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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Anlässen wie diesem. Seine frisch gefönten Haare glänzten, und er trug eine auffallend schöne Krawatte.
    Aber er sieht elend aus, dachte Beatrice, er schläft nicht genug, und er macht den Eindruck eines Menschen, den viele Sorgen plagen.

    Kevin machte Helene ein paar überschwengliche Komplimente zu ihrem Kleid, umarmte Beatrice und lächelte Franca voll Herzlichkeit zu.
    »Franca! Wie schön, daß Sie wieder hier sind. Beatrice hat gar nicht erwähnt, daß sie einen Gast hat!«
    »Es hat sich kurzfristig ergeben«, warf Beatrice ein. »Kevin, wir sind natürlich neidisch, daß du heute für Helene kochst und wir uns hier mit einer Pizza begnügen müssen. Hoffentlich lädst du uns auch bald einmal ein! «
    »Versprochen. Auf jeden Fall, solange Franca hier ist. Sie müssen meine Küche kennenlernen, Franca. Sie werden danach nichts anderes mehr wollen.« Er lächelte und nahm Helene an der Hand. »Komm. Wir müssen los, sonst fällt noch das Essen zusammen. Wir werden einen wunderschönen Abend haben. Beatrice, ich bringe Helene dann wohlbehalten zurück.«
    Helenes Miene verriet, daß sie sich wie ein junges Mädchen fühlte, das von seinem Verehrer zum Tanzen abgeholt wird und gefangen ist vom Zauber einer hellen Frühlingsnacht und all ihrer Versprechungen. Sie schien den Umstand zu verdrängen, daß sie über achtzig war und Kevin Ende Dreißig, sowie die Tatsache, daß Kevin sich aus Frauen ohnehin nichts machte. Von Zeit zu Zeit brauchte sie das Abtauchen in eine irreale Welt, in das Gefühl, das Leben liege noch vor ihr und werde alles über ihr ausschütten, was es zu bieten hatte. Beatrice, der es niemals gelang, sich etwas vorzumachen, schwankte wie so häufig zwischen Verachtung und einem gewissen Neid.
    Als die beiden verschwunden waren, sagte Franca erstaunt: »Seltsam, dieser ganze Aufwand, den Kevin betreibt, nicht? Ich meine, er ist ein junger Mann. Er hat an einem Samstagabend doch sicher Besseres vor, als für eine alte Dame zu kochen und sie zu verwöhnen! «
    Beatrice zündete sich eine Zigarette an. »Sicher hat er Besseres vor. Aber Sie brauchen nicht in Rührung zu fallen, weil er Helene seine Zeit opfert. Er weiß ganz genau, warum er das tut. Schließlich pumpt er sie seit Jahren immer wieder an, und da sie seinem Charme ebenfalls immer wieder erliegt, kommt er damit ziemlich gut durch. Er wird ihr diese Summen nie zurückzahlen können,
aber Helene ist ihm derart ergeben, daß sie ihn nie deswegen unter Druck setzen wird. Das brächte sie nicht fertig.«
    »Hat sie denn so viel Geld, daß sie ihm immer wieder etwas leihen kann?«
    Betrice schüttelte den Kopf. »Eben nicht, und deshalb finde ich es auch nicht richtig, was Kevin tut. Helene bekommt eine relativ geringe Rente, aber sie hat sich wohl einiges zusammengespart im Lauf der Jahre. Davon hebt sie die Summen für ihn ab. Sie erkauft sich Zuwendung damit. Kevin weiß das, und er nutzt es aus. Er argumentiert natürlich, sie müsse ihm ja nichts geben, aber es ist doch klar, daß man mit einer einsamen alten Frau machen kann, was man will, sie ist in gewisser Weise völlig wehrlos. Sie haben ja gerade erlebt, was ihr dieser Abend bedeutet. Dafür würde sie ihm ihren letzten Penny schenken.«
    »Ist Helene so einsam?« fragte Franca. »Ich dachte...« »Es gibt einsamere Menschen als sie, weiß Gott. Sie lebt hier mit mir unter einem Dach, Mae kümmert sich um sie, Kevin. Aber ich denke...«, Beatrice klopfte die Asche von ihrer Zigarette achtlos ins Spülbecken, »jede Art von Leiden ist immer subjektiv. Wenn Helene leidet, dann leidet sie, auch wenn alle um sie herum meinen, es müßte ihr eigentlich gutgehen. Es ist wohl eine sehr spezielle Art der Einsamkeit, die sie erfüllt. Sie glaubt, daß das Leben an ihr vorübergegangen ist, daß sie alles versäumt hat, was wesentlich ist im Leben. Sie will ihre Jugend zurückhaben, und da das natürlich nicht funktioniert, will sie wenigstens die Illusion von Jugend ergattern. Sie haben ja das unmögliche, jungmädchenhafte Kleid gesehen, das sie für heute abend ausgewählt hat. Da haben Sie den fatalen Punkt, an dem sie ausnutzbar ist. Kevin hat ein ganz gutes Gespür für derartige Schwächen. Bei Helene ist er der Kavalier der alten Schule, der ihr die Hand küßt und ihr sagt, wie zauberhaft sie aussieht. Und sie schmilzt dahin.«
    »Vielleicht ist dieses Arrangement insgesamt durchaus sinnvoll«, meinte Franca nachdenklich. »Natürlich kann man sagen, es ist ein bißchen

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