Die Rose von Angelâme (German Edition)
pflichtete Simon ihm bei, dem das alles recht plausibel erschien.
„Rose von Angelâme“, sagte Benetti fast ehrfurchtsvoll. „Sprechen Sie Französisch?“ Er schaute zu Daniel herüber.
„Ja.“
„Können Sie den Namen übersetzen?“
„Angelâme. Engelsseele?“
„Richtig. Engel der Seele. Das war einer der Beinamen der Maria von Magdala.“
„Von wem?“ Simon war mit religiösen Dingen nicht so sehr bewandert.
„Maria Magdalena, eine Jüngerin Jesu“, erklärte Daniel, der nachdenklich vor sich hingeschaut hatte.
„Seine Lieblingsjüngerin, ja. Sie ist nach Jesu Tod zusammen mit ein paar anderen losgezogen, das Evangelium zu verbreiten. Dabei kam sie der Sage nach schließlich nach Frankreich, wo man ihr ein kleines Anwesen überließ, auf dem sie später starb und wo man sie angeblich auch begraben hat. Das Anwesen wurde unter dem Namen Angelâme bekannt, nach dem Beinamen dieser großartigen Frau.“ Er hielt einen Augenblick lang inne. Seine Zuhörer konnten seine tiefe Verehrung direkt spüren. „Rose von Angelâme, die Dame in Rot, ist Anfang des vierzehnten Jahrhunderts auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden. Ich denke, sie war eine Nachfahrin Maria Magdalenas.“
„Sie gehen davon aus, dass Maria von Magdala und Jesus ein Paar waren und Kinder hatten?“, fragte Christina überrascht, die sich inzwischen wieder zu ihnen gesellt hatte. Marie Rose saß zu ihren Füßen und blätterte vor sich hinbrabbelnd in den Bilderbüchern.
„Das schließe ich aus dem, was wir bisher entdeckt haben. Bleiben wir zunächst einmal dabei“, antwortete Benetti.
„Dann verstehe ich nicht, warum die Kirche diese ja nun wahrhaftig wundervolle Möglichkeit nicht ergründet und zur Basis ihrer Religion gemacht hat.“
„Weil Kirche und Religion nicht unbedingt dasselbe sind“, versuchte Benetti eine Erklärung seiner Überlegungen. „Als der Grundstein für diese Religion gelegt wurde, galten Frauen nicht sehr viel, und die mutmaßlichen Begründer der Kirche verhielten sich ihnen gegenüber ziemlich ablehnend. Kann man beispielsweise in den Briefen des Paulus nachlesen, die in der Bibel stehen. Es bestand in einer patriarchalischen Gesellschaft kein Grund, diese Maria hervorzuheben, nur, weil sie Jesus geboren hatte. In den Schriften wird auch die Beziehung Jesu zu Maria von Magdala ausgesprochen verwaschen dargestellt. Ich bin mir sicher, in den geheimen Archiven des Vatikans würden wir Texte finden, die mehr Licht in die Geschichte brächten.“ Er hielt einen Augenblick lang inne. „Wir können uns nur vage vorstellen, was die Offenbarung einer solchen Verbindung für die Kirche bedeutet hätte!“
„Ein Jesus, der die Frauen liebte, durfte niemals sein.“
„Und ein Jesus, der verheiratet war, schon gleich gar nicht. Männer!“, wandte Christina ein.
Benetti schenkte ihr ein verständnisvolles Lächeln.
„Dogmen“, beschwichtigte er sie. „Allerdings scheint die spätere Kirche reuig geworden zu sein und beschlossen zu haben, zumindest Maria, der Mutter Jesu, den Status der Gottesmutter zu verleihen, um ihrer Rolle wenigstens ein bisschen gerecht zu werden.“
„Ja, weil die so genannten heidnischen Religionen sinnvoller Weise immer auch weibliche Gottheiten hatten. Die für diese Menschen sehr aggressive neue Religion der Christen ohne weibliches Pendant dürfte ihnen Angst gemacht haben. Da kam den Kirchenmännern diese Maria wohl wieder in den Sinn. Dafür war sie gut genug.“ Christina war stinksauer geworden. Niemand sagte etwas. Sie schaute nachdenklich zu Benetti hinüber.
„Also, wir wissen, dass Rose von Angelâme auf dem Scheiterhaufen gestorben ist“, resümierte Simon. „Wir vermuten, diese Rose war eine Nachfahre der Maria von Magdala und Jesus von Nazareths. Der Maler oder Auftraggeber dieser Bilder wollte, dass eines Tages bekannt würde, an einem bestimmten Tag wird die Wahrheit geboren für alle, die danach gesucht hatten. Diese Wahrheit könnte sein, dass ein weiterer Nachfahre dieser göttlichen Verbindung geboren wird, die irgendein Ziel darstellt.“
„Auf diese Spur war vielleicht auch Roger Martin gekommen, der dafür mit dem Leben bezahlen musste. Auf diese Spur kamen auch ein paar Ratten, die diesen Typ hier für ihre Zwecke benützt haben.“ Simon warf Daniel einen vernichtenden Blick zu.
„Weiter?“, fragte Daniel ungerührt.
„Ja, weiter … Keine Ahnung. Es ergibt alles keinen weiteren Sinn.“
„Schon, wenn man eins und eins
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