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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Witwe ... Gott, ich hatte einfach Angst. Ich wollte nicht zurückgehen und erleben müssen, wie alle mit dem Finger auf mich zeigten.«
    »Sie hatten doch sicher Familie in Deutschland.«
    Helene schüttelte den Kopf. »Nein. Nur noch meine Mutter. Aber die war schon vor dem Krieg bettlägrig gewesen. Ein schwerer Schlaganfall hatte sie bereits im Alter von fünfzig Jahren zum Pflegefall gemacht, sie lebte in einem Heim und erkannte niemanden mehr. Sie hätte auch mich nicht erkannt.«
    »Sind Sie nie wieder nach Deutschland gekommen?«
    »Einmal. Im April 1951, zur Beerdigung meiner Mutter. Aber ich bin schon am nächsten Tag wieder zurückgereist.«
    »Eines verstehe ich nicht«, sagte Franca, »mir kommt es eigenartig vor, daß es hier soviel besser für Sie gewesen ist. Ich meine, die Deutschen waren hier fünf Jahre lang als Besatzer. Man kann nicht allzu freundlich auf Sie zu sprechen gewesen sein!«

    »Es hatte sich eine Menge Solidarität entwickelt in dem letzten Jahr, das den großen Hunger brachte«, sagte Helene. »Beatrice hat Ihnen sicher davon erzählt. Haß und Wut waren vergleichsweise gering. Natürlich gab es Anfeindungen, auch solche, die sich gegen mich richteten. Aber das hielt sich in Grenzen. Insgesamt ging es mir wohl besser, als das in Deutschland der Fall gewesen wäre.«
    »Aber Sie waren ziemlich allein. Nachdem Beatrice fort war ...«
    Helenes Augen verdüsterten sich. »Ich habe nie verstanden, weshalb sie Guernsey verlassen hat«, sagte sie heftig, »direkt nach dem Krieg ... Nun gut, da wollte sie herausfinden, was aus ihren Eltern geworden war. Dazu mußte sie hinüber nach London. Aber dann wollte sie nicht zurück. Sie kam, um ihren Schulabschluß zu machen, dann ging sie nach Southampton, um zu studieren. Ich beschwor sie, hierzubleiben. Sie wolle keine Rosen züchten, erklärte sie, und ich sagte, das müsse sie bei Gott nicht tun, es gebe doch auch andere Möglichkeiten. Sie wolle auch in dem Haus ihrer Eltern nicht bleiben, sagte sie immer wieder. Ihre Eltern, müssen Sie wissen, haben beide den Krieg nicht überlebt. «
    »O nein!« « sagte Franca erschrocken.
    Helene nickte gewichtig, und Franca ertappte sich bei dem Gedanken, daß ihr dieser Umstand wohl keineswegs unlieb gewesen war — worüber sie erneut erschrak. Sie musste aufpassen, daß sie sich nicht in ein bestimmtes Bild von Helene hineinsteigerte.
    »Wie sind ihre Eltern umgekommen?« fragte sie.
    »Der Vater ist 1941 bei einem Bombenangriff auf London gestorben. Sie haben ihn tot aus den Trümmern eines Bürohauses geborgen, in dem er als Nachtwächter arbeitete. Die Mutter ist danach in schwerste Depressionen gefallen. Sie zog aus dem Haus ihrer Schwester aus, muß dann im Osten Londons unter geradezu asozialen Umständen gelebt haben. Sie hatte keinen Kontakt zu ihrem einzigen Kind und hatte nun auch noch den Mann verloren. Nachbarn haben Beatrice erzählt, daß sie trank, um den Schmerz zu vergessen, daß sie oft schon morgens um neun Uhr betrunken durch die Straßen schwankte. Sie hat sich Ende 1944 mit Schnaps und Tabletten das Leben genommen.« Helene seufzte tief. »Eine schreckliche Tragödie. Im Alter von sechzehn Jahren war Beatrice Vollwaise. Sie hatte nur noch mich.«

    »Eine Tragödie, für die die Nazis verantwortlich waren«, erinnerte Franca. »Wäre Guernsey nicht besetzt worden, hätte die Familie weiterhin glücklich und in Frieden gelebt. Hatte Beatrice damit nicht ein Problem? Ich meine, ein Problem mit Ihnen , als eine, die zu den... Feinden gehörte?«
    Helenes Gesichtsausdruck verriet, daß Franca durchaus einen wunden Punkt getroffen hatte, aber es gelang ihr, recht schnell die Kontrolle wiederzufinden.
    »Nein«, sagte sie kühl, »das hatte sie nicht. Ich war ihre beste Freundin, ihre Ersatzmutter, ihre Bezugsperson... Sie wußte, daß ich mich nie mit der Ideologie der Nazis identifiziert hatte. Sie konnte das durchaus trennen.«
    Franca beschloß, diese Angelegenheit nicht weiterzuverfolgen. Helene hatte sich ihre persönliche Wahrheit zurechtgelegt, und daran war nichts mehr zu ändern. Vielleicht, dachte sie, sollte man auch gar nicht versuchen, eine Frau von achtzig Jahren zu ändern.
    »Wer ist denn nun der Vater von Alan?« fragte sie, um auf den Ausgangspunkt des Gesprächs zurückzukommen.
    »Ein Franzose«, sagte Helene, »Julien. Im Krieg hat er für uns gearbeitet.«
    »Julien? Sie hat wieder etwas mit ihm angefangen?«
    »Sie wissen von ihm?« fragte Helene

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