Die Rückkehr der Karavellen - Roman
verdammten Pillen für totale Abwesenheit, als er hörte, wie sie ihn aus dem Schlafzimmer, aus den absurden Damaststoffen, den unglaublichen Seiden, den Straußenkissen und den unbezahlbaren Möbeln rief, die vorangegangene Gäste mit dem Taschenmesser zerkratzt hatten, und er traf sie in siegreicher Pose, eine Hand auf die rostige Nähmaschine gestützt in einem Gewirr von Fäden und achtlos auf dem Boden verstreuten Stücken von Überdecke, Vorhangstreifen und Gardinenresten an. Sie trug eine Bluse und einen Rock, beide rot-weiß, genau wie die der anderen Gäste, und einen Gürtel, bei dem wie bei den Tricks der Zauberer die Messinggardinenringe ineinander verwoben waren. Ihr Lächeln war zumindest so fröhlich, schelmisch und jung wie auf dem Hochzeitsfoto und in den ersten schwierigen, bangen Stunden in der Unruhe der Bettücher.
– Sie haben mich zu gegrillter Katze im Badezimmer vom Stockwerk über uns eingeladen, sagte sie und zeigte auf das Telefon, diesen Bakelitfrosch, der stets bereit war, sich mühsam auf einem lackierten Möbeldeckel fortzubewegen. Möchtest du mitkommen?
I hr erster Freund in der Pension Apóstolo das Índias schlief drei Matratzen weiter und hieß Diogo Cão, hatte in Angola als Kontrolleur der Wasserwerke gearbeitet und abends, nachdem die Mulattin zur Bar aufgebrochen war, setzte er sich mit mir und dem Jungen auf die Stufen der Pension und schaute der Raserei der Tauben auf den Rippen der Dächer zu, verkündete mir, bereits mit unsicherer Stimme, während er an einer im Jackenfutter verborgenen Flasche nippte, er habe vor dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert Jahren die Karavellen des Infanten entlang der Küste Afrikas befehligt. Er erklärte mir, welches die beste Art sei, Meutereien abzuwürgen, Fleisch einzusalzen und gegen den Wind zu kreuzen, und wie schwer das Leben in dieser Zeit epischer Oktavreime und zorniger Götter gewesen sei, und ich tat so, als glaubte ich ihm, um seinen empfindlichen Säuferzorn nicht zu reizen, bis zu dem Tag, an dem er vor meinen Augen seinen Koffer öffnete und ich unter den Hemden und Westen und von Erbrochenem und Bodensatz von Wein befleckter Hose auf schimmlige alte Karten und ein sich auflösendes Logbuch stieß.
Morgens, solange die Mulattin von Anis betäubt schlief und hin und wieder Negerhüttenworte knurrte, suchte ich
in der Umgebung nach einer Arbeit, um die wahnsinnigen Zinsen des Dicken zu befriedigen: Ich bot mich im satanischen Gehämmer, mit in den Schläfen pochendem Blut in den Schmiedewerkstätten als Lehrling an oder als Kaufmannslehrling bei den Fleischern mit den ausgeweideten, wie Mädchen blondbewimperten Ebern; ich versuchte Vorarbeitern mit Karomützen zu beweisen, daß ich beim Aufhacken des Teers der Straßenbaustellen genauso geschickt wie die Kapverdianer war, oder Gesundheitsinspektoren mit Mundgeruch nach kranken Oktopussen davon zu überzeugen, daß ich die städtischen Pissoire besser im Griff hätte als die wackligen Rentner, die Ätzsoda in Steinrinnen kippten, in denen Schaum gärte und brodelte. Ganz allmählich weitete er, wobei ihm der Junge immer am Hosenboden hing, seine nutzlose Suche auf entlegenere Bereiche der Stadt in die Nähe des Leprastadtteils aus, wo die Karossen der Stadtverwaltung den ganzen Tag lang mit den Achsen mahlten; er bot sich an, die Massengräber auf den Friedhöfen von den unbequemen Knorpeln der Toten zu befreien; er wollte unbedingt, eine Schirmmütze über den Augen, in den Parks am Fluß auf Autopottwale aufpassen, an den Zweimastern des Königreiches entlangpatrouillieren und zusehen, wie sie langsam zu Korvetten wurden; er durchstöberte die Gassen am Cais do Sodré, bettelte bei den Pikbubenportiers der Nuttennachtclubs um Arbeit; aß Reisküchlein in einsamen Imbissen, in denen eine einzige Fliege beharrlich auf dem Tresen summte; gab dem Kleinen einen Mandarinenlolly und drängte sich als Fremdenführer auf, um Deutschen das Panaroma ärmlicher Hühnerställe und ruhigen Elends von Lixboa und die Katzen zu übersetzen,
die die Sonne wegleckten, die sich ihnen auf die Kruppe gesetzt hatte; er bat, beinahe gratis die Arbeit annehmen zu dürfen, von den Pantomimen im Coliseu Ohrfeigen zu bekommen, während die Trapezkünstler glitzernd und jungfräuliche Talkumwölkchen verpuffend unter der Kuppel kreiselten; und er kehrte immer wieder entmutigt in die Herberge zurück, um die Mulattin, die von prächtigen Schuppen bedeckt, den Hügel herabstieg, mit einem
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