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Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman

Titel: Die roten Blueten von Whakatu - Ein Neuseeland-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inez Corbi
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blähten sich die Segel der Skjold im Wind, bunte Flaggen und Wimpel schmückten die schlanken Schiffsmasten. Viel zu kurz konnte sie die frische Seeluft und den Blick über das offene Meer genießen, dann drängte man sie nach unten, hinab ins Zwischendeck. Dort, in einem großen Raum mit dicht stehenden Stockbetten, waren die meisten der hundertvierzig Auswanderer untergebracht. Hier würden sie die nächsten Tage und Wochen verbringen müssen.
    Lina war nicht gern dort. Es war eng und stickig, und die niedrige Decke drückte auf die Stimmung. Außerdem war ihr dort beständig leicht übel. Von den Schiffsbewegungen, aber auch von den Gerüchen; es stank nach Exkrementen und Erbrochenem, nach saurer Milch und ungewaschenen Körpern. Nach einer Weile an Deck schnappte sie jedes Mal nach Luft, wenn sie wieder hinuntersteigen musste.
    Männer, Frauen, Heranwachsende und Kinder, ja sogar Säuglinge waren hier auf engstem Raum zusammengepfercht. Je zwei Betten waren übereinandergestellt und in jedem Bett mussten zwei Personen schlafen. Lina und Rieke teilten sich eine schmale Koje im oberen Teil eines Stockbetts. Unten schliefen zwei andere junge Frauen.
    Der Raum zwischen den Betten war fast vollständig durch Gepäck, Bratpfannen, Töpfe, Wasserfässer und -schüsseln verstellt. Im Mittelgang lagen aufeinandergestapelte Seekisten, Schiffskoffer und zugenagelte Versandkisten und ließen lediglich einen kleinen Durchgang frei. Nur unter der Steigleiter zur Ladeluke gab es ein bisschen Platz. Viele hatten Wäscheleinen vor ihre einfachen Stockbetten gespannt, um ihre Sachen zu trocknen und sich damit gleichzeitig auch etwas Privatsphäre zu erhalten.
    Als Toilette benutzte man einen der wenigen Eimer, die immer voll waren, und zum Waschen gab es nur ein paar Fässer mit Salzwasser. Da das Zwischendeck größtenteils unter dem Wasserspiegel lag, gab es keine Fenster; Luft und Tageslicht kamen nur durch zwei Luken an beiden Enden des schmalen Gangs herein, die nach oben führten. Bei gutem Wetter waren diese Luken Tag und Nacht geöffnet, aber bei schwerer See mussten sie geschlossen werden. Dann wurde der Gestank schier unerträglich.
    Immerhin bekamen sie regelmäßig zu essen. Jetzt, am Anfang der Reise, stand sogar manchmal ein wenig Fleisch und Obst auf dem Speiseplan. Lina und Rieke aßen meist in ihrer Koje. Dort saßen sie dann nebeneinander im Schneidersitz und löffelten aus ihrem Blechteller. Im mittleren Teil des Zwischendecks gab es zwar ein paar Tische und Bänke, an denen die Mahlzeiten eingenommen wurden, aber diese reichten bei Weitem nicht für alle.
    »Sind wir schon da?«, fragte Rieke erstaunt. Sie stand neben Lina an Deck der Skjold und blickte auf die hellen, schroffen Felsen, die sich an der Küste vor ihnen erhoben.
    Lina musste lachen. Aus dem Nebel tauchten allmählich die Umrisse vieler kleiner Häuser auf, eingerahmt von Feldern und niedrigen Hecken. »Wir sind gerade mal vier Tage unterwegs! Ich glaube, das ist England.«
    »Die weißen Klippen von Dover«, erklärte der Mann, der jetzt neben sie an die Reling trat. Viele der Auswanderer hatten sich an diesem schönen, fast windstillen Tag an Deck versammelt und standen in großen Gruppen herum.
    Lina drehte sich um und der Mann lüftete seinen hohen Zylinder. Ein dichter Bart bedeckte Wangen und Kinn und gab seinem freundlichen, noch jungen Gesicht ein würdevolles Aussehen. Das war einer der beiden Kelling-Brüder, die nicht im Zwischendeck, sondern in einer eigenen Kabine untergebracht waren. Sie waren Agenten der Neuseeland-Compagnie und hatten für die meisten der Passagiere die Überfahrt bezahlt. In Neuseeland, so war es geplant, würden die Passagiere ihnen ihr Geld zurückzahlen.
    »Meine Frau ist mit dem Kleinen unter Deck geblieben und kann diesen erhebenden Moment leider nicht mit mir teilen. Würden Sie vielleicht mit mir anstoßen?« Ohne Linas Antwort abzuwarten, reichte er ihr eines von zwei Gläsern und füllte sie mit einer dunkelroten Flüssigkeit. Er nickte auch Rieke freundlich zu, die ihn neugierig anstarrte. »Ich hoffe, Sie mögen Wein. Trinken wir auf die Gesundheit von Königin Victoria von England, die demnächst auch unsere Königin sein wird.«
    Lina umfasste das Glas in ihrer Hand mit äußerster Vorsicht, damit es nicht etwa zerbrach. Ein feines Klirren ertönte, als Kelling mit ihr anstieß. »Auf Königin Victoria von England!«
    »Auf Königin Victoria«, wiederholte Lina. »Und auf eine gute Reise, Herr

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