Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
von Liebe gesprochen. Vor allem in der ersten Zeit ihrer Beziehung. Aber irgendwann hatte er gemerkt, wie leichtfertig das Wort aus ihrem Mund klang, wie locker und unverbindlich sie es dahinsagte und, vor allem, daß eine
Menge Männer in den Genuß kam, von ihr geliebt zu werden. Ihr »Ich liebe dich« war nichts wert, jeder konnte es haben, der einigermaßen gut aussah und auffallend gut verdiente. Er hatte nicht aufgehört, sich nach diesen Worten aus ihrem Mund zu sehnen, und sich gleichzeitig für den Wunsch nach einer derart inflationären Ware verachtet.
Aber diesmal, so schien es ihm, sagte sie es anders. Ihre Stimme klang weicher und zugleich ernster. Ihr Gesichtsausdruck zeigte Wärme und Ehrlichkeit.
Ein Rest von Vorsicht, von Mißtrauen blieb. Natürlich. Er war dreiundvierzig Jahre alt. Er kippte nicht mehr von einer extremen Gefühlslage in die andere. Er streckte die Hand aus, strich ihr vorsichtig über die Wange. »Wir werden einfach sehen, was kommt«, sagte er.
Michael hatte eine Woche lang nichts von sich hören lassen, aber dann rief er plötzlich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen an. Beim erstenmal geriet er nur an Beatrice, die ihm mitteilte, Franca sei am Strand und gehe mit den Hunden spazieren, und er sagte, sie möge ihn zurückrufen, wenn sie wieder da sei. Franca versuchte ihn am Abend zu erreichen, aber er war nicht daheim.
»Wahrscheinlich ist er bei seiner Geliebten«, sagte sie bitter zu Beatrice.
»Schmerzt es sehr?« fragte diese und musterte sie dabei aufmerksam.
Franca überlegte. »Ein wenig. Nicht mehr so sehr. Es ist weiter weg.«
Am nächsten Morgen rief Michael erneut an. Er klang verstimmt.
»Hat man dir nicht ausgerichtet, daß du mich anrufen sollst?« fragte er anstelle einer Begrüßung.
»Ich habe angerufen. Aber du warst nicht zu Hause. Guten Morgen, übrigens.«
»Guten Morgen.« Er ging auf den Umstand, daß er nicht daheim gewesen war, nicht weiter ein. »Ich wollte eigentlich nur wissen, wann du vorhast, wieder zurückzukommen?«
Franca fand es bemerkenswert, daß er diese Frage so locker
stellte. »Ich wundere mich, daß dich das überhaupt interessiert«, sagte sie.
»Warum sollte es nicht?« fragte Michael irritiert.
Franca wußte, daß Helene in der Küche saß und sich mit gespitzten Ohren nicht ein einziges Wort entgehen ließ, aber im Grunde konnte es ihr gleich sein.
»Du hast dich doch anderweitig orientiert«, sagte sie, »es gibt eine andere Frau in deinem Leben. Was willst du da noch von mir?«
Was sie sagte, schien Michael ernsthaft zu verwundern. »Aber du bist meine Frau.«
»Das schien dir meistens entfallen zu sein in den letzten Jahren.«
Er seufzte genervt. »Okay, du willst eine Auseinandersetzung. Das heißt, genau das willst du eigentlich nicht, das willst du nie. Vor Streitgesprächen hast du dich ja schon immer gedrückt. Zuviel Angst, man könnte dir eine unangenehme Wahrheit sagen, nicht?«
»Michael, ich...«
»Also hören wir doch einfach auf, um den heißen Brei zu reden. Ich habe zugegeben, daß es eine andere Frau gibt. Du wirst nicht abstreiten können, daß du daran nicht völlig unschuldig bist.«
Das kann doch nicht wahr sein, dachte Franca.
»Auf jeden Fall ist das wirklich kein Zustand«, fuhr Michael fort, »ich habe dir schon einmal gesagt, daß du dich nicht durch Flucht deinen Problemen entziehen kannst. Ich würde es wirklich begrüßen, wenn du möglichst rasch zurückkämst.«
»Und dann?«
»Was meinst du mit — ›und dann?‹«
»Michael, wie soll es denn weitergehen? Ich sitze wieder daheim und warte darauf, daß du von den Ausflügen zu deiner Geliebten zurückkehrst, und du bist nächtelang unterwegs und hältst es nicht einmal für nötig, mir vorher zu sagen, ob du kommst oder gehst. Findest du, daß das ein Zustand ist?«
»Aber du kannst doch jetzt nicht wochenlang auf Guernsey herumsitzen! «
»Ich muß hier so lange herumsitzen, bis ich herausgefunden habe, wie mein Leben weitergehen soll. Michael, ich bin immer
noch eine relativ junge Frau. Mein Leben kann sich nicht darauf beschränken, eingesperrt in einem Haus zu sitzen und auf einen Mann zu warten, der mich überhaupt nicht mehr zur Kenntnis nimmt!«
»Ach, daran soll ich jetzt wohl noch schuld sein! « sagte Michael entrüstet. »Wer hat sich denn im Haus eingesperrt? Das ging doch nicht von mir aus! Ich habe nie gesagt, du sollst deinen Beruf aufgeben! Ich habe nie gesagt, du sollst deine Nase nicht mehr zur Tür
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