Die Rückkehr der Karavellen - Roman
der französischen Invasion verkleidete Pagen, Türen vorzustellen, die sich von selbst geheimnisvoll still wie Seesterne öffneten. Die Weltraumkabine des Fahrstuhls, der gewohnt war, leicht pfeifend durch Kometenbahnen zu gleiten, deponierte sie in einem basilikaartigen Flur, bei dem die Nischen der Seitenaltäre mit silbernen Zahlen versehen waren. Im Bett, das sie uns zur Verfügung stellten und das so groß war wie die Sandflächen von Bolama, schwammen Haifischmäuler auf der Wäschestärke der Bettücher. In der mit bemalten Fliesen ausgekleideten Sakristei des Nebenraumes stand neben einer Henry-Moore-Kloschüssel nur für sie eine päpstliche Badewanne, für uns, die wir in Afrika unsere Intimität mit der Intimität der anderen Gäste teilten, in Erwartung der Wasserspülung dessen, der uns mit seiner Notdurft zuvorgekommen war, die Darmflora zurückhielten. Jenseits der roten und weißen Vorhänge erkannte man die Gebäude von Lixboa, Kirchtürme, von der Pest isolierte Stadtviertel, enge kleine Gärten und den von den Unwetterwolken Guineas befreiten Himmel, in den von der Sonne mit Blattgoldstaub überzogene Heilige in Tuniken und gefalteten Händen in den Himmel aufstiegen und wieder herunterschwebten. Der Alte stellte das Hochzeitsfoto auf eine herzogliche Kommode und wagte nicht, die Braut mit ihrem Fischbeinkorsett auf dem Foto mit der Siebzigjährigen mit ihrem glanzlosen Haar zu vergleichen, deren Ticks und Gesten er fast so gut kannte, daß Worte beinahe vollkommen überflüssig waren. Und dennoch tastete er sich, auf dem Kissen vor einer Frisierkommode
hingegossen, deren Spiegel ihn mit übelkeiterregender Wiederholung reflektierten, lange ab, um sich seines eigenen Alters gewiß zu werden, wurde sich der Backenzähne bewußt, die ihm fehlten, der Muskeln, die ihm unter schmerzhaftem Rucken gehorchten, des vom Klima Guineas verwüsteten Gesichts, seit sein Vater ihn im Alter von fünfzehn Jahren zu einem Vetter in die Tropen geschickt hatte, der als Feldwebel in einer Grenzgarnison an Branntwein und Syphilis zugrunde ging. Mittlerweile waren aus dem Foto des Paares ein Jodaquarell und aus uns nutzlose Mumien geworden, die entgeistert die zig auf Mahagoniborden unheimlich reglos wie Schachfiguren aufgebauten kleinen Flaschen in der Bar der Suite anschauten. Als es dämmerte, traten sie ängstlich in das Alcobaça-Kloster-Kirchenschiff des Speisesaales, angetan mit den Kleidern, die wir auf der Reise in einem Leinenköfferchen versteckt gehalten hatten: Meine Frau im prähistorischen Kleid ihrer ehemaligen Anstellung als Kassiererin in einem Schnallenladen, und ich im Anzug mit den breiten Aufschlägen à la Al Capone oder Tangotänzer, den ich das erste Mal bei der Taufe unserer Tochter getragen hatte, dazu die lächerliche schnürsenkeldünne Krawatte, mit der ich vergeblich versuchte, die beiden Hälften eines Kragens ohne Knopf zusammenzufügen.
Sie setzten uns an einen Tisch, an dem drei Pflanzer aus Carmona hockten, die den verlorenen Kaffee und die Erinnerung an die Prostituierten von Muxina beweinten, ein Nilpferdjäger, der imstande war, Jahrhunderte ohne eine einzige Bewegung an den Ufern der unwirtlichsten Flüsse zu überleben, und ein Fakir aus Goa mit asketischem Spitzbärtchen, der Schrauben und Muttern kaute, während er
mit seinen Spargelfingern Brotkügelchen vollkommen rund drehte. Als die Suppe serviert wurde, erklomm ein Dicker mit Fliege den Hocker eines elektrischen Klaviers, zog die Manschetten mit beringten Fingern vor und begleitete die Hühnerbrühe mit Sechzehntelnoten. Zwischen den Anrichten tanzten Schildknappen mit Servierschüsseln auf den Handflächen. Die Jagdhunde des Infanten D. João verschlangen in den Ecken Hasen. Und der Mann bemerkte plötzlich, während seines Degenkampfes gegen die Brühe, daß fast alle Damen rot-weiße Gürtel, Umhänge oder Röcke trugen, auf denen sich der Druck der Vorhänge wiederholte. An einigen hingen noch immer die Messingringe und ließen ihre Glöckchen freudlos klingeln, und die jüngeren Mädchen, die Soldatenhuren, unbotmäßige Töchter von Postenchefs oder von den Fahrern der Klöster verführte Nonnenschülerinnen benutzten sie, indem sie sie durch die Lippe oder die Nasenscheidewand zogen wie damals, als ich sie zum ersten Mal sah und sie mit erschrecktem Geschrei um die Segelschiffe schwammen. Fast gegen Ende des Obstsalats aus südafrikanischen Konserven, die die demobilisierten Fallschirmspringer in den Lagerhäusern
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