Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
Julien und Pierre. Er gab ihnen bösartige Schimpfnamen und war mit ihrer Arbeit unzufrieden, ganz gleich, wie sehr sie sich anstrengten.
»Ihr seid faul, faul wie Dreck«, sagte er, nachdem er den Garten abgeschritten und festgestellt hatte, daß die Farbe einer neu angestrichenen Bank noch nicht getrocknet war, was er auf zu langsames Arbeiten zurückführte. » Wißt ihr, woran das liegt? Es geht euch zu gut, und das macht euch schwerfällig und unbeweglich. Ihr freßt zuviel, schlaft zuviel, und das muß sich ändern. Nicht wahr? Ihr findet doch auch, daß sich das ändern muß?«
Pierre und Julien erwiderten nichts, sie standen vor ihm, ihre Mützen in der Hand, die Köpfe gesenkt, aber Beatrice, die die Szene aus einiger Entfernung beobachtete, sah, daß Julien ganz kurz aufblickte, und sie gewahrte das wütende Blitzen in seinen dunklen Augen, erkannte, wie heftig er innerlich rebellierte gegen die Demütigung, die stumm hinzunehmen er gezwungen war.
»Für heute bekommt ihr nichts mehr zu essen und zu trinken«, sagte Erich, »und ab morgen nur noch die halbe Ration. Wollen doch mal sehen, ob es dann nicht besser vorangeht mit der Arbeit.«
Es war noch früh am Vormittag; Julien und Pierre hatten die übliche Tasse Kaffee und je zwei Scheiben Brot zum Frühstück gehabt. Der Tag würde sich noch lange hinziehen, und überdies versprach es sehr warm zu werden. Für gewöhnlich konnten die beiden Zwangsarbeiter jederzeit an die Küchentür kommen, die über eine Veranda zum Garten hinführte, und um Wasser bitten; außerdem bekamen sie ein Mittag- und ein Abendessen. Helene war entsetzt, als Erich ihr mitteilte, daß sie absolut nichts Eß- oder Trinkbares ausgeben dürfe.
»Das ist unmenschlich, Erich. Wenigstens Wasser müssen sie doch trinken! Sie haben nichts getan, wofür du sie so quälen solltest. «
»Die beiden müssen begreifen, was Arbeit bedeutet«, entgegnete Erich barsch, »und wenn sie es anders nicht lernen, dann muß es eben so gehen. Du wirst sehen, ihre Disziplin wird sich ungeheuer verbessern.«
Er überlegte einen Moment, dann ging er noch einmal hinaus und erklärte, er habe beschlossen, daß an diesem Tag mit dem Bau des Steingartens begonnen werden solle. Erich hatte schon einige Male von diesem Plan gesprochen. Er hatte sich in die Idee verliebt, am Beginn der Auffahrt, wo der Garten seitlich steil zur Straße abfiel, Steine anzuhäufen und dazwischen einzelne Rosenstöcke zu pflanzen. Die Felssteine sollten vom Meer an der Petit Bôt Bay herangeschafft werden.
Der Soldat, der die Franzosen bewachte, wurde angewiesen, sie auf den Wegen zur Bay und zurück zu begleiten und sicherzustellen, daß sie nicht »auf dumme Gedanken« kämen.
»Sie werden ziemlich oft laufen müssen«, sagte er, »und wenn ich heute abend wiederkomme, will ich ein respektables Ergebnis sehen. Also keine langen Ruhepausen. Die beiden müssen dringend lernen, was es heißt, sich für den eigenen Lebensunterhalt anzustrengen. Mir wird auch nichts geschenkt.«
Er stieg in sein Auto und ließ sich von Will fortfahren. Die Besatzer hatten unweit von Le Variouf mit dem Bau eines unterirdischen Krankenhauses begonnen, und Erich führte die Gesamtaufsicht über das Vorhaben. Er würde den ganzen Tag weg sein.
Beatrice ging zur Schule und mußte ständig an die beiden Franzosen denken. Mae fiel ihre Geistesabwesenheit auf, und nach dem Grund gefragt, antwortete Beatrice, sie mache sich Sorgen wegen Julien und Pierre.
»Meine Eltern sagen, daß es vielen Zwangsarbeitern sehr schlecht geht«, berichtete Mae mit gesenkter Stimme. »Mein Vater hat ein paarmal welche behandeln müssen, die krank waren. Normalerweise haben die Deutschen ihre eigenen Ärzte, aber es waren wohl gerade keine da... Mein Vater sagt, die Leute sind teilweise in einem schrecklichen Zustand. Viele sterben.«
Sie biß in das Käsebrot, das sie von daheim mitgebracht hatte, und sah Beatrice bekümmert an. »Meinst du, Mr. Feldmann will die beiden Franzosen verhungern und verdursten lassen?«
»Unsinn«, sagte Beatrice ärgerlich. Manchmal reizten Maes weit aufgerissene blaue Augen und die piepsige Stimme ihren Ärger. »Aber er will sie quälen, und das ist auch schlimm. Man weiß bei ihm nie, was als nächstes kommt.«
Die Schule schloß bereits am Mittag, was wegen des Lehrermangels jetzt häufig vorkam. Es war sehr heiß, die Luft flirrte, und über dem Meer hatten sich feine Dunstschleier gebildet. Sie hatten Deutschunterricht in der
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