Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rueckkehr des Daemons

Die Rueckkehr des Daemons

Titel: Die Rueckkehr des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo P. Lassak
Vom Netzwerk:
auch keinen Blitz, kein Donnergrollen ertönte. Nichts tat er. Wahrscheinlich lachte auch er über diese missratene Kreatur vor seinen steinernen Füßen. Sollte sie doch alleine klarkommen!
    Endlich ging den Jungen die Kraft aus. Einer nach dem anderen hörte mit dem Treten auf. »Weil er vor seiner gerechten Strafe abhauen wollte, verdient er eine Sonderlektion!«, japste Kalle. »Was meint ihr?«
    Birger bemerkte, wie sein magerer Körper von vielen Händen hochgerissen wurde. Gemeinsam schleiften sie ihn zum Brunnen. Starke Finger gruben sich in die fuchsig rote Wolle auf seinem Kopf. Kalle presste sein geschundenes Gesicht über die Wasseroberfläche. Ein Blutstropfen fiel ihm von der Nase und kräuselte das Wasser auf. Durch die geschwollenen Augenlider hindurch sah Birger seine Schultasche zwischen zwei rostigen Dosen Pripps Blå dem Grund entgegendümpeln. Die Schnallen waren aufgegangen und die teuren Hefte hatten sich wie Schwämme vollgesogen.
    Was wird Vater sagen?, war alles, was ihm durch den Kopf schoss. Als sich die Oberfläche langsam glättete, sah er den verzweifelten Blick eines kleinen Jungen. Hinter ihm baute sich bedrohlich ein kräftiger Riese auf. Kalle verpasste ihm mit der freien Hand einen brutalen Nackenschlag. »So sieht ein Hackfleischgesicht aus! Los, sag es: Ich bin ein Burger!«
    Birger biss die Zähne zusammen. Solange er lebte, würden sie diese Demütigung nicht aus ihm herauskriegen! Mit roher Gewalt drückte ihn Kalle unter Wasser. Die pampige Brühe drang ihm in die Lunge. Er fürchtete zu ertrinken. Erst nach einer halben Ewigkeit riss ihn Kalle wieder an die Oberfläche.
    »Sag es: Ich bin ein Burger!«
    Noch dreimal tunkte ihn der Riese in den Brunnen. Das Wasser spiegelte jetzt ein hässliches Hackfleischgesicht.
    »Burger«, spuckte er aus. »Ich bin ein Burger!«
    Augenblicklich ließ ihn Kalle los. Birger rutschte am Rand des Brunnens herunter. In einer Pfütze blieb er liegen.
    »Warum nicht gleich!«, murrte Kalle. »Jetzt sind meine Ärmel ganz nass!«
    Beim Weggehen trat ihn jeder der Jungen noch einmal in die Seite. Birger spürte es kaum.
    Erst nach einer Viertelstunde fand er die Kraft aufzustehen. Die Erwachsenen halfen ihm nicht. Sicher hielten sie ihn für betrunken. Jugendliche Alkoholiker waren in den Elendsvierteln von Oslo keine Seltenheit. Angewidert machten sie einen großen Bogen um ihn.
    Wie er den Weg nach Hause in die Thorvald-Meyers-Gate gefunden hatte, wusste er nicht mehr. Triefnass, mit blutender Nase, abgeschürfter Haut und zerrissener Kleidung stand er irgendwann in der Tür und brachte nur ein einziges, flehendes Wort heraus: »Vater!«
    Knut Jacobsen riss sich nur ungern von seiner deutschen Krimireihe los, die in zackigen Bildern über den Schwarz-Weiß-Fernseher jagte.
    »Wo bist du gewesen?«, knurrte er Birger an.
    »Ich… Sie haben mich wieder gejagt, Vater!«, stammelte er. »Und sie nennen mich immer Burger!«
    Knut Jacobsen musterte seinen Sohn. Mühsam hievte er sich auf die Beine und wankte auf Birger zu.
    Jetzt nimmt er mich in den Arm, durchzuckte es Birger. Jetzt nimmt er mich in den Arm und dann ist alles gut!
    Unvermittelt traf ihn eine schallende Ohrfeige.
    »Das ist für deine kaputte Hose!«, brüllte sein Vater. »Meinst du, ich kann die Kronen dafür scheißen? Du wirst selbst für den Schaden aufkommen. Ist das klar?«
    »Ja!«, presste Birger hervor.
    Sein Vater ließ sich wieder in den Sessel fallen. Mit den Zähnen zog er den Korken aus einer Flasche selbst gebranntem Aquavit und trank einen großen Schluck. »Nichts als Ärger mit den Gören!«, schnaubte er. Dann verzog sich sein Gesicht zu einem Grinsen. »Burger!«, rief er lachend. »Das ist mal ein passender Name für dein Pockengesicht!«
    »Burger?«
    Der Imbisswagen stand nur einen Meter von ihm entfernt. Der Nigger grinste ihn mit seinem Niggerlächeln an.
    »Burger, Sir?«
    Birger Jacobsen wischte sich eine Träne aus dem Auge. Ohne auszuholen, schlug er dem Alten seine Faust ins Gesicht. Benommen sank das Männchen zu Boden.
    Breitbeinig baute sich Birger Jacobsen über ihm auf. »Merke es dir gut, amigo mio ! Niemand auf der ganzen Welt darf mich mehr so nennen!«

29. Kapitel
    NYC , Dienstag, 9. Oktober 2007, gegen Mittag
    Regungslos stand Sid auf dem Bürgersteig vor der geöffneten Tür des Bentley, Menschen und Autos sausten wie im Zeitraffer an ihm vorbei. Es fühlte sich an, als ob sein Schädel von innen vereiste. Hastig warf er sich zwei Tabletten

Weitere Kostenlose Bücher