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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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an ihr Lebensende?« fragte Frederic vorsichtig. »Ich meine, du könntest ziemlich viel Geld erlösen, wenn du das Haus
vermieten oder verkaufen würdest. Nicht, daß es mir darauf ankäme«, fügte er eilig hinzu, »wir haben alles, was wir brauchen. Aber du solltest überlegen, ob du nicht vielleicht ausgenutzt wirst.«
    Sie traf die Entscheidung innerhalb weniger Sekunden. »Ich möchte das Haus verkaufen«, sagte sie, »ja, am liebsten möchte ich es verkaufen.«
    »Dann solltest du das tun«, meinte Frederic.
    In den folgenden Monaten dachte Beatrice nicht über ihre Entscheidung nach, denn sie stand fest, sondern darüber, was aus Helene werden sollte und wie sie es ihr am besten beibringen könnte. Am liebsten hätte sie einen Makler mit dem Verkauf beauftragt und ansonsten ihren Kopf in den Sand gesteckt, aber Frederic sagte, das sei nicht angemessen.
    »Erstens nicht Helene gegenüber«, meinte er, »und zum zweiten wäre es auch in deinem Sinne nicht richtig. Du mußt dich um die Möbel kümmern, um die Erinnerungsstücke, um all das, was dir gehört. Es würde dir irgendwann leid tun, wenn alles an fremde Menschen ginge.«
    »Das heißt« sagte Beatrice, »ich muß nach Guernsey fahren.«
    »Ich denke, das solltest du tun«, bestätigte Frederic. »Soll ich mitkommen? «
    Sie überlegte kurz, schüttelte dann den Kopf. »Nein. Da muß ich allein durch.«
    Erst unmittelbar bevor sie in Portsmouth das Schiff bestieg, gab sie ein Telegramm an Helene auf, in dem sie ihr Kommen ankündigte. Sie wußte, daß Helene beunruhigt sein würde, und sie wollte sie nicht aufgeregt brabbelnd am Telefon haben und ihr die Dinge erklären müssen, ehe sie einander nicht gegenüberstanden.
    Sie erreichte St. Peter Port an einem hellen Juniabend; die Luft war weich und warm, und es wehte nur ein schwacher Wind, der nach Meerwasser und Sommer roch. Die Häuser am Hügel lagen noch im Licht der Sonne. Der Turm der Parish Church stand, wie er immer da gestanden hatte, und schien einen stummen, liebevollen Gruß herüberzusenden. Die Möwen erhoben sich kreischend von den Mauern am Hafen hinauf in den Himmel. Beatrice bemerkte das eigentümliche, schmerzliche Ziehen in ihrer Brust, das sie schon lange nicht mehr gespürt hatte, das ihr aber noch allzu vertraut war.

    Ich hätte nicht herkommen sollen, dachte sie ahnungsvoll.
    Sie opferte das Geld und ließ sich von einem Taxi bis Le Variouf bringen. Wie gut kannte sie die schmalen Inselstraßen, die gesäumt waren von Mauern und Hecken, wie gut die kleinen Häuser und die verwunschenen Gärten, wie gut die Farben und den Geruch, das Licht, das Glitzern der Sonne auf den Blättern. Sie kannte jede Biegung, die die Straße nahm, und die Stellen, an denen man den Atem anhielt, weil man Angst hatte, ein anderes Auto könnte entgegenkommen.
    Eigenartig, dachte sie, bei meinem letzten Besuch hatte ich nicht eine so starke Wahrnehmung all dieser Dinge. Wahrscheinlich liegt es daran, daß ich weiß, ich werde nie zurückkehren.
    Helene erwartete sie aufgeregt und fiebernd. Sie hatten einander vier Jahre lang nicht gesehen, und ihr letzter Abschied war voller Wut und Bitterkeit gewesen. Helene hatte auf die Heiratsanzeige mit einer kühlen schriftlichen Gratulation reagiert, und ansonsten hatten sie einander an ihren Geburtstagen und zu Weihnachten höfliche, nichtssagende Karten geschrieben.
    Aber nun schien Helene entschlossen, ihre eisige, ablehnende Haltung aufzugeben. Mit feinem Instinkt mochte sie das Unheil ahnen, das auf sie zukam. Sie wußte nicht genau, was ihr drohte, aber sie begriff wohl, daß es einen tieferen Grund für Beatrices Aufkreuzen auf Guernsey geben mußte. Dieser tiefere Grund konnte nur Schlechtes bedeuten.
    Beatrice mußte zugeben, daß Helene das Anwesen mit großer Zuverlässigkeit in Ordnung hielt. Der Garten sah gepflegt aus, die Hecken ringsum waren geschnitten, auch die verwaisten Gewächshäuser wurden saubergehalten. Im Haus blitzte und blinkte es. Helene stand mitten im Eßzimmer und hatte hektisch gerötete Wangen.
    »Ich bin so froh, daß du da bist«, sagte sie, und ihre Stimme klang kindlich und aufgeregt.
    Sie sah sehr hübsch aus, stellte Beatrice fest, viel hübscher als früher. Es stand ihr gut, älter zu werden. Sie hatte sich die Haare abschneiden lassen, und ihr Gesicht war schmaler geworden. In ihren Augen stand zu lesen, daß sie oft einsam war und daß sie viel weinte. Der Ausdruck von Leid, der feine Spuren in ihre Züge

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