Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
gegraben
hatte, hatte das Liebliche, Niedliche vertrieben, das sie früher als so kindlich hatte erscheinen lassen. Nun wirkte sie ernster und reifer und weit mehr wie eine Frau, die ernstgenommen werden konnte.
»Ich finde es schön, daß wir einander endlich wiedersehen«, sagte Beatrice. Das war nicht wirklich aufrichtig, aber es schien ihr in diesem Moment dennoch angebracht, es zu sagen.
Helenes Blick glitt über ihre Gestalt. »Du siehst gut aus. Das Kostüm, das du anhast, ist hübsch. Die Ehe mit diesem... Frederic scheint dir zu bekommen.«
»Ich bin sehr glücklich in Cambridge«, sagte Beatrice. Sie wußte, daß es ungeschickt war, gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, aber der Moment schien ihr günstig für eine Überleitung.
»Das ist auch der Grund für mein Kommen«, sagte sie hastig. Sie wollte es hinter sich bringen, möglichst rasch. »Ich werde wohl für immer in Cambridge bleiben. Es ist jetzt meine Heimat. Daher ... «
»Ja?« fragte Helene mit unüberhörbarer Panik in der Stimme.
Beatrice gab sich einen Ruck. »Ich muß entscheiden, was mit dem Anwesen hier werden soll, Helene. Du wirst verstehen, daß ich nicht... nun, was soll ich noch mit dem Haus? Ich werde nicht mehr hierherkommen. Ich werde hier nicht mehr leben. Deshalb... «
Sie sprach nicht weiter. Helenes Augen weiteten sich.
»Ja?« fragte sie erneut.
»Ich möchte das Haus verkaufen«, sagte Beatrice, »es ist Ballast für mich. Von dem Geld könnten Frederic und ich uns etwas Größeres in Cambridge kaufen. Oder ein Cottage irgendwo in Nordengland erwerben, für die Ferien. Irgend etwas wird uns einfallen. « Sie lachte unecht. »Irgend etwas fällt einem schließlich immer ein, um Geld auszugeben.«
Helene war aschfahl geworden. »Aber ich lebe in diesem Haus«, brachte sie mühsam hervor.
»Helene, im Grunde ist das hier doch viel zu groß für dich allein«, sagte Beatrice unbehaglich. »Und es ist zu einsam. Du lebst hier abgeschieden von aller Welt. Du kannst dich nicht so vergraben. Du bist jung, du bist hübsch. Du kannst wieder heiraten...«
»Du setzt mich also vor die Tür! Nach allem, was wir gemeinsam... «
»Wenn du absolut nicht nach Deutschland zurückwillst, dann nimm dir eine Wohnung hier auf der Insel. In St. Peter Port. Dort sind Menschen. Dort findest du Freunde. Hier«, sie machte eine Geste mit beiden Händen, die Haus, Garten und die Wiesen ringsum umschrieb, »hier wirst du doch depressiv!«
»Depressiv? Dies ist der einzige Ort, an dem ich leben kann. Der Ort, an dem ich mit Erich...« Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
»...mit Erich glücklich war?« vollendete Beatrice. »Oh, Helene! «
Sie starrten einander an. Beatrice erwartete, daß Helene in Tränen ausbrechen würde, denn für gewöhnlich reagierte sie auf Krisen mit heftigem Weinen. Diesmal jedoch drang kein Schluchzen aus ihrem Mund.
»Wann soll das alles geschehen?« fragte sie statt dessen mit überraschender Sachlichkeit.
»Du sollst genügend Zeit haben, eine andere Unterkunft für dich zu finden«, erwiderte Beatrice, »niemand will dich vor die Tür setzen. Ich möchte alles, was geschieht, mit dir abstimmen.«
Helene warf ihr einen Blick zu, in dem Sarkasmus und Anzüglichkeit standen.
»Wirklich?« fragte sie. »Bist du sicher, daß du das willst?«
»Natürlich. Ich bin nicht deine Feindin, Helene. Ich muß nur sehen, daß ich... nun, mein Leben muß eben auch irgendwie funktionieren. «
»Wenn du meinst, nur so glücklich werden zu können...«
»Wie meinst du das, ›nur so‹?«
»So, wie du es versuchst. In Cambridge. Mit diesem Frederic. Indem du Guernsey den Rücken kehrst und alle Brücken hinter dir abbrichst.«
»Ich weiß nicht, wie ich in Zukunft glücklich werden kann«, sagte Beatrice. »Ich weiß nur, daß ich im Moment glücklich bin. Glücklicher jedenfalls als früher«, verbesserte sie sich, »ruhiger. Die alten Erinnerungen tun nicht mehr so weh. Ich möchte sie für alle Zeiten begraben, und deshalb... deshalb muß ich mich lösen von Guernsey. Ich kann es nicht mehr mit mir herumtragen.«
»Offensichtlich mußt du dich auch von mir lösen«, meinte Helene, »jedenfalls arbeitest du sehr gründlich an einer endgültigen Trennung zwischen uns.«
»Ich arbeite an einem eigenen Leben, das jede von uns für sich führen soll«, sagte Beatrice, »und dazwischen kann es natürlich Berührungspunkte... «
»O Gott, Berührungspunkte!« rief Helene. Ihre Stimme klang schrill.
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