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Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
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in den Mund und schluckte sie unzerkaut hinunter, so wie es ihm sein Patenonkel empfohlen hatte. Vorsichtshalber nahm er noch die Rationen für den restlichen Tag hinterher.
    Es gibt nur einen Weg herauszufinden, ob ich verrückt bin, dachte Sid. Ich muss in die Praxis zurück.
    Zittrig warf er die Autotür wieder zu.
    »Ich verstehe nicht, Mister Martins…« Morten war verwirrt.
    »Mein Buch!«, log Sid. »Mein Buch liegt noch im Behandlungszimmer. Ich muss es für die Schule lesen!«
    Um weiteren Fragen auszuweichen, eilte er zum Eingang des Gebäudes zurück. Zu seinem Glück war die Tür nicht ins Schloss gefallen, mühelos ließ sie sich aufstoßen. In der Halle versteckte sich Sid hinter einer der Säulen in der Nähe des Fahrstuhls. Das Blut hämmerte ihm gegen die Schläfen. Es gab nur zwei einleuchtende Erklärungen für das, was eben passiert war: Entweder war sein Gehör durch den Unfall hochsensibel geworden oder seine dunkelsten Gedanken brachen aus dem Unterbewusstsein durch und er bildete sich ein, Stimmen zu hören. Er hatte gelesen, dass Wahrnehmungsstörungen und Persönlichkeitsveränderungen häufige Nachwirkungen von Schädelverletzungen waren. Was auch immer – keine der Möglichkeiten war beruhigend.
    Schon nach wenigen Minuten hielt ein Taxi vor dem Haus, Sid konnte es ganz genau durch die Glastür beobachten. Ein gepflegter Mann um die fünfzig bezahlte den Fahrer und sprang aus dem Wagen. Er trug einen grauen Anzug, einen eleganten Hut mit einer breiten Krempe und eine markante, dunkel getönte Brille, die sein Gesicht verdeckte. Er wirkte angespannt. Ohne auf seine Umgebung zu achten, durchquerte er mit schnellen Schritten die Halle bis zum Aufzug. Nachdem sich die Tür mit einem Zischen geschlossen hatte, rumpelte die Kabine los. Mit angehaltenem Atem verfolgte Sid den Zeiger der Stockwerkanzeige. Bei 6 blieb er stehen.
    Konnte das tatsächlich der Kollege sein, den Marblesteen angerufen hatte? War er doch nicht verrückt? Oder war es nur ein anderer Patient, der seinen Termin nach ihm hatte? Bloßer Zufall? Alles Einbildung?
    Sid sah sich um. Der Aufzug führte direkt ins Vorzimmer seines Psychiaters. Er konnte ihn unmöglich benutzen, ohne Miss Robinson am Empfang umständliche Erklärungen für sein erneutes Auftauchen zu liefern. Es musste eine andere Möglichkeit geben, Isaac Marblesteen und den Mann mit der Brille zu belauschen. Da! An der Rückseite des Gebäudes gab es eine schmale Tür. Weiß gestrichen wie die Wände, war sie auf den ersten Blick nicht zu entdecken. Sid rannte darauf zu und drehte den Türknopf. Quietschend schwang sie auf. Er drückte sich durch einen schmalen Spalt ins Freie und stand in einem kleinen, gepflegten Garten. Sid war überrascht. Grünfläche in New York, wo man hundert Stockwerke in die Höhe ging, um Platz zu sparen, war so kostbar wie Gold. Mehr als ein handtuchgroßes Stück hatten nur die wenigsten Häuser.
    Schnell sprang er die drei Stufen hinab auf den kurz geschorenen Rasen. Unter einem uralten Blutahorn stand eine verschrammte Schubkarre. Ein Mann mit einer grauen Schürze stutzte die Rosen und warf den Grünschnitt hinter sich. Sid sah an der Fassade hinauf. Wie fast überall in diesem Teil SoHos führte an der Rückseite des Gebäudes eine eiserne Feuertreppe nach oben. Ohne auf die überraschten Blicke des Gärtners zu reagieren, begann Sid die Stufen hinaufzustürmen.
    »Hey, was hast du hier zu suchen?«, brüllte ihm der Mann hinterher.
    Sid achtete nicht auf ihn. Das Gitter schepperte unter seinen Füßen, eine Elefantenherde hätte nicht weniger Krach gemacht. Ab dem vierten Absatz zwang er sich, ruhiger zu gehen. Trotzdem knirschte die Treppe in ihrer Verankerung, scheinbar war sie seit Jahren nicht benutzt worden. Abgehetzt kam Sid im sechsten Stock an. Neben dem Fenster lehnte er sich an die Mauer und schnaufte so leise wie möglich. Tief unter ihm sprach der Gärtner aufgeregt in sein Handy.
    »Ja, ein Einbrecher. Versucht über die Feuerleiter in die Büros einzubrechen. Schwarze Haare, ziemlich bleich, wahrscheinlich ein Junkie!«
    Sid schüttelte den Kopf. Nichts als Einbildung!, versuchte er sich selbst einzureden. Sicher fragt er nur seine Frau, was es zum Mittagessen gibt.
    Als sich sein Atem einigermaßen beruhigt hatte, drehte er sich zum Fenster und schielte vorsichtig hinein.
    Isaac Marblesteen marschierte rastlos in seinem Büro auf und ab, zog ungewöhnlich oft die Nase hoch. Dieser Raum war Sid fremd, bisher

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