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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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und starrst vor dich hin? Du könntest doch auch lesen oder fernsehen.«
    Natürlich, dachte sie und spürte einen Anflug von Gereiztheit, wenn man schon nicht schläft, sollte man wenigstens etwas tun , und wenn es der Blick in die Glotze ist.

    »Ich habe nachgedacht«, erklärte sie.
    Michael seufzte; es klang, als habe er ein problematisches Kind vor sich, mit dessen Widerspenstigkeit er nicht zurechtkam. »Woran hast du denn gedacht?« fragte er genervt. »An deine Schüler? An die Zeit damals?«
    Er konnte von ihrem Traum nichts wissen, aber indem er auf »die Zeit damals« tippte, lag er — und das wußte er natürlich — mit einiger Sicherheit nicht falsch. Franca hatte keine Lust, irgend etwas zuzugeben. »Auch wenn es dich enttäuscht, ich habe nicht daran gedacht«, entgegnete sie bockig.
    »Das weißt du sicher?«
    »Das weiß ich sicher.«
    »Na ja«, meinte Michael. Er trat von einem Fuß auf den anderen, vermutlich fror er. »Dann hast du über deine englische Brieffreundin nachgedacht?«
    »Und wenn?«
    Michael verdrehte die Augen. »Mein Gott, du hast gesagt, die Alte ist über siebzig Jahre alt! Was fasziniert dich denn bloß so an ihr?«
    »Ich glaube nicht, daß du das wirklich wissen willst.«
    Er kniff die Augen zusammen, hatte wohl die leise Schärfe in ihren Worten registriert — eine Schärfe, die sie schon lange nicht mehr, oder sogar nie, an den Tag gelegt hatte. »Ich würde nicht fragen, wenn ich es nicht wissen wollte.«
    Erstaunlicherweise hatte sie nicht die mindeste Lust, etwas zu erklären. Statt dessen betrachtete sie ihre nackten, langen Beine und überlegte, wann sie zuletzt mit ihm geschlafen hatte. Es mußte vor etwa anderthalb Jahren gewesen sein. Er war zu einem formellen Abendessen eingeladen gewesen, und sie war wie üblich nicht mitgegangen, und als er nach Hause gekommen war, mitten in der Nacht, war er glänzender Laune und ein wenig alkoholisiert gewesen. Sie hatte schon geschlafen, war aber aufgewacht, als er sich neben sie ins Bett fallen ließ und die Hände nach ihr ausstreckte.
    »Was ist los?« hatte sie schlaftrunken gefragt. Wie gewöhnlich hatte sie Tabletten genommen, um einschlafen zu können, und nun gelang es ihr kaum, wach zu werden.

    »Du bist schön«, murmelte er, »wunderschön.«
    Das hatte er ihr praktisch noch nie gesagt, und seine Worte erstaunten sie daher so, daß sie ein wenig munterer wurde. Sie ließ es zu, daß er sie berührte, obwohl sie es im Grunde nicht wollte; sie fühlte sich zu elend, zu zerstört, um sexuelle Gefühle überhaupt zulassen zu können. Er rollte sich leise stöhnend auf sie, und sie versuchte die ganze Zeit über zu denken, daß es in Ordnung war, daß es schön war, begehrt zu sein, das körperliche Interesse eines Mannes zu wecken. Aber eine innere Stimme hatte ihr deutlich erklärt, daß sie sich nicht einbilden müsse, Michael meine wirklich sie; irgend etwas an dem Abend — vermutlich eine andere Frau, eine Teilnehmerin an dem Essen — hatte ihn erotisch stimuliert, und sie war einfach diejenige Frau, die ihm nun als erste zwischen die Finger kam. Danach hatte es einen solchen Vorfall nicht mehr gegeben; er hatte auch nie mehr gesagt, er finde sie schön.
    »Nimmst du mich eigentlich noch als Frau wahr?« fragte sie. »Ich meine — als Frau in einem sexuellen Sinn?«
    Irritiert gab er zurück: »Was möchtest du wissen?«
    »Genau das, wonach ich gefragt habe.«
    Ein Lächeln stahl sich auf seine Züge, eigentlich nur der Anflug eines Lächelns, aber es genügte, um ihr deutlich zu machen, was er in ihr sah. In diesem Lächeln erkannte sie wie in einem Spiegel das Bild, das sie ihm bot: unter einer Decke kauernd, frierend, von Angstträumen gepeinigt und aus dem Bett gejagt. Schwach. Ein schwacher Mensch. Sie las in seiner Mimik, daß ihm kein anderes Attribut als dieses für sie einfallen würde, und wie albern ihm ihre Frage vorkommen mußte.
    Sie erhob sich, schüttelte die Decke ab, fühlte sich dadurch jedoch weder freier noch stärker.
    »Vergiß es«, sagte sie, »vergiß einfach, was ich gefragt habe. Es war dumm von mir.«
    »Hör mal...«, fing er vorsichtig an, aber sie unterbrach ihn sofort: »Ich will nicht mehr darüber sprechen. Ich habe Unsinn geredet, und ich würde dich bitten, einfach nicht mehr daran zu denken. «
    »Schon gut.« Er hakte nicht weiter nach, aber Franca war zu verletzt, darin einen kleinen Sieg zu erkennen, den sie errungen
hatte. Michael drehte sich um. »Kommst du auch

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