Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
Vom Netzwerk:
bisschen zu eilig, ihn loszuwerden. Gerne hätte er noch ein paar Fragen gestellt, aber die Sitzung hatte sicher länger gedauert als geplant.
    Sid schlich aus dem Behandlungsraum. Ich leide unter Verfolgungswahn!, durchzuckte es ihn. Persönlichkeitsveränderungen. Es wird immer schlimmer!
    Isaac Marblesteen zog die gepolsterte Tür hinter ihm zu. Miss Robinson, seine knochige Assistentin, empfing Sid im Vorzimmer und holte ihm den Aufzug.
    Die sechs Stockwerke nach unten dachte Sid über die Hypnose nach. War er nun erleichtert oder erschüttert? Hatte ihn Doktor Marblesteen absichtlich belogen oder war alles wirklich nur ganz harmlos?
    Auf der Straße wartete schon Morten auf ihn, pünktlich wie immer. Als Sid eben in den Fond des Bentleys einsteigen wollte, hörte er ein anhaltendes Tuten wie von einem Telefon. Dann eine zittrige, aufgeregte Stimme… Marblesteen! Sechs Stockwerke über ihm.
    »Lieber Kollege, ich muss Ihnen ein Tonband vorspielen.« Er klang äußerst aufgeregt. »Ich habe es gerade eben bei einer Hypnose aufgezeichnet.« Er zog heftig die Nase hoch, dreimal. Sid schauderte. Er spürte den verwunderten Blick des Chauffeurs. Sah man ihm schon an, dass er langsam durchdrehte?
    Isaac Marblesteen bellte durch sein Büro: »Und wenn Sie M r President persönlich in ihrem Zimmer haben, schmeißen Sie ihn raus und kommen Sie her!«

28. Kapitel
    NYC , 9. Oktober 2007, gegen Mittag
    Birger Jacobsen trat aus der Tür in der Backsteinfassade eines der berühmtesten Hotels der Welt. Das Chelsea, 222West 23rd, 1884 erbaut. Nur wenige konnten es mit seiner Geschichte, seinem künstlerischen und literarischen Ruhm aufnehmen. In Gedanken rasselte er die Namen früherer Langzeitgäste herunter. Gedächtnistraining. Tennessee Williams, Mark Twain, Arthur Miller, Ernest Hemingway, Bob Dylan, Vladimir Nabokov sowie jeder Rockmusiker, der jemals seinen Fuß nach New York City gesetzt hatte. Alle hofften, dass der morbide Charme des Hauses auch ihrem jämmerlichen Leben einen Funken Klasse spendierte. Andy Warhol drehte hier 1966 Chelsea Girls . Jack Kerouac verprasste hier seine Tantiemen von On the Road , Dylan Thomas soff sich in einem der Zimmer um sein Leben.
    Armselige Kreaturen, die um die Aufmerksamkeit der Massen buhlten. Groß und selbstsicher im Rampenlicht, klein und schwermütig in ihrem Kämmerlein. Auf sich zurückgeworfen, ohne das Blitzen der Fotokameras, betäubten sie sich und ihren herbeigeredeten Weltschmerz mit Alkohol und Drogen. Oder steckten sich selbst den Lauf ihrer Jagdflinte in den Mund, um ein letztes Mal Schlagzeilen zu machen.
    Wie viel erhabener waren doch Bauwerke!, dachte er. Die perfekte Symmetrie der Pyramiden von Giza, die strenge Kühle des Kolosseums in Rom, der überladene Prunk von Notre-Dame in Paris, die archaische Wucht von Angkor Wat im kambodschanischen Dschungel! Überall auf der Welt hatten es die Baumeister verstanden, Gebäude zu errichten, deren Faszination Jahrhunderte, manchmal sogar Jahrtausende anhielt. Kaltem Stein mit ein paar gezielten Hammerschlägen Aura einzumeißeln war in seinen Augen die zweitgrößte Kunst der Welt.
    Die Aura des Chelsea Hotels brannte einem schon beim Eintritt in die Lobby auf der Haut, spätestens aber im Treppenhaus mit den geschwungenen Handläufen aus Gusseisen. Außerdem war der Baldachin über der gläsernen Flügeltür von einem herrlichen Rot. Rot wie die Wüste.
    Birger Jacobsen schlug den Kragen seines Trenchcoats hoch. Es war kalt, der Wind pfiff. Respektvoll machte er einen großen Schritt über die schnörkellosen Buchstaben des Hotelnamens auf dem Asphalt. Nach einem kurzen Marsch bog er nach rechts in die Fifth Avenue Ecke Broadway. Eine der wenigen Stellen in der Stadt, wo sich drei Straßen kreuzten. Birger Jacobsen marschierte direkt auf das Flatiron Building zu. Da das Grundstück schon 1900 die Form eines Tortenstücks hatte, sah auch das Haus so aus: wie ein überdimensionales Bügeleisen, 1902 der höchste Wolkenkratzer der Welt. Der Chicagoer Architekt David Burnham hatte offensichtlich einen Knall, aber sein Gebäude eine unverkennbare Silhouette.

»Burger!«
    Wie ein Donnerschlag riss dieser Ruf Birger Jacobsen aus seinen Gedanken. Sofort begann sein Augenlid wild zu zucken. Heftig zerrten die unkontrollierbaren Muskeln die feine Haut über den Augapfel.
    »Burger!«
    Neben dem Eingang des Bügeleisens entdeckte er einen klapprigen Mann vor einem baufälligen bunten Grillwagen mit der Aufschrift Hamburger

Weitere Kostenlose Bücher