der nun nicht mehr leuchtete. Mit größter Behutsamkeit ging er mit dem Stab um und wickelte ihn sorgfältig in ein abgerissenes Stück Stoff, bevor er ihn in einen der Beutel verstaute und sich an den Gürtel hängte.
Khardan war schwer wie ein Leichnam, als sie ihn hochzogen und in ihre Mitte nahmen; seine Arme hingen über ihren Schultern, und seine Füße schleiften über den Boden. Mathew strauchelte unter der Last. »So können wir ihn nicht weit tragen!« stöhnte er.
»Das werden wir auch nicht müssen!« gab Zohra zurück, die in dem dichten Rauch hustete. »Wir werden uns in der Oase verstecken, bis die Soldaten abgezogen sind. Dann können wir in das Lager zurückkehren.«
Mathew war sich nicht sicher, ob er überhaupt zurückkehren wollte, nicht bevor er wußte, ob der weiße Palankin Wirklichkeit oder nur Einbildung gewesen war. Doch ihm fehlte der Atem, um darüber zu streiten. Zohra und er hielten sich möglichst in den Schatten, als sie Khardan durch das Lager schleppten. Wo das Licht der brennenden Fackeln nicht zu umgehen war, zogen sie ihre Schleier enger um die Köpfe.
Als sie gerade ein brennendes Zelt umrundeten, standen sie plötzlich einem Soldaten gegenüber, der sie durch den Qualm anstarrte.
»Heh, ihr Frauen! Haltet an!«
»Tu so, als wenn du ihn nicht hörst!« zischte Zohra. Mit gesenkten Köpfen setzten sie ihren Weg fort und schleppten Khardan weiter.
»Du Hund! Wohin willst du abhauen?« ertönte eine barsche Stimme. »Du versuchst dich wohl vor der Arbeit zu drücken?«
»Hauptmann! Schau doch, ein paar Frauen versuchen, sich davonzumachen!«
Das ist wohl das Ende, dachte Mathew. Unter Khardans Gewicht gebeugt, durchzog ein reißender Schmerz seine Schultern. Der Rauch der Feuer und der Schleier vor seinem Gesicht drohten ihn zu ersticken. Er befand sich am Rande totaler Erschöpfung, und es bedurfte großer willentlicher Anstrengung, auch nur einen Fuß vor den anderen zu setzen. Ja, das war bestimmt ihr Ende. Voll düsterer Ahnung wartete er auf den Befehl…
Doch der Hauptmann, der gerade damit beschäftigt war, einen Haufen Seidenkissen in Brand zu setzen, schaute nur kurz den fliehenden Frauen hinterher und warf seinem Soldaten einen angewiderten Blick zu.
»Schau sie dir doch an! Bucklige, kranke, alte Vetteln. Wenn du schon unbedingt riskieren mußt, in einen Eunuchen verwandelt zu werden, dann nimm dir doch eins von den jungen, hübschen Mädchen, die wir erbeutet haben! Und nun scher dich zurück auf deinen Posten!«
Mathew tauschte mit Zohra einen Blick der Erleichterung und sah, wie ihre Augen, in denen sich die Flammen des brennenden Lagers spiegelten, ihn in müdem Triumph anlächelten.
»Wir haben es geschafft, Mat-hew!« flüsterte sie.
Der junge Hexer konnte nicht antworten; ihm fehlte einfach die Kraft dazu. Sie hatten beinahe den Rand des Lagers erreicht. Noch ein paar Schritte weiter, und sie standen mitten im hohen Gras mit den Doldenköpfen, das dicht um das Wasser herum wuchs. Mathew und Zohra legten Khardans bewußtlosen Körper vorsichtig auf dem feuchten Boden ab und ließen sich einfach zur Seite fallen, denn sie waren viel zu erschöpft, um weiterzugehen.
Ins Gras gekauert und vor Blicken aus dem Lager verborgen, mochten sie sich vor Angst nicht bewegen, mochten nicht sprechen, ja, sie konnten vor Furcht beinahe nicht einmal atmen. Die Soldaten schienen sich noch
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