Die Rueckkehr der Templer - Roman
Untersuchung, trug einen Trenchcoat und einen breitkrempigen Hut, den er die ganze Zeit wegen des Fahrtwindes hatte festhalten müssen. Er saß im hinteren Teil des Bootes und vermittelte den Eindruck, als habe man ihn gegen seinen Willen aus einem Altersheim entführt. Bei näherer Betrachtung jedoch wirkten seine Bewegungen und die Art, wie er sich äußerte, verblüffend jugendlich und agil. Mit der freien Hand hielt er seinem beleibten Nachbarn einen Laptop unter die Nase. Der hochdekorierte Endfünfziger im eng anliegenden Militäroverall, dessen Namensschild ihn als »General Alexander Lafour« auswies, wirkte unbeeindruckt.
»Glauben Sie wirklich, Professor«, wandte der General mit Blick auf die detaillierte Karte des Gebietes um das Jahr 1307 ein, »von all dem Tand ist noch etwas übrig geblieben?«
»Die gesamte Gegend befand sich bis zu jenem verhängnisvollen 13. Oktober 1307 im streng gehüteten Besitz des Templerordens. Nur jemand, der zum inneren Kreis des Ordens gehörte, war in der Lage, in diese Wildnis einzudringen.« Hertzbergs Stimme verriet die unterdrückte Verzückung, die er bei dem Gedanken empfand, zumindest gedanklich in die damalige Geschichte zurückreisen zu dürfen. »Habe ich recht?« Wie um sich zu vergewissern, dass er nichts Falsches sagte, durchdrang sein immer noch geschärfter Blick die Dämmerung und suchte im Lichtkegel einer LED-Leuchte die Zustimmung jener beiden Männer, die es ganz genau wissen mussten.
So unglaublich es klang: Seine beiden verwegen aussehenden Begleiter, die lässig auf dem Bootsrand saßen, waren selbst dabei gewesen, als der Wald im beginnenden 14. Jahrhundert mit seinem undurchdringlichen Dickicht und den gefährlichen Sümpfen jedem Normalsterblichen eine solch höllische Angst eingejagt hatte, dass niemand im Traum daran gedacht hätte, ihn ohne ortskundigen Führer zu durchqueren. Seinerzeit war es nur versierten Fährtensuchern der Templer möglich gewesen, jene trittsicheren Pfade zwischen den todbringenden Sümpfen zu finden.
Einer von ihnen, Gero von Breydenbach, ehemaliger Ordensritter der Templer und Teilnehmer jenes Geleitzuges, der vor knapp siebenhundert Jahren an dieser Stelle den gesamten Besitz der umliegenden Templerkomtureien verborgen hatte, bereitete sich unter Anleitung eines der |8| anwesenden US Marines auf den Tauchgang vor. Niemand sah dem blonden, achtundzwanzigjährigen Hünen mit den auffallend hellblauen Augen an, dass er vor mehr als siebenhundert Jahren im Turmzimmer einer deutschen Lehensburg das Licht der Welt erblickt hatte. Die Geschichte, wie es dazu gekommen war, dass er sich nun – im Juli des Jahres 2005 – gegen seinen Willen in einen hypermodernen Taucheranzug zwängen musste, hätte mühelos jede andere Schlagzeile in der New York Times hinwegfegen können. Doch die Fakten, die dahintersteckten, klangen erstens zu verrückt, um sie einem größeren Publikum als Wahrheit verkaufen zu können, und zweitens zählten sie zu den größten Geheimnissen, die die amerikanische Regierung je gehütet hatte.
Gero von Breydenbach wirkte trotz dieser unglaublichen Tatsache erstaunlich gelassen. Niemand konnte dem dunkelblonden Templer ansehen, dass er sich innerlich verfluchte, weil er den Amis, wie er seine Gastgeber in Gedanken abfällig titulierte, überhaupt einen Hinweis auf dieses Versteck gegeben hatte. Insgeheim hatte er gehofft, dass an dieser Stelle nichts mehr zu finden war oder – falls ihre Peiniger doch etwas fanden – sie sich endlich zufriedengaben und aufhörten, ihn und seine vier Ordensbrüder, die mit ihm in dieser verabscheuungswürdigen Zeit gelandet waren, mit unzähligen weiteren Fragen und endlos erscheinenden Tests zu foltern. Ihn interessierte vor allem die Freiheit, die man ihm und seinen Kameraden bei ihrer unfreiwilligen Ankunft im Herbst 2004 so scheinheilig versprochen hatte. Doch die Wahrheit sah anders aus. Hertzberg und seine Leute hielten sie wie Gefangene, auch wenn das Verlies, in das man sie fortwährend sperrte, verglichen mit früheren Zeiten recht luxuriös war.
Ein Blick auf die dunkle Oberfläche des Sees ließ den ehemaligen Templer ein weiteres Mal erahnen, auf was für einen Wahnsinn er sich hier eingelassen hatte. Das Vorhaben, dort mit solch umständlichem Gerät hinabzutauchen, erschien ihm wie ein Höllenritt. Leider wusste nur er, wie das Labyrinth beschaffen war und wo sich der Schatz vor Hunderten von Jahren befunden hatte. Mit dem nicht unerheblichen
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