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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Beatrice einen Brief geschrieben, sie war auf ihre Schilderung der ersten Begegnung mit Helene Feldmann eingegangen und auf ihre Beschreibung Erichs, seiner Gemütsschwankungen und Unberechenbarkeiten. »Könnte es sein, daß er
Pychopharmaka eingenommen hat?« hatte sie geschrieben. »Beruhigungsmittel, Aufputschmittel, Antidepressiva — je nach Bedarf? Wie Sie es darstellen, klingt es sehr danach. Vermutlich hat er ständig höhere Dosierungen gebraucht und legte in den Phasen dazwischen immer extremere Verhaltensweisen an den Tag.«
    Dann hatte sie erwogen, auch etwas über sich zu schreiben — über die Alpträume, die sie so häufig heimsuchten, und über ein paar Dinge, die sich in ihrem Leben ereignet hatten und ihr keine Ruhe ließen, aber sie hatte es nicht fertiggebracht und den Brief schließlich mit ein paar Floskeln beendet. Sie hatte nicht den Eindruck, daß Beatrice irgend etwas von dem, was sie zu sagen hatte, interessieren würde. Beatrice hatte bereits eine Menge von sich erzählt, und vielleicht würde sie es auch weiterhin tun, weil sie offensichtlich manches loswerden mußte. Genausogut mochte es sein, daß sie plötzlich aufhörte, sich nicht mehr rührte, sich völlig zurückzog. Ganz sicher aber hatte sie keinerlei Neigung, sich innerhalb einer brieflich geführten Diskussion ihrer , Francas, Probleme anzunehmen. Neben all dem, was sie erlebt hatte, mußten sie ihr ohnehin allzu banal vorkommen.
    In ihrem Alptraum, dessentwegen sie nun naß und zitternd und mit hämmerndem Herzen wie ein krankes Tier zusammengekrümmt unter ihrer Decke saß, hatte sie wieder vor einer Schulklasse gestanden, hatte sich einer tobenden Meute gegenübergesehen, die sich mitleidlos an ihrer Qual weidete.
    Michael allerdings, wenn sie ihm früher davon erzählt hatte, war der Ansicht gewesen, sie übertreibe in ihrer Interpretation maßlos die tatsächlichen Begebenheiten.
    »Das war keine Meute, die sich an deiner Qual geweidet hat! Das waren ein paar Kinder, die es satt hatten, still auf ihren Plätzen zu sitzen und einem Unterricht zu folgen, der ihnen zum Hals raushing — dein Unterricht ebenso wie der deiner Kollegen übrigens. Nur daß sie spürten, sie konnten es sich bei dir leisten, Randale zu machen, und bei den anderen Lehrern eben nicht. Kinder sind da wie junge Hunde. Sie probieren einfach, wie weit sie gehen können. Und du allein entscheidest, wo die Grenze verläuft. «
    Sie hatte oft darüber nachgedacht, ob das stimmte, ob sich die
Grausamkeiten ihrer Schüler nicht gegen sie als Person richteten, sondern jeden getroffen hätten, der sich nicht dagegen zu wehren vermochte. Im Endergebnis kam es ohnehin auf das gleiche hinaus: Sie war das Opfer. Und ein Opfer erweckt selten Mitleid. Im günstigsten Fall kommt es mit milder Verachtung davon. Im schlimmsten Fall fordert es immer neue, sadistische Quälereien heraus. Von irgendeinem Zeitpunkt an war es nur noch ein Sport unter den Schülern gewesen, herauszufinden, ob es irgendeine Grausamkeit geben könnte, die Franca Palmer entweder in den Selbstmord oder fort von der Schule treiben könnte.
    Sie hatten nichts ausgelassen: Sie hatten die Fahrstuhltür blockiert, wenn sie aussteigen wollte, und sie gezwungen, wieder hinunterzufahren. Sie hatten ihr Tinte auf ihre Kleider gespritzt oder Zettel mit obszönen Sprüchen auf die Rückseite ihrer Kostümjacke geheftet. Sie hatten die Reifen ihres Autos zerstochen und Hundekot in ihre Tasche gefüllt. Sie hatten sie als grotesk häßliche Fratze an die Tafel gezeichnet, und irgendwann war es ihr nicht mehr möglich gewesen, in ihren Unterrichtsstunden auch nur einen einzigen Satz zu sagen, der nicht in Geschrei und Getöse unterging. Es hatte Beschwerden gegeben von Kollegen wegen des Lärms, der aus den Räumen drang, in denen sie unterrichtete. Einmal hatte jemand den Direktor informiert, und dieser war überraschend erschienen. Er mußte, dachte Franca später, den Eindruck gehabt haben, mitten in einen Bürgerkrieg hineinzuplatzen. Die Schüler hatten mit Fliegern geworfen und Papierkugeln mit Gummiringen abgeschossen, sie waren auf Tischen und Bänken herumgesprungen, einige hatten auf der Tafel herumgekritzelt und einander laut johlend mit dem nassen Schwamm traktiert. Kreidestücke flogen aus dem geöffneten Fenster, und zwei Mädchen hatten sich vor dem Spiegel über dem Waschbecken aufgebaut und tuschten sich die Wimpern. Irgendwo inmitten des Chaos stand Franca und sprach über die englische

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