Die Rose von Angelâme (German Edition)
gekommen ist“, erinnerte er sie. „Vor einhundertfünfzig Jahren saß an Ihrer Stelle Marie von Angelâme, weil sie das Bild der Rose in Sicherheit bringen wollte. Sie hat einen Teil der alten Schriften gelesen. Aber sie konnte das Geheimnis nicht ergründen.“
„Oh.“
„Eines aber hat sie erfahren: Die Botschaft der bedauernswerten Rose von Angelâme an den Papst drehte sich unter anderem um deren rechtmäßigen Anspruch auf den französischen Thron“, fuhr Benetti fort.
„Was?“, entfuhr es Christina.
„Es heißt, dass die Merowinger als Einzige Anrecht auf die Krone der Franken hatten, weil sie das Land gründeten“, holte Benetti aus. „Die Merowingerkönige wurden gewaltsam durch die Karolinger abgelöst. Die männliche Linie dieses alten Geschlechts erlosch, die weibliche existierte weiter.“ Er schaute einen nach dem anderen an. „Allerdings nicht unter ihrem alten Namen, sondern unter einer Art Pseudonym.“
„Angelâme“, ließ sich Simons Stimme rauh vernehmen. Sein Gehirn hatte auf Hochtouren gearbeitet.
„So ist es.“ Signore Benetti hatte einen fast feierlichen Gesichtsausdruck bekommen. „Der Ursprung der Merowinger ist mehr als rätselhaft. Allerdings wird gesagt, dass sie aus einer Seitenlinie des Geschlechtes Davids stammen. Wir sind Nachkommen dieses Stammes, allerdings einer anderen Linie.“ Er schaute zu Valentino hinüber, der die ganze Zeit wortlos dagesessen und zugehört hatte. „Ich habe Urkunden darüber, die ebenfalls hier in diesen Räumen liegen. Wollen Sie sie sehen?“
„Ich dachte, irgendwo herausgehört zu haben, dass Ihre Vorfahren zum jüdischen Glauben konvertiert sind“, hakte Christina vorsichtig nach.
„Das stimmt so nicht ganz, aber meine Vorfahren taten gut daran, es bei dieser Version zu belassen“, antwortete Benetti nachsichtig.
„Ihre Familie hat das Geheimnis der Rose seit Jahrhunderten bewahrt und beschützt, nicht wahr?“
„Ja.“
Christina betrachtete das Pergament vor sich auf dem Tisch. Irgendetwas in ihrem Kopf kannte das ganze Geheimnis. Aber sie kam nicht darauf, was es war.
„Vielleicht ist die Botschaft nicht für uns bestimmt“, murmelte Simon vor sich hin.
„Das Geheimnis der Rose besteht aus neun Teilen, die über Jahrhunderte hinweg unter neun Eingeweihten aufgeteilt wurden, die sich untereinander nicht immer kannten. Es konnte nicht entschlüsselt werden, so lange nicht alle neun Teile zusammenfanden. Sieben Teile fanden ihren Weg in dieses lederne Buch, zwei davon haben Sie heute mitgebracht. So hören Sie sich also an, was Rose dem Papst zu sagen hatte. Denn wer Ohren hat zu hören, der höre!“
Signore Benetti zog das Buch wieder zu sich heran, schaute andächtig auf das Pergament vor sich und übersetzte mit ehrfürchtiger Stimme, was vor langer Zeit gesagt und geschrieben worden war.
Was Rose vor vielen hundert Jahren dem Vater, Papst Bonifatius, übermitteln hatte lassen.
Die Nachricht, die de Nogaret teilweise von seinem halb toten Opfer erfahren, und die so viel ausgelöst hatte.
Die Botschaft, die den Beichtvater König Philipps gleichermaßen nicht ruhen hatte lassen, wie auch sein Wahn, Rose vernichten zu wollen.
Die vier hörten ihm sprachlos zu.
„Ich verstehe kein Wort, dabei klingt alles irgendwie einleuchtend“, murmelte Christina schließlich und starrte noch immer wie gebannt auf das Pergament. „Eines hab ich allerdings kapiert: Die Bilder sind die letzten Teilchen in diesem seltsamen Puzzle gewesen.“ Christina riss sich von ihren Gedanken los. „Irgendwie hängt das alles doch zusammen, oder?“
„Die Bilder.“ Signore Benetti strich sich müde über die Augen. Dann stellte er das Gemälde der Rose schräg gegen die Lehne auf einen Stuhl. „Als Sie im Internet nach Informationen suchten, war mir sofort klar, was für ein Bild Sie da haben. Allerdings war ich mir gleichzeitig sicher, dass nicht nur ich das entdeckt hatte.“ Er rieb sich die Schläfen und schaute nachdenklich zu Daniel hinüber.
„Scheint so“, stimmte jener ihm zu.
„Beim näheren Betrachten der Fotos fiel mir zunächst das Sternbild der Jungfrau auf. Ich hatte die Dateien Ihrer Fotografie auf alle möglichen Arten bearbeitet und schließlich die Lichtpunkte entdeckt.“ Benetti schaute in die Runde. „Ich dachte mir schließlich, mit diesem Sternbild könnte auch die Jungfrau Maria gemeint gewesen sein, da mir ja einige Hintergründe der Rose von Angelâme bekannt sind. Aber auch die zweite wichtige
Weitere Kostenlose Bücher