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Die rote Schleife

Die rote Schleife

Titel: Die rote Schleife Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: edition zweihorn GmbH & Co. KG
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Geschlechtsverkehr?“ Dorothee nickte erneut. „Wir müssen Blut abnehmen. Erst nach dem Test können wir sicher sein, was los ist. Nur an äußeren Anzeichen kann man nicht erkennen, ob jemand HIV hat.“
    „Bitte Frau Doktor, erzählen Sie nichts meinen Eltern.“ Dorothee stand von ihrem Stuhl auf und sah sie flehend an.
    „Wir warten erst mal das Ergebnis ab, einverstanden? Außerdem unterliege ich der Schweigepflicht, ohne deine Zustimmung darf ich niemandem was davon erzählen!“
    „Einverstanden.“
    „Da ist aber noch etwas. Selbst wenn der Test negativ ist, müssen wir ihn wiederholen. Vielleicht weißt du, dass der Nachweis von HIV manchmal erst nach drei Monaten möglich ist?“
    Dorothee schwieg. Nein, siewusste es nicht und musste zu Hause unbedingt mehr über HIV herausfinden. Sie ließ sich Blut abnehmen und vereinbarte, nach dem Wochenende erneut zu kommen. Nur, wie sollte sie die Stunden des Wartens überstehen, wenn sie doch mit niemandem darüber sprechen konnte?

5.
    Unschlüssig stolperte Dorothee durch einen nahe gelegenen Park. Sie musste zusehen, dass sie dieses Wochenende so wenig wie möglich zu Hause war. Ihre Mutter würde sofort merken, dass etwas nicht stimmte. Falls ihr Test doch negativ sein sollte, würde niemand davon erfahren. Auch für Maximilian wäre es besser, wenn sie erst mal dichthielt.
    Sie war stinksauer. Stinksauer war sie auf ihn. Wie hatte er sie so leichtfertig gefährden können? Bevor sie zum ersten Mal miteinander geschlafen hatten, hatte sie ihm doch gesagt, dass es ihr erstes Mal war. So viele schöne Erinnerungen verband sie mit diesem Abend. Und nun? Maximilian hatte sie zerplatzen lassen, wie eine Seifenblase, die an einer Rose hängen blieb.
    Dorothee wusste immer noch nicht genau, was passiert war und wie es Maximilian ging. Sie war am Telefon fast explodiert. Ein normales Gespräch war unmöglich gewesen. Ihre Schwester Maike würde nachher sicher noch fragen, warum sie so geschrien hatte. Aber jetzt war ihre überschäumende Wut wieder etwas gezügelt. Es gab ein wenig Hoffnung, hatte Frau Dr. Scherlein zumindest behauptet. Nicht jeder ungeschützte Sex mit einem HIV-positiven Menschen führte automatisch zu einer Ansteckung. Frau Dr. Scherlein hatte nur müde den Kopf geschüttelt: „Stell dir mal vor, es wäre so. Oder es würde sich durch Küssen verbreiten. Weißt du,
    wie schnell das Virus die Menschheitim Würgegriff hätte? Nein, zum Glück ist HIV weniger aggressiv. Die Chancen für dich stehen nicht so schlecht. Aber genau wissen wir es nicht.“
    Nicht so schlecht! Was bedeutete das schon? Entweder hatte sie sich angesteckt, oder eben nicht. Und nur ihr Testergebnis konnte ihr Sicherheit geben. Dorothee kickte gegen eine Blechdose, die neben einem Mülleimer lag. Fast hätte sie eine Krähe erwischt, aber diese machte sich gerade noch rechtzeitig aus dem Staub. In einem Baum hatte sie Schutz gefunden und krähte Dorothee lauthals an. Schimpfend. Anklagend. Ja, sie wollte auch anklagen und schimpfen. Sie kehrte auf dem Absatz um und nahm den nächsten Bus. Maximilian musste ihr Rede und Antwort stehen. Und zwar sofort.
    Der Bus war fast leer, sie ging durch nach hinten und nahm auf der Bank in der letzten Reihe Platz. Ihren Rucksack pfefferte sie in die Ecke. Der Motor dröhnte, als der Busfahrer wieder anfuhr. Zwei Reihen vor ihr saß ein junger Mann. Die Haare waren kurz geschoren, vielleicht ein Zenitmeter, schätzte Dorothee. Ob er auch Aids hatte? Woran konnte sie das erkennen? Sie versuchte, seine Haut zu sehen. In ihrer Vorstellung hatten Aidskranke lauter Bläschen auf der Haut. Kleine Eiterpickel, die sich aneinanderreihten. Manche suppten vor sich hin und hatten gelbe Krusten hinterlassen. Nein, sie fand nichts dergleichen. Der Mann konnte nicht krank sein. Oder doch? Sie konnte ihn ja fragen. Dorothee wartete ab, bis sie den Bus verlassen musste.
    Der Mann saß zum Glück immer noch vor ihr. Hundert Meter vor der Bushaltestelle standsie auf und stellte sich schräg vor ihn.
    „Darf ich Sie was fragen?“ Als sie in sein Gesicht sah, bemerkte sie, dass es übersät war von Pusteln und schorfiger Haut. Sie wich einen Schritt zurück. Dem Mann war das nicht entgangen.
    „Sehe ich so schlimm aus?“
    „Nei... Nein“, stotterte Dorothee.
    „Was möchtest du denn fragen?“ Dorothee blieb die Spucke weg. Ihr Hals war plötzlich ganz trocken und die Zunge klebte am Gaumen.
    „Ist schon gut“, sagte Dorothee, drehte sich von dem

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