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Die rote Halle

Die rote Halle

Titel: Die rote Halle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Schmidt
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gesehen.«
    DeeDee steckte den Zettel ein und versuchte ein Lächeln.
    Â»Okay. Ich kümmere mich darum. Versprochen.«
    Janina wäre es lieber gewesen, wenn Dave mit Josef ins Krankenhaus
gefahren wäre, aber Dave war nicht mehr da.
    Er war Rose hinterhergelaufen, als sie nach Josefs Zusammenbruch
heulend rausgerannt war. Und DeeDee hatte erklärt, dass sie seit ihrem Unfall
eine Phobie vor Krankenhäusern hätte. Sie bekäme Angstzustände. Janina hatte jedoch
den Eindruck, dass sie aus einem ganz anderen, ebenso verständlichen Grund
nicht mitwollte.
    Â»Tut mir leid, dass er dir die Rolle weggenommen hat.«
    DeeDee winkte ab.
    Â»Keine Sorge, die gibt er mir schon zurück. Du hast ja gesehen, wie
die Kleine sich geziert hat. Hübsch, grazil, elegant. Aber nicht das kleinste
bisschen Feuer. Und so was sieht Rost auch. Er spinnt im Moment nur einfach.«
    Â»Allerdings.«
    Janina warf einen Blick zur Bühne. Die Sanitäter hatten Rost auf
ihrer Trage festgeschnallt und klappten nun das Fahrgestell aus.
    Â»Es geht wohl los. Wir sehen uns später, ja?«
    Â»Ich warte auf euch. Klingel einfach durch.«
    Janina folgte den Sanitätern mit dem bewusstlosen Rost die Treppe
hinab und durch die Eingangshalle zum Haupteingang des alten Flughafens hinaus.
Es war seltsam, hier hinauszugehen wie ein ganz normaler Fluggast, jemand, der
eben erst ausgestiegen war. Vielleicht war es dazu noch nicht zu spät. Warum
nicht einfach Simon nehmen und hier aussteigen?

TAG 4 – LÖCHER
    Â»Du heulst seit zwei Stunden! Das nützt doch nichts!«
    Daves Stimme drang durch die dünne Wand kaum gedämpft in Simons Zimmer
herüber. Er wünschte sich, er wäre oben bei seiner Mutter geblieben. Das hatte
er nun davon. Am liebsten hätte er selbst geheult. Oder einfach nur geschlafen.
    Doch der Mond schien zum Fenster herein, und er konnte sich nicht
rühren, konnte sich nicht überwinden, aufzustehen, um die Vorhänge zu
schließen, und der Streit nebenan flammte immer wieder auf, immer wenn er das
Kissen nicht mehr ganz so fest auf seine Ohren presste, immer dann flammte er
wieder auf.
    Â»Er benimmt sich wie ein Schwein!«
    Die Stimme der Frau klang hoch, hysterisch. Französisch.
    Â»Ja! Genau! Das ist Josef Rost. Ich habe dir gesagt, dass er
schwierig ist. Wenn du damit nicht klarkommst, bist du bei ihm falsch. Und wenn
du hier bestehen willst, musst du mehr bringen. Ich habe mich für dich eingesetzt,
Rose. Jetzt sei doch nicht so ein verdammter Waschlappen!«
    Simon biss die Zähne zusammen und zog sich das Kissen noch enger um
den Kopf. Dieser Junge, den er nicht wiedergefunden hatte. Und diese
merkwürdige, unheimliche, magenflatternde Begegnung mit DeeDee. Immer wieder
spürte er ihr nach, wie süchtig, ohne etwas dagegen tun zu können.
    Simon war in einem Teil des Flughafens aus dem Notfallschacht
herausgekommen, den er nicht kannte. Er hatte Musik gehört, ziemlich nah. Sie
war arhythmisch, schräg, unheimlich und gleichzeitig bestechend schön. Sie
schien durch die Gänge zu schleichen, mal schneller, dann langsam, pochend und
drängend. Er kannte die Musik, wusste nur nicht, woher. Jedenfalls – dort, wo
sie herkam, würden wohl Leute sein, und Leute waren gut, Leute waren das Beste,
was ihm jetzt, nach der Begegnung mit diesem Jungen mit dieser Spritze und dem
Geld und dem Schacht und der Enge und der Dunkelheit passieren konnte. Selbst
wenn die Leute ihm die Schlüssel wegnahmen und ihn nach Hause schickten.
Vielleicht war das sogar genau das, was er wollte: aussteigen.
    Simon folgte einem Gang, der offenbar in den siebziger Jahren auf
den neuesten Stand gebracht worden war, orange, braun, dann wieder ein
Treppenhaus, hier wurde die Musik lauter, nach oben also, und dann durch eine
schwere Tür. Dahinter war eine Turnhalle.
    Simon erinnerte sich, sie auf den Plänen gesehen zu haben, sie war
über der Abflughalle oder der Ehrenhalle, er wusste es nicht mehr, eine
Basketball-Halle, in der die Amerikaner trainiert hatten, als sie hier
stationiert gewesen waren.
    Die Musik dröhnte in solcher Lautstärke, dass Simons erster Impuls
darin bestand, die Hände auf die Ohren zu pressen. Das eigentliche Spielfeld
war mit Absperrband vom Rest des Saales abgetrennt. Achtung,
Einsturzgefahr stand auf einem Schild.
    Und mitten auf dem Spielfeld DeeDee.
    Die Erinnerung daran verursachte bei Simon einen Kloß

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